Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts im Rahmen einer Erstberatung beantworten möchte:
"Würde beim Erleben des ersten Ehepartners damit der Pflichtteilanspruch komplett auf das nicht-verzichtsbereite Kind übergehen?"
Nein. Einen solchen Übergang von Pflichtteilsansprüchen, auf die die anderen Geschwister verzichtet haben (oder die diese einfach nur nicht geltend machen), gibt es nicht. Vielmehr hat jeder Pflichtteilsberechtigte seineneigenen Anspruch für sich. Dieser beträgt übrigens gemäß § 2303 BGB
die Hälfte des Wertes seines gesetzlichen Erbteils in Geld.
Das eine Kind, welches den Verzicht nicht unterschreiben will, hätte also gegebenenfalls seinen eigenen Pflichtteilsanspruch zur Verfügung.
"Also statt z.B.
Wert Haus 300.000 EUR, Pflichtteil bei 3 Kindern und Erleben des ersten Ehepartners
lebender Ehepartner erbt 50%, Pflichtteil bei 3 Kindern 1/6 * 150.000 EUR folgende Situation:
Zwei Geschwister verzichten auf Erbansprüche: Pflichtteil verbleibendes Kind 150.000 EUR?"
Hier geht bei Ihnen ein bisschen was durcheinander:
Der Pflichtteilsanspruch ist nicht identisch mit dem gesetzlichen Erbteil, sondern beträgt die Hälfte von dessen Wert. Wenn die Eltern in Zugewinngemeinschaft leben, dann erbt der überlebende Ehegatte gesetzlich zu 1/2, die drei Kinder erben gesetzlich jeweils zu einem Sechstel.
Der Pflichtteilsanspruch für jedes Kind beträgt damit jeweils ein Zwölftel des Nachlasswertes, nicht ein Sechstel.
Ergänzend noch einige Anmerkungen zum Nachlasswert:
Zum Nachlass gehört zunächst einmal das, was den Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes gehört hat. Das überschriebene Haus würde dazu grundsätzlich nicht zählen. Allerdings sind aufgrund der Übertragung Pflichtteilsergänzungsansprüche denkbar. Bei diesen wird der verschenkte Gegenstand (hier das Haus) den Nachlass fiktiv zu gewissen Teilen hinzugerechnet und der Pflichtteilsergänzungsanspruch so berechnet.
Dabei kommt es entscheidend darauf an, wie lange die Übertragung beim Tod des Erblassers schon her ist und auch welchen Umfang das Wohnrecht hat.
Die Übertragung des Hauses muss ohnehin zwingend durch notariellen Vertrag erfolgen. Lassen Sie sich beim Notar eingehend zum Thema Pflichtteilsergänzungsansprüche beraten. Der Notar hat diese Beratung ohne zusätzliche Kosten zu leisten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Winkler, Rechtsanwalt
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 11.01.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Diese Antwort ist vom 11.01.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
11.01.2014
|
12:57
Antwort
vonRechtsanwalt Lars Winkler
Bosestraße 9
08056 Zwickau
Tel: 0375/35313120
Web: http://www.ra-lars-winkler.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Lars Winkler