Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese beantworte ich auf Grundlage Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt, weise allerdings darauf hin, dass der mitgeteilte Sachverhalt recht kursorisch ist, so dass ich ihn nur in groben Zügen beantworten kann. Nutzen Sie ggfls. die kostenlose Nachfragefunktion für eine klarstellende Ergänzung.
1.
Die Ausschlagungsfrist des Neffen würde in Abweichung vom 6-Wochen-Grundsatz nach § 1944 I BGB
gem. § 1944 II 2 BGB
in diesem Fall nicht vor „Verkündung der Verfügung“ zu laufen beginnen. „Verkündung der Verfügung“ meint die amtliche Verlautbarung des mit Ihrem Bericht noch ungewissen Testaments.
2.
Schlägt er die Erbschaft aus, ist er „aussen vor“. M.a.w., er kann nicht bestimmen, wer dann erbt. Es tritt dann in der Tat die gesetzliche Erbfolge ein.
3.
Falls nach einer unterstellten Ausschlagung der Erbschaft das gesetzliche Erbrecht (unter dem Vorbehalt, dass dies die Folge des noch nicht bekannten Testaments wäre) eingreift, kämen in der Tat mit Ihrem Bericht Halb- und Stiefbruder als gesetzliche Erben in Betracht. Hier ist Ihr Bericht aber wirklich nicht „beurteilungssicher“, zumal der Halbbruder ja auch gesondert testamentarisch bedacht sein könnte (falls das dementsprechende Testament noch ans Tageslicht gerät).
4.
Der Erbschein wird bekanntlich nur auf Antrag erteilt. Antragsberechtigt sind der endgültige Erbe oder Miterbe, nicht dagegen der vorläufige Erbe. Eine Fristbestimmung für die Erteilung ist dem nach § 2357 BGB
zuständigen Nachlaßgericht nicht zwingend aufgegeben – schon weil es ja im Einzelfall umfangreiche Ermittlungen vornehmen oder die Betroffenen anhören muss (§§ 2358
I, 2360 BGB
). Wegen dieser Ermittlungspflicht von Amts wegen und der Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen ist in Ihrem, ja noch offenem Fall, eine sichere Prognose nicht möglich.
5.
Auf Grundlage Ihres knappen Berichts ist diese Frage gegenwärtig nicht zu beantworten – siehe bitte Teilantwort Ziff.3.
6.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe – Ja. Denn hier gilt das System der Ordnungen (Parentelen), siehe § 1930:
„Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.“
Für eine Frage zum Verständnis der Antwort stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen!
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
ra.schimpf@gmx.de
www.anwalt.de/rechtsanwalt_schimpf
Diese Antwort ist vom 05.04.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Danke für die 1. Anwort. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich mich unklar ausgedrückt habe.
Hier noch einmal kurze Schilderung zur Verdeutlichung der Sachlage:
Die Verstorbene war ein Einzelkind aus der ersten Beziehung Ihrer Mutter, ihr Vater verstarb bereits in ihrer frühsten Kindheit.
Die Mutter heiratete erneut. Der neue Ehepartner der Mutter brachte einen Sohn* mit in die Ehe.
Aus der neuen Ehe der Mutter ging dann wieder ein Sohn hervor, also ein Halbbruder zu der Verstorbenen.
Die Mutter ist bereits seit Jahren verstorben.
Am Leben und somit mögliche Erben sind also nur noch der Stiefbruder und der Halbbruder.
Die Verstorbene hat zu Lebzeiten erwähnt, dass sie ein Testament verfasst hätte. Da dieses Schriftstück weder bei einem Notar hinterlegt, noch in ihren derzeit uns bekannten Unterlagen zu finden war, müssen wir von der gesetzlichen Erbfolge ausgehen.
1. Ist nach gesetzlicher Erbfolge der Halbbruder der Alleinerbe?
2. *Findet der (angeheiratete) Stiefbruder in dieser
Nachlasssache überhaupt Berücksichtigung in der direkten
Erbrangfolge?
2. Wie und durch wen werden die Erben eigentlich ermittelt, wenn
kein Testament vorliegt?
3. Muss der Halbbruder den Erbschein beantragen und in welchem
Zeitraum, oder erfolgt die Benachrichtigung des
Nachlassgerichtes automatisch durch die zuständige
Gemeindeverwaltung die die Sterbeurkunde ausgestellt hat?
4. Sollte das besagte Testament bei Wohnungsräumung dennoch zum
Vorschein kommen, kann dies dann jederzeit noch beim
Nachlassgericht nachgereicht werden?
Ich hoffe, ich meine Fragen sind für Sie verständlich formuliert habe und freue mich über eine baldige Rückantwort.
Sehr geehrte Frau B.,
ich bitte Sie um Nachsicht, dass –wenn ich recht mitzähle- sechs Nachfragen nicht den hiesigen Nutzungsbedingungen entsprechen und stelle Ihnen die Neueinreichung einer Frage anheim.
Deswegen nur kurz:
Der „angeheiratete“, also mit in die neue Ehe gebrachte Stiefbruder kommt, wenn ich Ihren präzisierten Bericht recht verstand, nicht für die gesetzliche Erbfolge in Betracht.
Erbrechtliche Ansprüche unterliegen idR der weiten dreissigjährigen Verjährung (§ 197 I 2 BGB
). Deshalb greift nach einem evt. Auffinden des Testaments in der Tat noch eine Weile u.a. ein Herausgabeanspruch gegen den dann –nur- Erbschaftsbesitzer nach § 2018 BGB
.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
ra.schimpf@gmx.de