Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Der Sohn will in das Stockwerk des Vaters im Haus einziehen. Kann der Sohn als Alleinerbe das Erdgeschoss des Vaters für sich selbst beanspruchen? Der Hausrat wurde bereits getrennt. Oder kann die Frau das Erdgeschoss wieder für sich beanspruchen und ihre kranke Mutter als Grund nennen um nach unten zu ziehen? Die Mutter der Frau hat keine Rechte am Haus.
Der Sohn hat den Anteil des Vaters allein geerbt, d.h. dem Sohn gehören 50 % am Haus. Sowohl Sie, als auch Ihre Mutter haben das Recht, das Haus zu bewohnen. Die Nutzung des Einzelnen muss aber so ausgestaltet sein, dass der Andere am Mitgebrauch nicht gestört wird. Sollte Ihre Mutter auch gegen Sie Gewalt anwenden oder Sie bedrohen, können Sie eine Anordnung nach dem Gewaltenschutz für sich beantragen. Die Anordnung Ihres Vaters wirkt nicht für Sie, so dass Sie selbst eine solche durchsetzen müssten.
Wenn eine Regelung über die gemeinschaftliche Nutzung des Hauses fehlt, können Sie die Zustimmung Ihrer Mutter zu einer klaren Benutzungsregelung beanspruchen. Diese muss dem Interesse beider Eigentümer entsprechen. Dies gilt auch für die Kosten des Hauses. Diese sind hälftig zu teilen.
Über Ihren Hausanteil können Sie frei verfügen, über das gesamte Haus aber nur gemeinsam. Sie können jederzeit die Aufhebung der Eigentümergemeinschaft nach § 749 BGB
verlangen. Bei einem Haus ist eine saubere Teilung jedoch nicht möglich, sodass es dazu käme, dass die Teilung durch Verkauf erfolgt und der Erlös sodann hälftig aufgeteilt wird.
Stimmt Ihre Mutter einer Auflösung nicht zu, müsste eine Teilungsversteigerung angestrengt werden.
2.Kann der Sohn verlangen das die Stockwerke durch eine eingezogene Mauer und 2.Haustür in 2 Parteien getrennt wird? Und kann er die gemeinsamen Fixkosten für das Haus (Versicherungen, Kredit...)
in 2 Rechnungen (50% Mutter & 50% Sohn) splitten lassen?
Da ein solcher Umbau das gesamte Haus betrifft, wäre hierzu die Zustimmung Ihrer Mutter erforderlich. Das Splitten der Kosten wird nicht realisierbar sein, da die Versorger (Wasser, Strom etc.) dies nicht tun. Das gleiche gilt für die Bank.
3.Die Mutter wird auf die Auszahlung des Pflichtteils bestehen. Da sie sich aber strafbar gegenüber des Erblassers gemacht hat, können wir ihr den Pflichtteil entziehen? Sie hat sie ja dadurch Pflichtteil unwürdig gemacht. Wir haben ja noch die Akten vom Anwalt. Der Sohn will sie jetzt wegen übler Nachrede, Verleumdung und Beleidigung anzeigen um sich selbst zu schützen.
Ein Entzug des Pflichtteils ist nach § 2333 nur in Ausnahmefällen möglich. Diesen können Sie auch nicht geltend machen. Dies hätte allenfalls Ihr Vater im Testament gekonnt.
Für Sie gilt § 2345 II BGB
.
Danach kann die Unwürdigkeit eines an sich Pflichtteilsberechtigten geltend gemacht werden. Man ist dann unwürdig einen Pflichtteil zu erhalten, wenn man sich einer Verfehlung nach § 2339 BGB
schuldig gemacht hat.
§ 2339 BGB
besagt:
Erbunwürdig ist:
1. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
2. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung
3. wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
4. wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267
, 271
bis 274
des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.
Nach Ihrem Sachverhalt treffen keine der vorgenannten Gründe zu. Sollte doch einer der vorgenannten Punkte zutreffen, muss die Geltendmachung der Erbunwürdigkeit durch Anfechtungsklage binnen Jahresfrist erfolgen, §§ 2340 Abs. 3
, 2082 BGB
. Um die Frist zu wahren, muss die Klage innerhalb der Jahresfrist bei Gericht eingehen.
4. Steht ihr überhaupt die Witwenrente zu? Denn der Mann hat ja die Scheidung eingereicht, aber der Krebs war leider schneller..
Leider ist allein entscheidend, dass beide verheiratet waren. Da Ihre Mutter zum Zeitpunkt des Versterbens Ihres Vaters noch verheiratet war, bekommt Sie Witwenrente. Dass die Scheidung eingereicht wurde, ist insoweit irrelevant.
5. Falls die Mutter ihre 50% vom Haus verkaufen will, hat der Sohn hier das Vorkaufsrecht? Vereinbart wurde dies schriftlich nicht.
Nein ein Vorkaufsrecht besteht nicht.
Leider kann ich Ihnen keine erfreulichen Antworten geben. Die Rechtslage ist in Ihrem Fall wirklich unbefriedigend.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Kraft.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 08.08.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank schon mal!
Hätten wir dann gute Chancen, dass der Sohn in das Erdgeschoss des Vaters einziehen kann? Denn die Mutter hat sich ja oben bereits komplett eingerichtet.Und der Sohn möchte die Wohnung des Vaters bewohnen wie er sie ihm hinterlassen hat (Einrichtung). Diese haben wir nämlich erst für den Vater renoviert und oben wurde nichts gemacht.
Gibt es denn auch Fristen die wir beachten müssen z.B. bis wann der Sohn in das Haus einziehen muss? Oder zählt hier, wer als erster etwas Geltend macht bekommt es?
Sollten Mutter und Sohn dann schriftlich festhalten, dass einer die Fixkosten zahlt und der andere per Dauerauftrag die Hälfte überweist? Aber wie funktioniert das dann bei der Steuererklärung?
Gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Da dem Sohn die Hälfte des Hauses gehört, kann er auch in das Erdgeschoss ziehen. Fristen bis wann der Einzug erfolgen muss, gibt es nicht. Da die Mutter bereits das obere Stockwerk bewohnt, sollte hierzu bestenfalls vorab eine Benutzungsregelung getroffen werden. Beide Etagen kann die Mutter nicht beanspruchen, da dies eine Störung der Mitbenutzung bedeuten würde.
In Anbetracht der Gesamtsituation sollte Alles schriftlich festgehalten werden.
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Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Weise-Ettingshausen
Rechtsanwältin