Sehr geehrter Fragesteller,
nach Ihrer Schilderung gehe ich davon aus, dass beabsichtigt ist, das Arbeitsverhältnis ggf. zum 30.09.2012 zu kündigen. Eine Kündigung unter Beachtung der zwingend vorgesehenen Schriftform hat der Arbeitgeber bisher nicht ausgesprochen. Kündigungen, die mündlich, per SMS oder per E-Mail erklärt werden, sind von vornherein unwirksam.
Der Arbeitgeber will aber das Arbeitsverhältnis - bevor er kündigt - unter Zahlung einer Abfindung beenden. Details sind offenbar in einem Eckpunktepapier geregelt, das wohl den Entwurf eines Aufhebungsvertrages enthält.
Ich rate Ihnen, am Montag Ihren Arbeitsplatz aufzusuchen, um (zumindest zunächst) weiterzuarbeiten. Das Eckpunktepapier und die Freistellungsvereinbarung sollten Sie aus folgendem Grund nicht unterschreiben:
Wenn Sie eine Arbeitslosigkeit grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeiführen, indem Sie ohne wichtigen Grund das Arbeitsverhältnis lösen oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten den Grund zur Lösung desselben setzen, führt dies gemäß § 144 SGB III zu einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld I (ALG I). Dazu gehört auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne wichtigen Grund. Ein wichtiger Grund ist nicht ersichtlich.
Die Sperrzeit des ALG I beträgt 12 Wochen. Zusätzlich mindert sich die Dauer des ALG I-Bezuges um 1/4 der Laufzeit.
Sie müssen allerdings damit rechnen, dass Sie in nächster Zeit vom Arbeitgeber einseitig von Ihrer Tätigkeit freigestellt werden und eine (schriftliche) Kündigung erhalten.
In dem Fall sollten Sie sich unverzüglich bei der für Sie zuständigen Arbeitsagentur arbeitssuchend melden. Diese kann bei einer sofortigen Meldung ggf. einen neuen Arbeitsplatz vermitteln, ohne dass eine Arbeitslosigkeit eintritt. Die Verletzung der Meldepflicht würde eine Sperrzeit von einer Woche auslösen, § 144 VI SGB III.
Sofern für Sie das Kündigungsschutzgesetz gilt, sollten Sie ferner nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitgericht erheben.
Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbar, wenn Ihr Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht und im Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden (Teilzeitkräfte zählen bis zu 20 Wochenstunden mit 0,5, bis 30 Wochenstunden mit 0,75).
Nach dem Kündigungsschutzgesetz ist eine Kündigung unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
In Ihrem Fall wäre aufgrund der bereits ausgesprochenen Abmahnungen damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber verhaltensbedingte Gründe für eine Kündigung angibt. Diese muss er nachweisen. Insofern sind die Abmahnungen auf ihre Berechtigung hin im Prozess überprüfbar. Aus dem geschilderten Sachverhalts ergibt sich, dass Sie nichts vorzuwerfen haben.
Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht eingehen.
Für den Fall, dass Sie keinen Rechtsschutz durch eine Rechtschutzversicherung oder Gewerkschaft erlangen können, ist auf Folgendes hinzuweisen:
Die Kosten des eigenen Anwalt und für den Zeitaufwand erhalten Sie bis zum Abschluss der der ersten Instanz nicht ersetzt, auch wenn Sie den Rechtsstreit gewinnen. Sollten Sie sich keinen Anwalt leisten können, besteht allerdings Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Sie können eine Klage selbst oder über einen Anwalt schriftlich einreichen. Die Klage kann auch bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts aufgenommen werden. Sofern Sie es wünschen, stehe ich gern zur Verfügung.
Bitte nutzen Sie die Nachfragefunktion, wenn etwas unklar geblieben sein sollte.
Mit freundlichen Grüßen