Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Anfrage möchte ich auf der Grundlage Ihrer gemachten Angaben gerne wie folgt beantworten:
A sollte KEINEN Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 2006 einlegen.
A sollte vielmehr den ESt-Änderungsbescheid 2007 abwarten und dagegen Einspruch einlegen.
Zu Ihren Fragen im Einzelnen:
Zu 1.)
A ist nicht verpflichtet, einen Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 2006 einzulegen, damit dieser zum Nachteil des A geändert werden kann.
Die AO geht vielmehr von dem Gegenteil aus:
Bevor das FA im Rahmen des Einspruchsverfahrens eine nachteilige Entscheidung erlassen kann, muss es den Einspruchsführer darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben, sich hierzu zu äußern (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO
).
Die Äußerung sieht dann in der Praxis so aus, dass der Einspruch zurückgenommen wird und der Bescheid nicht mehr geändert werden kann.
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Der Feststellungsbescheid 2006 wird bestandskräftig und kann, weil der Vorbehaltsvermerk aufgehoben worden ist, nicht mehr geändert werden (siehe auch zu 3.).
Der Feststellungsbescheid entfaltet daher nach § 182 Abs.1 AO
Bindungswirkung für die Folgebescheide.
Das gilt nach ständiger BFH-Rechtsprechung selbst dann, wenn der Feststellungsbescheid – wie hier – fehlerhaft ist.
Zu 2.)
Ja, das FA kann den ESt-Bescheid 2007 im Rahmen der Festsetzungsfrist jederzeit ändern, weil der Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht (§ 164 Abs. 2 AO
).
Der Änderungsbescheid 2007 wird dann zwar aus den von Ihnen beschriebenen Gründen fehlerhaft sein, sodass Sie gegen den Änderungsbescheid 2007 fristgerecht Einspruch einlegen und die Aussetzung der Vollziehung beantragen sollten.
Zu 3.)
Der Feststellungsbescheid 2006 kann nach den Vorschriften der AO nicht mehr geändert werden.
Ich teile Ihre Ansicht, dass die Voraussetzungen der §§ 129
, 173
und 174 AO
im vorliegenden Fall nicht vorliegen, sodass es sich um einen sog. „materiellen Fehler" handelt.
Das FA muss deshalb in der Tat in den sauren Apfel beißen und die Doppelberücksichtigung hinnehmen.
Sollte Sie aber irgendwann einmal im Rahmen der Festsetzungsfrist eine Änderung des Feststellungsbescheides 2006 aus anderen Gründen beantragen, kann das FA den jetzt gemachten materiellen Fehler gegenrechnen (§ 177 Abs. 2 AO
).
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.
Mit besten Grüßen
Reinhard Schweizer
Rechtsanwalt, Dipl.-Finanzwirt
Diese Antwort ist vom 10.07.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Reinhard Schweizer
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Hallo Herr Schweizer,
eine kleine Verständnisfrage und eine Nachfrage hätte ich noch:
1.Ich liege also mit der Annahme richtig, dass im ESt-Bescheid 07 nicht als "Auslgeich" für 06 die Verkaufserlöse (ohne Anschaffungskosten) der Wohnungen voll angrechnet werden dürfen ?!?
2. Das FA ist in dem Feststellungsbescheid auch noch bei anderen Angaben nicht der Steuererklärung von A gefolgt. Für den
Feststellungsbescheid 06 kann er ja jetzt wegen der Verböserungsmöglichkeit keinen Einspruch einlegen. Hat dieses "unfreiwillige Anerkennen" (weil keinen Einspruch eingelegt) irgendeine Bindungswirkung für die Folgebejahre ? Das FA könnte ja argumentieren "Warum beschweren Sie sich in 07 über etwas, gegen daß Sie in 06 keinen Einspruch eingelegt haben?" ?
ah,ähm und ganz kurz noch: Kann auch das FA zumindest innerhalb der Einspruchsfrist den Festellungsbescheid noch ändern, OHNE
das ich Einspruch einlege ?
Vielen Dank im Voraus nochmal für Ihre Hilfe.
Sehr geehrte Ratsuchende,
die Verkaufserlöse dürfen im ESt-Bescheid 2007 nicht „als Ausgleich" in voller Höhe angerechnet werden.
Eine Bindungswirkung für die Folgejahre besteht nicht, denn im Bereich der Einkommensteuer gilt das Prinzip der sog. „Abschnittsbesteuerung", d. h. Besteuerungszeitraum ist das laufende Kalenderjahr, sodass im Falle eines Einspruchs auch nur der Veranlagungszeitraum 2007 zur Überprüfung anstehen würde.
Der Feststellungsbescheid 2006 kann nicht mehr geändert werden, weil der Vorbehaltsvermerk aufgehoben worden ist und die Voraussetzungen für eine andere Berichtigungsvorschrift nicht erfüllt sind (siehe oben).
Ich hoffe, Ihnen weitere Klarheit verschafft zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg.
Mit besten Grüßen
Reinhard Schweizer
RA, Dipl.-Fw.