Sehr geehrter Fragesteller,
die übliche Haftungsverteilung bei derartigen Unfällen spricht tatsächlich gegen Sie.
Fährt ein volljähriger Radfahrer entgegen der Fahrtrichtung auf dem Bürgersteig und stößt er mit einem Auto zusammen, das langsam aus einer Ausfahrt fährt, so trifft den Radfahrer das alleinige Verschulden, LG Dessau, NZV 2006, 149. Ebenso entschieden haben beispielsweise das AG Bad Homburg, NZV 2000, 130, das OLG Schleswig, 9 U 86/89 und verschiedene andere Gerichte. Ein Mitverschulden des Autofahrers ist nur dann anzunehmen, wenn er sich ebenfalls nicht verkehrsgerecht verhalten hat, z.B. bei nicht angepasster Geschwindigkeit,LG München I, 35 O 24210/92 (dort 75/25).
Wenn Sie die Sache weiter verfolgen wollen, ist es grundsätzlich sinnvoll, die Rechtsschutzversicherung in Anspruch zu nehmen; beachten Sie aber, dass bei dem genannten Versicherungsverhältnis nach den mir bekannten üblichen Bedingungen eine Selbstbeteiligung von 300,- € anfällt. Diese wird nicht durch den Kfz-Haftpflichtversicherer erstattet, falls der Autofahrer nicht haftet.
Es war der richtige Schritt, zunächst die Unfallakte der Polizei anzufordern. Sobald diese vorgelegen hat, können Sie sich ergänzend durch einen Anwalt beraten lassen, der beurteilen kann, ob ein besonderes Fehlverhalten des Autofahrers ein teilweises Abweichen von der grundsätzlichen Haftung des Radfahrers rechtfertigt.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Matthes
Rechtsanwalt