Sehr geehrter Ratsuchender,
unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes beantworte ich die von Ihnen gestellten Fragen sehr gerne zusammenfassend wie folgt:
Vorab möchte ich noch gerne kurz klarstellen, dass für eine abschließende Beurteilung des Sachverhalts zumindest ein Einblick in den Vergleich, sowie die Gerichtskorrespondenz notwendig ist, so dass die nachfolgende rechtliche Wertung ausschließlich auf dem von Ihnen dargestellten Sachverhalt beruhen kann.
Meines Erachtens handelt es sich vorliegend um einen Fall der Anwaltshaftung, was ich Ihnen nachfolgend gerne näher erläutern möchte:
Der Anwalt schließt mit seinem Mandanten regelmäßig einen sog. Geschäftsbesorgungs-vertrag als Unterfall des Auftrags ab. Kommt es innerhalb dieser Geschäftsbesorgung zu einem Schaden des Mandanten, so hat dieser unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch aus Pflichtverletzung dieses Geschäftsbesorgungsvertrages gegen den falsch beratenden Anwalt aus § 280 BGB.
Die erste Voraussetzung, die zu prüfen ist, bevor noch auf einen möglichen Schaden, der Ihnen entstanden ist, einzugehen, ist das Vorliegen einer Pflicht, die der Anwalt verletzt hat.
Zu den Grundpflichten eines Anwaltes gehört es, stets für den Mandanten das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, wobei der Anwalt den Weg des geringsten Risikos wählen muss.
Das bestmögliche Ergebnis hat er nach Ihrer Sachverhaltsschilderung aber grade nicht für Sie herausgeholt, da er Ihnen ja zu dem für Sie nachteiligen Vergleich geraten hat.
Pflichtgemäß hätte der Anwalt nur dann gehandelt, wenn er zunächst die Rechtslage geprüft hätte, die Klage aus § 426 BGB (Gesamtschuldnerausgleich) in sein Kalkül einbezogen hätte und dieses mutmaßliche Ergebnis die Folgen des Vergleichs gegenübergestellt hätte.
Dieses aus der Entfernung für mich nun genau zu sagen, wozu Ihr Anwalt Ihnen hätte raten müssen ist aus oben bereits genannten Gründen schwierig. Es hätte insoweit genau ermittelt werden müssen durch den Anwalt, welche Erfolgsaussichten die Klage aus § 426 BGB gehabt hätte und diesen Erwägungen wäre dann die Vergleichsregelung insbesondere im Hinblick auf die negative Kostenfolge aufgrund der PKH-Rückzahlung entgegenzustellen gewesen.
Der Anwalt hätte diese Erwägungen jedoch nicht nur aufzeigen, sondern Sie darüber hinaus auf die jeweiligen Rechtsfolgen hinweisen müssen. Hierzu gehört grundsätzlich auch die mit der PKH verbundene Rückzahlungspflicht.
Dass Ihr Anwalt dies anscheinend versäumt hat, begründet eine Pflichtverletzung im Sinne von § 280 BGB, da er anscheinend nicht alle relevanten Fakten berücksichtigt und Sie nicht in den Stand versetzt hat, eine vernünftige Entscheidung zu treffen.
Ganz im Gegenteil hat Ihr Anwalt Ihnen ja grade nicht die Handlungsalternativen aufgezeigt.
Sehr problematisch in Fällen der Anwaltshaftung und leider somit auch in Ihrem Fall ist die Frage nach einem Schaden. Dieser ist nämlich erforderlich, damit Sie aufgrund der Pflichtverletzung einen Anspruch gegen Ihren Anwalt aus § 280 BGB haben.
Allein der Umstand, dass Sie die PKH zurückzahlen müssen, stellt für sich noch keinen Schaden dar. Ein Schaden liegt vielmehr dann vor, wenn Ihr Vermögen durch die Fehlberatung geschmälert wurde.
Im Klartext bedeutet dies, dass ein Schaden dann vorliegt, wenn der Vermögensverlust, den Sie nun durch die Rückzahlung erlitten haben, bzw. noch erleiden werden, größer ist, als derjenige, den Sie erlitten hätten, wenn der Anwalt Ihnen zur Durchführung der Klage aus § 426 BGB geraten hätte. Dies würde in einem Anwaltshaftungsprozess geprüft werden müssen.
Der mit der Sache befasste Richter müsste somit einen Prozess im Prozess führen. Er müsste nämlich darüber entscheiden, wie der Gesamtsschuldausgleichsprozess ausgefallen wäre, um das Ergebnis dann dem jetzigen Sachstand zwecks Schadensermittlung gegenüber zu stellen.
Nach Ihrer Sachverhaltsschilderung halte ich demnach einen Schadenseintritt für wahrscheinlich, abschließend wird dies aber nur von einem Richter unter Einbeziehung aller Umstände geklärt werden können.
Ich rate Ihnen demnach, einen Kollegen vor Ort zu beauftragen, der sich im Bereich der Anwaltshaftung spezialisiert hat. Sehr gerne können Sie sich in diesem Zusammenhang auch an die örtliche Anwaltskammer wenden, die Ihnen einen geeigneten Kollegen empfehlen kann.
Nachfolgend habe ich Ihnen die wichtigsten Bestimmungen zum besseren Verständnis meiner Ausführungen beigefügt:
§ 280 BGB , Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
(1) 1Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. 2Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
§ 426 BGB , Ausgleichspflicht, Forderungsübergang
(1) 1Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. 2Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) 1Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. 2Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
Es tut mir leid, dass Sie mit der Justiz und dem Kollegen so viel Ärger hatten und wünsche Ihnen für Ihr weiteres Vorgehen viel Erfolg!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen: Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann. So kann nämlich durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen eine völlig andere rechtliche Beurteilung die Folge sein.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können mich natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal oder über meine E-Mail-Adresse mit mir Verbindung aufnehmen.
Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Mittwochabend.
mit freundlichem Gruß
Dipl.-jur. Danjel-Philippe Newerla, Rechtsanwalt
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