Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Vorabbemerkungen:
Sie haben (vermutlich als Privatperson) im März 2014 einen PKW von einem gewerblichen Kfz-Händler gekauft. Gemäß § 433, 434 BGB hat der Verkäufer Ihnen die gekaufte Sache frei von Sachmängeln zu übergeben und zu übereignen. Hier besteht der Verdacht, dass ein Sachmangel am Fahrzeug vorliegt. Dieser müsste bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen haben.
Da Sie das Fahrzeug als Verbraucher von einem Unternehmer erworben haben, kommen hier die Regelungen der §§ 474 ff. BGB zu tragen (Verbrauchsgüterkauf). Gemäß § 476 BGB wird bei einem Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten ab Übergabe zeigt, vermutet, dass dieser bereits bei Übergabe (Gefahrübergang) vorgelegen hat.
Auf Grund dieser Beweislastumkehr steht also zunächst fest, dass auf Grund gesetzlicher Vermutung der Sachmangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war.
Auf Grund des vorliegenden Sachmangels stehen Ihnen als Käufer die gesetzlichen Mängelgewährleistungsrechte der §§ 437 ff. BGB zu. Diese sind namentlich Nacherfüllung, Rücktritt, Kaufpreisminderung, sowie Schadens- und Aufwendungsersatz.
Neben diesen Gewährleistungsrechten besteht hier wohl zusätzlich eine Gebrauchtwagengarantie. Dadurch werden die Gewährleistungsrechte gegenüber der Verkäufer nicht etwa verdrängt, sondern erweitert. Zum Umfang der Garantie kann hier nicht Stellung genommen werden, da dieser vom jeweiligen Garantievertrag abhängig ist.
Frage 1:
Fahrzeug hat einen kaufmännischen Totalschaden, wenn Reparatur? wer kommt für diese Kosten auf (Gebrauchtwagengarantie?)
Den Umfang der Gebrauchtwagengarantie vermag ich nicht zu beurteilen, da diese nicht einheitli9ch geregelt sind. Schauen Sie hierzu bitte in Ihrem Garantievertrag nach bzw. halten Sie Rücksprache mit dem entsprechenden Garantiegeber.
Unterscheiden Sie an dieser Stelle auch die Garantie von der gesetzlichen Gewährleistung.
Es kann durchaus passieren, dass eine Garantie die Reparaturkosten nicht oder nicht vollständig abdeckt. So kann es z. B. sein, dass die Garantie nur bestimmte Fahrzeugbauteile umfasst oder eine Selbstbeteiligung des Käufers vorgesehen ist.
Frage 2:
Rücktritt vom Kaufvertrag möglich?
Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist dann möglich, wenn Sie dem Verkäufer zuvor die Möglichkeit der Nachbesserung gegeben haben oder dieser zwei Nachbesserungsversuche erfolglos unternommen hat oder aber die Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert hat.
Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich, dass zumindest beim ersten Auftreten des Fehlers 2 Monate nach dem kauf, der Händler an der Reparatur insofern beteiligt war, dass er das Fahrzeug in eine befreundete Werkstatt verbracht hat, um den Fehler dort beheben zu lassen. Dies bleib jedoch leider erfolglos.
Bei den weiteren Nachbesserungsversuchen war der Händler ausweislich Ihrer Schilderung wohl nicht beteiligt, sondern es fand vielmehr eine direkte Kommunikation zwischen Ihnen und der Werkstatt L. statt. Dies ist insofern problematisch, als der Verkäufer einwenden könnte, noch einen zweiten Nachbesserungsversuch übrig zu haben.
Frage 3:
Wenn Rücktritt möglich, muss der Verkäufer mit den Kaufpreis komplett erstatten? Oder kann er einen Teil einbehalten?
Der Rücktritt richtet sich nach §§ 323, 346 BGB. Demnach sind die gegenseitig empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Hatten Sie also einen entsprechenden Gebrauchsvorteil durch die Nutzung des Fahrzeuges, so wäre dieser in Abzug zu bringen. Bei einem mangelhaften Kfz können die Nutzungen jedoch gleich null sein.
Frage 4:
Da es sich bei dem beiden Schäden meiner Meinung nach um dieselbe Ursache handelt (versteckter Mangel?), kann ich die Kosten für den letzten „Materialeinsatz" auch zurück fordern?
Dies hängt davon ab, was mit dem Verkäufer vereinbart war. Schließlich hat er ein Recht auf zwei Nachbesserungsversuche. Sofern Sie die Reparatur eigenmächtig, d.h. ohne seine Zustimmung, in Auftrag gegeben haben, haben Sie auch die Kosten zu tragen. Grundsätzlich steht dem Verkäufer das Recht auf Nachbesserung zu. Diese kann er entweder selbst vornehmen oder bestimmen, wo, in welchem Umfang und zu welchen Konditionen die Reparatur vorgenommen werden soll.
Frage 5:
Da Werkstatt und Händler nicht in der KFZ Innung Mitglieder sind (Schiedsstelle kann hier nicht weiterhelfen) und ein Rechtsstreit vermieden werden soll, welche Einigungsmöglichkeiten gibt es?
Sie können sich selbstverständlich jederzeit einvernehmlich mit dem Händler einigen. Dabei steht es Ihnen frei, einen Vorschlag zu unterbreiten. Ob der Händler diesen dann annimmt bleibt abzuwarten.
Sollte der Händler sich jedoch quer stellen und es nicht in absehbarer zeit zu einer gütlichen Einigung kommen, empfehle ich Ihnen, Ihre Ansprüche mit anwaltlicher Unterstützung geltend zu machen. Dies bedeutet nicht zwangsläufig ein Gerichtsverfahren. Oftmals kann bereits außergerichtlich eine gute Lösung erzielt werden.
Mein Tipp:
Erarbeiten Sie einen Lösungsvorschlag, der für Sie und den Händler akzeptabel ist. Teilen Sie dem Händler diesen Vorschlag mit und setzen Sie ihm eine entsprechende Frist (14 Tage) um darauf zu reagieren und den Vorschlag anzunehmen. Kommt der Händler Ihrer Aufforderung dann nicht nach, können Sie einen Rechtsanwalt beauftragen und der Händler hätte auch diese Kosten zu übernehmen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Grasel
Rechtsanwalt