Sehr geehrte(r) Fragensteller(in).
Aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes beantworte ich Ihre Frage wie folgt.
Bei jeder Einwahl in das Internet weist der Dienstanbieter dem Einwahlgerät des Benutzers für die Dauer der Internetsitzung eine einmalige Adresse, die sog IP Adresse zu.
Diese Zuweisung wird bei den Dienstanbietern in einer sog. Log-Datei gespeichert. Somit lassen sich bei Kenntnis von IP und Zeitraum genaue Auskünfte zum jeweiligen Anschlussinhaber ermitteln.
Grundsätzlich ist ein Anschlussinhaber für alle über seinen Anschluss erfolgten Handlungen haftbar. Ausnahmsweise kann ihm ein etwaiger Missbrauch nicht zugerechnet werden, wenn er ausreichend Sicherungsmaßnahmen getroffen hat. Dies ist zum Beispiel genau in dem von Ihnen genannten Fall eines Funknetzwerkes (W-Lan) notwendig.
Sofern die IP – Adresse für den fraglichen Zeitpunkt dem Anschluss Ihres Bekannten zugeordnet werden kann, stellt sich die Frage ob unter Umständen nachweislich andere Personen Internetzugriff über diesen Anschluss hatten. Dies könnten z.B. Mitbewohner, Familienangehörige, etc. sein. Dann könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Handlung nicht eindeutig Ihrem Bekannten zuordnen. Das Verfahren gegen ihn würde eingestellt werden.
Da hier allerdings zusätzlich Handlungen über einen von Ihrem Freund registrierten Ebay Account erfolgt sind, stellt sich natürlich die Frage ob diese dem Anschluss Ihres Freundes zugeordnet werden können. Ist dies der Fall, so wird er sich wohl schwerlich herausreden können. Da es hier um Verkaufsgebühren geht, müssten auch Verkäufe mit entsprechenden Zahlungen auf das Verkäuferkonto erfolgt sein. Sofern es sich hierbei um das Konto Ihres Bekanten handelt, kann man durchaus davon ausgehen, dass er zumindest von den Verkäufen auf seinen Namen wusste und insofern gegenüber dem Dienstanbieter Ebay zahlungspflichtig ist. Ein Missbrauch durch Dritte wird hier dann schwerlich glaubhaft zu machen sein.
Unabhängig davon stellt sich nun die Frage der Ausreise Ihres Bekannten.
Hierzu ist zunächst zu berücksichtigen, dass eine derartige Flucht natürlich gegen die Bewährungsauflagen verstößt. Die Bewährung dürfte also ohne Wenn und Aber widerrufen werden. Des weiteren muss aufgrund der Flucht mit dem Erlass eines Haftbefehls gerechnet werden.
Grundsätzlich findet eine Hauptverhandlung nur in Anwesenheit des Angeklagten statt. Vorliegend sind keine der möglichen Ausnahmen gegeben. Bleibt ein Angeklagter der Hauptverhandlung schuldhaft fern, so ergeht in aller Regel ein Haftbefehl.
Keinesfalls kann sich Ihr Freund hier in angemessener Zeit der Strafe entziehen. Die Verjährung läuft nicht ohne weiteres weiter. Bereits durch die Ermittlungstätigkeiten wie etwa die Durchsuchung ist diese unterbrochen worden. Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit der Beendigung der Tat das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. Weiter kann neben anderen Voraussetzungen die Verjährung ruhen, sofern ein Rechtshilfeersuchen an den Aufenthaltsstaat des Täters gerichtet wird.
Bezüglich der bereits verurteilten Tat (9 Monate) läuft nach Widerruf der Bewährung die Vollstreckungsverjährung. Diese dürfte hier mindestens fünf Jahre betragen. Sie kann jedoch u.U. bei einem im Ausland flüchtigen vor Ablauf um die Hälfte erhöht werden.
Sie sehen, hier kann keine definitive Aussage zu der Verjährung getroffen werden, da vieles von noch nicht bekannten Faktoren abhängt.
Grundsätzlich sollte Ihr Bekannter alsbald einen Strafverteidiger vor Ort aufsuchen. Dieser wird zunächst Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen. Dann wird das weitere Vorgehen mit Ihrem Bekannten besprochen. Unter Umständen ergibt sich aus dem Inhalt der Ermittlungsakten ein positiveres Bild als zunächst angenommen.
Ihr Bekannter sollte auch daran denken, dass eine Flucht auch nicht ganz billig und gefahrenfrei ist. Gewissermaßen kann ein Flüchtiger sich im Bedarfsfall nicht an Polizei, etc. wenden, zudem dürfte die Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein. Wenn Ihr Bekannter Pech hat, so findet sich jemand der aus der Notlage Ihres Bekannten Profit schlagen will und entsprechend Gelder oder Dienstleistungen erpresst.
Ich hoffe Ihre Fragen zufrieden stellend beantwortet zu haben.
Bei Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bitte beachten Sie, dass die Antwort auf Ihren Angaben beruht und sich die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nur bei Kenntnis aller Details der Sache vollumfänglich und sicher treffen lässt.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas M. Boukai
- Rechtsanwalt -
Diese Antwort ist vom 02.02.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Andreas M. Boukai
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Was ist nun wenn das Urteil gesprochen wurde, es würde für ihn negativ ausfallen also es gäbe eine erneute Haftstrafe und er dann flüchtet. Ist dann die Verjährung genauso wie Sie schreiben? Denn ich habe hier einige Beiträge gelesen wo eben was von 3 Jähriger Verjährung drinn steht??
Was ist nun wenn das Urteil gesprochen wurde, es würde für ihn negativ ausfallen also es gäbe eine erneute Haftstrafe und er dann flüchtet. Ist dann die Verjährung genauso wie Sie schreiben? Denn ich habe hier einige Beiträge gelesen wo eben was von 3 Jähriger Verjährung drinn steht??
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in).
Sofern Sie andere Antworten zur Problematik der Verjährung gelesen haben, so müssen Sie berücksichtigen, dass diesen in aller Regel ein anderer Sachverhalt zugrunde liegt.
Bezüglich Ihrer Nachfrage ist anzumerken, dass mit Rechtskraft des Urteils die bereits oben erwähnte Vollstreckungsverjährung beginnt.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas M. Boukai
- Rechtsanwalt -
Anzumerken ist noch, sofern ein Haftbefehl noch vor der Ausreise besteht, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass noch an der Grenze eine Festnahme erfolgt.