Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Unter die Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. I Nr. 9, Abs. II BetrVG i.V.m. § 576 BGB fallen Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen, bei denen das Wohnrecht an den Bestand des Anstellungsverhältnisses geknüpft werden soll.
Rechtlich ist zu unterscheiden zwischen einer Werkmietwohnungen (gem. § 576 BGB)
und einer Werkdienstwohnungen (gem. § 576b BGB).
Die Werkmietwohnung ist wird "mit Rücksicht auf das bestehende Anstellungsverhältnis vermietet". Parallel zum Arbeitsvertrag wird aber ein gesonderter Mietvertrag abgeschlossen.
Werkdienstwohnungen werden im Rahmen des Arbeitsverhältnisses als Wohnraum ohne selbstständigen Mietvertrag überlassen; die Zuweisung erfolgt direkt im Anstellungsvertrag. Ziel ist die bessere Möglichkeit zur Erfüllung der geschuldeten Arbeitsleistung (z.B. Hausmeister, Pflegedienste).
Die Werkdienstwohnung ist damit unmittelbarer Bestandteil des
Anstellungsvertrages und regelmäßig auch Teil der Vergütung.
Für die Abgrenzung kommt es wie üblich nicht auf die Bezeichnung der Parteien oder deren rechtliche Beurteilung an, sondern auf den materiellen Gehalt des Vereinbarten. Dieser ist durch Auslegung des Vertrags (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln.
Natürlich stellt sich dann sofort die Frage was passiert, wenn das Anstellungsverhältnis ggf. sogar fristlos beendet wird. Ist der Arbeitnehmer dann gleichzeig arbeitslos und obdachlos?
Für die Kündigung des Mietverhältnisses einer Werkmietwohnung im laufenden Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften der §§ 568, 573ff., 577a BGB.
Allerdings gilt gegenüber dem allgemeinen Mietrecht nur ein reduzierter Mieterschutz. Zwar ist eine gesonderte Kündigung erforderlich. Die darf allerdings erst n a c h der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen werden und nur, wenn die Wohnung tatsächlich auch von anderen Mitarbeiten des Arbeitgebers benötigt wird.
Bei einer Werkdienstwohnung, richtet sich die Beendigung der Wohnraumüberlassung
während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen.
Da kein eigener Mietvertrag über die Wohnung existiert und die Arbeitsleistung quasi in der Wohnung verrichtet werden soll, beinhaltet die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch gleichzeitig das Ende des Nutzungs- bzw. Wohnrechts.
Denn § 576b BGB schreibt die entsprechende Anwendung des Mietrechts nur für den Fall vor, dass das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist und der Arbeitnehmer die Werkdienstwohnung trotzdem noch bewohnt oder wenn er sie selbst möbliert hatte oder sie mit seiner Familie bewohnt.
Dann wäre auch bei einer Werkdienstwohnung die Kündigung erforderlich.
Die arbeitsvertragliche Verpflichtung zum Bewohnen einer Werkdienstwohnung kann nicht selbständig unter Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gekündigt werden (das wäre eine unzulässige Teilkündigung [BAG Urt. v. 28.07.1992 (Az.: 1 ABR 22/92)].
In zwei Fällen ist daher von einer Werkmietwohnung i.S.d. § 576 Abs. I BGB auszugehen:
wenn kein einheitlicher Vertrag vorliegt.
wenn eine Wohnung als zusätzliche Leistung des Arbeitgebers (ggf. verbilligt) vermietet wird und keine arbeitsvertragliche Verpflichtung die Notwendigkeit zum Bewohnen der Wohnung besteht
In diesen Fällen muss die Wohnung als Werkmietwohnung unabhängig vom Bestand des Arbeitsverhältnisses gesondert gekündigt werden. Kündigungsfristen beginnen erst mit
der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. mit Ende eines Kündigungsschutzprozesses.
Bei beiden Mietvertragstypen ist es immer möglich, dass eine Kündigung der Wohnung nur unter Berücksichtigung der gesetzlichen Mietrechtsbestimmungen über Wohnraummiete,
vor allem zum sozialen Kündigungsschutz der Mieter und deren Familie erfolgen.
Die Kündigung der Wohnung ist dabei rechtlich isoliert von der zeitgleich ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu betrachten.
Das Mietverhältnis ist daher vom Bestand des Anstellungsverhältnisses völlig unabhängig.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. I Nr. 9 BetrVG besteht mangels gesetzlicher oder tariflicher Regelungen in Bezug auf die Zuweisung und auf die Kündigung von Werkmietwohnungen, inclusive bei der Festlegung allgemeiner Nutzungsbedingungen;
bei angemietetem Wohnraum im Rahmen der Rechte als Mieter gegenüber dem Vermieter [BAG, Urt. v. 18.07.1978 (Az.: 1 ABR 20/75)].
Dabei ist es unerheblich ob die Wohnung kurz- oder langfristig, entgeltlich oder kostenlos überlassen werden. Daher fallen Ihre Varianten 2a und 2b unter das Mitbestimmungsrecht,
es sei denn die Zuweisung von Wohnungen aus einem einheitlichen Bestand erfolgt ohne feste Zuordnung sowohl an Arbeitnehmer als auch an sonstige Personen, die nicht vom Betriebsrat repräsentiert werden.
Eine Zuweisung von Wohnraum ohne Beteiligung des Betriebsrats ist ggf. unwirksam,
bei Unstimmigkeiten ist die Entscheidung der Einigungsstelle verbindlich.
Mitbestimmungsfrei ist lediglich das „ob" der Gestellung von Wohnraum und die Festlegung auf einen begünstigte Personenkreis (z.B. leitende Angestellte, ausländische Gäste usw.).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen