Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Aus § 177 Abs. 1 InsO
ergibt sich nur, dass Gläubiger verspätet angemeldeter Forderungen grundsätzlich einen Anspruch auf Prüfung haben. Nicht geregelt ist hingegen, bis zu welchem Zeitpunkt spätestens eine Forderungsanmeldung möglich ist. Dies betreffend divergieren die Ansichten erheblich. Eine Anmeldung und Prüfung von Insolvenzforderungen soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zumindest bis zum Ende des Schlusstermins zulässig sein (BGH 5. 2. 98 – IX ZR 259/97
. Ob nach dem Schlusstermin noch Forderungen angemeldet und geprüft werden können, beurteilen die unterinstanzlichen Gerichte jedoch sehr uneinheitlich. Zum Teil wird eine Anmeldung und Prüfung von Forderungen auch noch nach Ende des Schlusstermins für zulässig gehalten, und zwar bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens (AG Bamberg 17. 5. 04 – 2 IN 11/03
). Nachmeldungen sollen nach teilweise vertretener Ansicht auch dann noch möglich, wenn der Verwalter bereits das Schlussverzeichnis mitsamt der Schlussrechnung erstellt und beim Insolvenzgericht eingereicht hat. Auch die Bekanntmachung der Schlussverteilung (§ 188 Satz 3 InsO
) soll die nachträgliche Anmeldung nicht ausschließen. Erst mit Ablauf des Schlusstermins ist es nach ganz überwiegender Ansicht für eine Nachmeldungen zu spät, weil nunmehr die Ausschüttung nur noch abgewickelt werden soll (AG Hamburg ZVI 2004, 260
f.; AG Düsseldorf ZInsO 2006, 332
).
Andere wiederum lehnen die Prüfung im Schlusstermin bereits dann ab, wie vorliegend der Insolvenzverwalter, wenn die festgestellte Forderung nicht mehr in das Schlussverzeichnis aufgenommen werden kann und mithin gem. § 189 Abs. 3 InsO
bei der Schlussverteilung unberücksichtigt bleibe, und begründen dieses damit, dass das Rechtsschutzinteresse für eine Forderungsprüfung mit anschließender Forderungsfeststellung zu verneinen sei. Das Insolvenzverfahren dürfe nicht als billiges Titulierungsverfahren missbraucht werden. Wer erst nach Ablauf der Frist des § 189 Abs. 1 InsO
die Forderung anmelde, erwecke den Eindruck, dass es ihm nicht um die Verfahrensteilnahme ginge, sondern nur darum, sich einen Titel in einem Verfahrensstadium zu verschaffen, in dem „naturgemäß weder der Verwalter noch die anderen Gläubiger gegen die Feststellung der ohnehin bei der Verteilung nicht mehr berücksichtigungsfähigen Forderung etwas einzuwenden haben" (Gottwald/Eickmann InsRHdb § 63 Rn 49).
Hiergegen wird aber eingewandt, dass auch bei einer Anmeldung nach Veröffentlichung der Schlussverteilung oder sogar nach Ablauf der Frist des § 189 Abs. 1 InsO
der säumige Gläubiger ein schutzwürdiges Interesse an einer Anmeldung und Prüfung seiner Forderung habe. Denn hierfür genüge es nach, dass er im Hinblick auf die Nachhaftung gem. § 201 InsO
einen vollstreckbaren Titel gem. § 178 Abs. 3 InsO
erlangen kann und die Verjährung gehemmt wird.
Da der Verwalter vorliegend mithin eine Minderansicht vertritt, erachte ich die Erfolgsaussichten Ihrer Freundin als gut, dass die Forderung auch jetzt noch ggf. quotal befriedigt werden kann bei Aufnahme in der Tabelle, sofern verwertbares Vermögen vorhanden sein sollte. Auch ohne Aufnahme zur Tabelle würde die Forderung ihrer Bekannten von der Restschuldbefreiung erfasst, sofern der Schuldner nicht böswillig gehandelt hat.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 21.02.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Danke für Ihre gründliche Antwort.
Ich habe zu mindestens verstanden, dass mit der Nachmeldung keine Nachteile verbunden sind. Ob nach der Restschuldbefreiung in 6 Jahren noch eine Vollstreckung betrieben werden könnte oder nicht ist unerheblich.
Und mein Verständnis ist, das während der 6 Wohlverhaltensjahre pfändbare Teile des Einkommens (oberhalb des Selbstvorbehaltes) über den Insolvenzverwalter zur Tilgung verwendet werden.
Insofern erwarte ich doch, dass ein Teil der Forderungen beglichen wird.
Der Insolvenzverwalter hat in seinem Schreiben um umgehende Mitteilung gebeten, ob die nachträgliche Aufnahme in die Insolvenztabelle gewünscht ist und die Gebühr von 20,00 genannt.
Insofern ist wohl die Aufnahme in die Liste noch möglich.
Ganz klar ist mir nur nicht, ob eine nachträgliche Meldung den gleichen Rang hat, wie eine fristgemäße.
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Nachfrage beantworte ich gerne wie folgt:
In der Wohlverhaltensperiode sind pfändbare Teile des Eikommens als Quote an alle einfachen Insolvenzgläubiger gleichermaßen auszuschütten. Ihre Freundin hat dann auch Chancen auf anteilige Befriedigung. Sie sollten den Insolvenzverwalter bei der Anmeldung zudem darauf hinweisen, dass er eine Minderansicht vertritt. Mit Ausnahme der Gebühr von 20,- € sind mit der nachträglichen Anmeldung keine Nachteile verbunden. Auch eine nachträglich angemeldete Forderung hat den gleichen Rang wie die fristgemäß angemeldete Forderung.
Sofern eine Forderung aus unerlaubter Handlung (Betrug) stammt, wird sie sogar nicht von der RSB erfasst. Wenn die Mieterin bei Eingehung des Mietvertrages wusste, dass sie nicht zahlen kann onder will, wäre dieses der Fall. Dieses mus allerdings beweisbar sein. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und verbleibe mit freundlichen Grüßen
U. Müller-Guntrum
Rechtsanwältin