Sehr geehrter Fragensteller,
anhand des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes kann ich Ihre Fragen im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten:
<<(1) Was bedeutet es praktisch für B das Hausgrundstück zu den definierten Bedingungen als Vorausvermächtnis aus dem Nachlass zu übernehmen? An wen muss die Zahlung von 50% für die Übernahme geleistet werden? Muss B zusätzlich zu den 50% ihren Geschwistern je 25 % des Wertes zahlen, wenn sie das Hausgrundstück vorab übernimmt?>>
B soll nach dem Willen der Erblasserin privilegiert am Nachlass beteiligt werden, nämlich zusätzlich zu seinem Erbteil auch an dem Hausgrundstück (§ 2150 BGB
). Dies jedoch (wirtschaftlich betrachtet) nicht in Gänze, sondern nur zur Hälfte (gemessen an dem festzustellenden Wert der Immobilie). Rechtlich würde das Grundstück jedoch vollends in sein Eigentum übergehen. Die Maßgabe, dass 50% des ermittelten Wertes von B im Falle der Annahme zu entrichten sind ist insoweit als eine Einschränkung der Erblasserin hinsichtlich des Ausmaßes der (wirtschaftlichen) Beteiligung des B am Nachlass zu werten – wichtig war der Erblasserin dabei offenbar, dass das Eigentum aber auf jeden Fall einheitlich - und zwar an B-übergeht. Die Zahlung wäre an die Erbengemeinschaft zu leisten.
Nach dem Willen der Erblasserin wird der wirtschaftliche Wert der Immobilie schließlich insgesamt durch die zusätzliche Belastung mit einer Zahlung von je 25% an C und D aufgezehrt.
B hätte also (gemessen an den gutachtlichen Ermittlungen) keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil von der Immobilie, würde aber Alleineigentümer werden.
Für B wäre die Übernahme daher v.a. dann von Vorteil, wenn die Immobilie selbst als Wertanlage benötigt wird bzw. mit einer nennenswerten, situationsbedingten, Wertsteigerung zu rechnen ist.
<<(2) Welche Frist für die Übernahme des Hausgrundstückes ist entscheidend, die Frist von drei Monaten oder die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft?>>
Nach dem Wortlaut des Testaments ist grds. eine Frist von 3 Monaten ab dem Eintritt des Erbfalles vorgesehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Erbengemeinschaft nach diesen 3 Monaten noch nicht auseinandergesetzt ist. In diesem Fall ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung maßgeblich.
<<(3) Kann sich die Übernahme oder die Nichtübernahme des Hausgrundstückes als Vorausvermächtnis als Vor- oder Nachteil für E auswirken?>>
Ich gehe davon aus, dass es sich beim Nießbrauch um dasselbe Hausgrundstück handelt, das B als Vorausvermächtnis bekommen soll.
Einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil wird die Übernahme oder Nichtübernahme für E nicht haben, denn der Eigentumsübergang ist für diesen nicht relevant. Sein Nießbrauchsrecht stellt eine dingliche Belastung des Grundstücks dar – dieses wirkt ggü. dem jeweiligen Eigentümer oder den Eigentümern. Den Nutzen genießt E bis zu seinem Tod oder der Aufhebung der Belastung (§ 875 BGB
).
<<(4) Wie beurteilen Sie die Chancen für die Erben B, C, und D einen Pflichtausgleich von E zu verlangen?>>
Einen möglichen „Pflichtausgleichsanspruch" vermag ich mangels entsprechender Anspruchsgrundlagen nicht zu erkennen.
<<(5) Mit welchen steuerlichen Belastungen muss E bedingt durch sein Niessbrauchrecht rechnen?>>
Die Einräumung des Nießbrauchs ist als Schenkung zu werten, weshalb grds. an Schenkungssteuer zu denken ist.
<<(6) Gibt es eine Frist, innerhalb derer der Vermächtnisnehmer E seine Ansprüche einfordern muss?>>
Gem. § 2176 BGB
fällt das Vermächtnis mit dem Erbfall automatisch an. Es ist ein schuldrechtlicher Anspruch gegen den Erben. Ein derartiger Anspruch unterliegt der Regelverjährung von drei Jahren gem. §§ 195
, 199 Abs. 1 BGB
.
<<(7) Was bedeutet das Statement "Eine Sicherstellung der Erfüllung der Vermächtnisse, etwa durch Anordnung von Testamentsvollstreckung, will ich nicht anordnen"?>>
Gem. § 2203 BGB
hat ein Testamentsvollstrecker die Aufgabe, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen. Er hat in dieser Eigenschaft den Nachlass in Besitz zu nehmen und etwaige steuerrechtliche Ansprüche daraus zu berichtigen, aber auch für die Erfüllung oder Sicherstellung von Vermächtnissen oder Auflagen zu sorgen.
Auf die Vergabe dieses Amtes hat die Erblasserin hier ausdrücklich verzichtet. Sie wollte offensichtlich, dass die Erbengemeinschaft sich selbst auseinandersetzt.
Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meinen Antworten weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Weiss
Rechtsanwalt
_________
Allgemeiner Hinweis:
Für die Vergütung einer außergerichtlichen Tätigkeit verlangt § 4
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), dass der vom Auftraggeber an den Anwalt zu zahlende Betrag in einem angemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Anwaltes stehen muss. Als Richtwert kann insoweit für eine Erstberatung der Betrag von € 250,00 netto herangezogen werden ( § 34 Abs. 1
, S. 3, 3. Hbs. RVG).
Vielen Dank!
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 21.09.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Diese Antwort ist vom 21.09.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen