Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Das Opferentschädigungsgesetz ist gemäß § 68 SGB I
besonderer Bestandteil des Sozialgesetzbuches, so dass die Verfahrensregelungen des SGB X gelten.
Im Bereich des SGB X gilt grundsätzlich der Amtsermittlungsgrundsatz/Untersuchungsgrundsatz, wonach gemäß § 20 SGB X
die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat und alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen sind. Sie kann sich insbesondere auch eines Sachverständigengutachtens bedienen.
Im Hinblick auf das Sozialgeheimnis dürfen grundsätzlich Dritte (es sei denn der Begutachtete selbst möchte eine Begleitperson mitbringen) bei der Begutachtung nicht anwesend sein, sofern dies nicht aus Gründen, die in der Begutachtung selbst liegen (zB notwendige Assistenz des Gutachters) ausnahmsweise erforderlich ist.
Vorliegend kann jedoch dahinstehen, ob sie vor der Begutachtung den Sachverständigen auf Grund der Absicht, einen Zeugen hinzuzuziehen, wegen Befangenheit, hätten ablehnen können, da die Begutachtung durchgeführt wurde.
Nach erfolgter Begutachtung ist eine selbstständige Anfechtung des Gutachtens im Rahmen des Verwaltungsverfahrens (also hier im Rechtsbehelfsverfahren) nicht mehr möglich.
Inwieweit die Vorgabe des Versorgungsamtes hinsichtlich der Begutachtung bezogen auf den Zeitraum und das Hauptschädigungsereignis rechtmäßig waren, lässt sich anhand Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht beurteilen. Grundsätzlich ist gemäß § 20 SGB X
die Behörde befugt, Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung und damit auch der Begutachtung zu bestimmen. Auch diese Anordnung kann aber jedenfalls nicht selbstständig angefochten werden.
Inwieweit Vorgutachten und ärztliche Befunde bei der Begutachtung zu berücksichtigen sind, ist zunächst der sachverständigen Beurteilung des Gutachters überlassen. Auch diese ist selbstständig nicht anfechtbar.
Zusammenfassend, und damit auch ihre abschließende Frage beantwortend, ist zu sagen, dass Sie nicht "gegen die Gutachterin vorgehen" können, jedenfalls nicht mit dem Ziel, eine andere Entscheidung im Widerspruchsverfahren zu erreichen.
Ob Sie bei einer fehlerhaften Begutachtung, sofern sich diese herausstellen sollte, zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen die Gutachterin haben, ist eine andere Frage, deren Erörterung hier zu weit führen würde, zumal hierfür auch nicht genügend Anhaltspunkte vorliegen.
Sie müssen wohl oder übel in der Tat das Ergebnis des Widerspruchsverfahrens abwarten und dann gegen einen eventuellen Widerspruchsbescheid, mit dem ihr Widerspruch zurückgewiesen wird, Klage beim Sozialgericht erheben.
Das Sozialgericht wird dann gegebenenfalls eine erneute Begutachtung anordnen, innerhalb derer sich der gerichtlich bestellte Gutachter auch mit dem Gutachten aus dem Widerspruchsverfahren auseinandersetzen muss und wird. Ihre Einwendungen gegen die Begutachtung und das Zustandekommen des Gutachtens im Verwaltungsverfahren müssen Sie also im Rahmen des Klageverfahrens bei Ihren Angriffen gegen den Widerspruchsbescheid und die ihm zu Grunde liegenden Ermittlungen (also zB deren Umfang und die Begutachtung) beim Sozialgericht vorbringen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass Sie weder die Anordnung der Begutachtung und die Festlegung des Umfanges der Begutachtung durch die Behörde noch die zwischenzeitlich erfolgte Begutachtung anfechten können, sondern sich Ihr Rechtsbehelf gegen den auf der Grundlage des Gutachtens zu erlassenden Widerspruchsbescheid richten muss. Erst im Rahmen des dann eingeleiteten sozialgerichtlichen Verfahren wird eine Überprüfung des Verfahrens der Behörde (im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren) sowie des Gutachtens hinsichtlich seines Ergebnis und seines Zu-Stande-Kommens erfolgen
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kinder
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 20.10.2017 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen dank für die ausführliche Antwort!
Die Gutachterin hat aber gesagt, dass sie die Begutachtung nicht machen könne, wenn sie ihre Kollegin nicht dazu nehmen könne. Das Heist, dass die Gutachterin hat gegen das Sozialgeheimnis verstoßen und mich dazu genötigt zuzustimmen.
Im Petitionsverfahren wurden alle Sachverhalte geprüft und wurde im Zuge dessen als Gewaltofper anerkannt, nachdem das Sozialministerium eine Stellungnahme abgegeben hat. Dann kann doch das Versorgungsamt, wenn die Tarhergänge und Tatzeiträume erwiesen sind, diese im Nachhin wieder reviedieren, was ich im Petonsverfahren- und Verwaltungsverfahren Aktenkundig gemacht habe.
Dann hat mich die Gutachterin nicht zu irgendwelchen Beschwerden befragt, wie soll sie einen Schädigungsgrad feststellen, wenn sie keine Erhebungen bezüglich des Krankheitsbildes macht.
Können Sie hierzu bitte nochmal Stellung nehmen.
Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass die Gutachterin nicht berechtigt war aus den von Ihnen genananten Gründen auf der Anwesenheit einer weiteren Person zu bestehen. Nur nützt Ihnen das nicht viel, weil Sie - wie ausgeführt - innerhalb des Widerspruchsverfahrens keinen förmlichen Rechtsbehelf gegen die Begutachtung haben. Sie könnten lediglich versuchen durch eine "Gegenvorstellung" oder eine andere formlose Eingabe bei der Behörde weitere oder neue Sachverhaltsermittlungen (auch was den Gegenstand der Begutachtung angeht!) zu erreichen. Erzwingen können Sie das aber nicht.
Ein weiterer formlos möglicher Rechtsbehelf wäre eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den das Verfahren führenden Behördenmitarbeiter im Hinblick auf das Ergebnis des Pettionsverfahrens. Aber Vorsicht: Sie müssen auch in diesem Fall unbedingt die Klagefrist beachten, wenn ein Widerspruchsbescheid ergeht.
Sie haben mit Ihrer Meinung zu der offenbar mangelhaften Anamnese recht, aber auch die Mängel der Begutachtung durch unterbliebene Fragen zu relevanten Beschwerden sind erst (abgesehen von der erwähnten"Gegenvorstellung") im Klageverfahren überprüfbar.