Hinsichtlich der Erbschaft nach dem (Stief-)vater ist ohne Mitwirkung des Sohnes nichts mehr zu ändern. Da kein Testament vorliegt, ist gesetzliche Erbfolge eingetreten, d.h. der Sohn erbt neben der Ehefrau jeweils 1/2 (wobei ich unterstelle, daß die Eltern keinen Ehevertrag geschlossen haben, also im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben).
Soll hierfür ein Ausgleich gefunden werden, kann dies sinnvoller weise nur über eine letztwillige Verfügung der Mutter geschehen, etwa indem sie ein Testament errichtet, in dem sie ihre Tochter zur Alleinerbin einsetzt, der Sohn erhielte dann automatisch nur den Pflichtteil. Eine Begründung, warum der Sohn "enterbt", also auf den Pflichtteil gesetzt wird, bedarf es nicht, insoweit ist die Mutter in ihrer Gestaltung frei.
Oder aber die Mutter beruft in ihrem Testament zwar ihre beiden Kinder zu gemeinsamen Erben, setzt aber der Tochter ein Vorabvermächtnis in einer Höhe aus, die dem Wert des Erbteils des Sohnes nach dem Tode des Vaters entspricht. In diesem Fall sollte dann aber in dem Testament zur Vermeidung von Streitigkeit entweder die Tochter oder ein neutraler Dritter zum Testamentsvollstrecker bestimmt werden, da ansonsten das Vermögen der Mutter nach deren Tod auf absehbare Zeit durch Erbstreitigkeiten blockiert sein dürfte.
Für derartige Regelungen bedarf es in jedem Fall allerdings eines Testaments der Mutter. Dieses kann entweder bei einem Notar oder aber privatschriftlich (= vollständig handschriftlich!) errichtet werden.
Soweit ein Ausgleich zugunsten der Tochter durch die Mutter bereits jetzt erfolgen soll, kann dies durch eine Schenkung erreicht werden. Hinsichtlich dieser Schenkung hätte der Sohn in den nächsten 10 Jahren nach dem Tode der Mutter einen Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser Anspruch geht jedoch nur darauf, daß er so gestellt wird, als wenn er den Pflichtteil aus dem nicht durch die Schenkung geminderten Erbe erhalten würde. Es wird also eine Vergleichsrechnung angestellt: Die Schenkung wird wieder der Mutter zugerechnet, gleichzeitig wird unterstellt, der Sohn sei enterbt und hätte nur einen Anspruch auf seinen Pflichtteil. Nur wenn dieser (fiktive) Pflichtteil größer ist als dasjenige, was er nach dem Tod der Mutter aus dem durch die Schenkung geschmälerten Vermögen noch erhält, steht ihm also ein derartiger Pflichtteilsergänzungsanspruch zu.
Mit anderen Worten: Wird der Ausgleich zugunsten der Tochter bereits zu Lebzeiten der Mutter durch eine Schenkung vorgenommen, so ist zu unterscheiden, ob die Mutter nach der Schenkung noch mindestens 10 Jahre lebt oder früher stirbt. Lebt die Mutter nach der Schenkung noch mindestens 10 Jahre, verbleibt es bei dieser Schenkung, der Sohn erhält keinen Ausgleich. Stirbt die Mutter früher, hat der Sohn einen Pflichtteilsergänzungsanspruch, aus dem er allerdings maximal das erhält, was er ohne die Schenkung auch als Pflichtteil erhalten hätte. Der Sohn erhält also auch bei dieser Schenkung trotz Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht mehr, als er auch erhalten würde, wenn die Schenkung nicht erfolgt und er dafür "enterbt" worden wäre.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben geholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Udo Meisen
Rechtsanwalt