Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt.
Zitat:1) Kann ich das Fahrrad zurückgeben/widerrufen obwohl der Sattel gekürzt wurde (nicht auf meinem Wunsch; ich habe nur auf ein Problem hingewiesen). Das Fahrrad war für meine Größe beworben.
Grundsätzlich steht Ihnen hier nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt ein Widerrufsrecht zu.
Der Widerruf ist jedoch gem. § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB bei Verträgen über die Lieferung von Waren ausgeschlossen, bei "Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind."
Nach Ihrer Schilderung wurde hier lediglich ein Mangel beseitigt und es fand kein eindeutiger Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers statt.
Ein Gericht hätte in dieser maßgeblichen Frage einen Beurteilungsspielraum so dass sich ein rechtliches Risiko nicht völlig ausschließen lässt, da der Ausnahmetatbestand nach herrschender Meinung eng auszulegen ist.
Wenn Sie ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt wurden gilt die kurze Frist von 14 Tagen.
Alternativ könnte man hier aufgrund des Schadens am Schutzblech noch an einen Rücktritt vom Kaufvertrag denken, der bei der Rückabwicklung Vorteile für Sie hätte. (siehe unten)
Hier müssten Sie jedoch das Vorliegen eines Mangels beweisen und der Gegenseite zunächst eine Nachfrist zur Nacherfüllung des Vertrages durch Beseitigung des Mangels geben.
Zitat:2) Wer ist in der Beweispflicht, dass das Fahrrad mangelfrei übergeben wurde? Kann ich mich darauf berufen, dass in den ersten 6 Monaten der Fahrradhändler in der Beweispflicht ist? Händler behauptet einen Mangel kann er seinerseits ausschließen, da er jedes Fahrrad vor Lieferung überprüft. Diese Unterlagen kann er ggf. gefälscht haben.
Die Beweislast obliegt hier grundsätzlich dem Verkäufer als Unternehmer, da die Beweislastumkehr zu Ihren Gunsten greift.
Die Verwertbarkeit von Dashcams vor Gericht ist nicht ganz unumstritten, inzwischen aber wohl jedenfalls in Zivilprozessen grundsätzlich anerkannt.
Zitat:3) Wenn ich es widerrufe, kann der Fahrradhändler den Betrag entsprechend verrechnen oder muss er mir eine extra Rechnung ausstellen, falls er meint, der Schaden ist durch mich entstanden.
Er müsste grundsätzlich eine extra Rechnung ausstellen, könnte aber ggf die Aufrechnung erklären.
Zitat:4) Für den Fall eines Widerrufs, kann ich darauf bestehen, dass die Ware bei mir abgeholt wird, da ich das Transport-Risiko nicht tragen möchte?
Im Falle eines Widerrufs hat der Verkäufer hier grundsätzlich ein Wahlrecht, auch wenn es sich um umständlich zu verpackene Ware handelt. Auch wären die Kosten von Ihnen zu tragen, das Versandrisiko würde aber grundsätzlich beim Händler verbleiben, wenn Sie die Übergabe an ein Transportunternehmen o.ä beweisen können.
Bei einem Rücktritt müsste der Händler die Ware bei Ihnen auf eigene Kosten abholen, da sie sich vertragsgemäß bei Ihnen befinden würde. Zu den Nachteilen des Rücktritts verweise ich nach oben.
Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
J. Geike
Rechtsanwalt