Sehr geehrte Ratsuchende,
nach Ihrer Schilderung verhält es sich so, dass Ihnen der Lebensgefährte Ihrer Großmutter die Rückzahlung des zu seinem Todeszeitpunkt bestehenden Darlehens-Restbetrages erlassen hat. Fraglich ist, ob Ihre Mutter und Ihre Oma auch dies bezeugen können. Andernfalls werden Sie den Restbetrag an die Erbengemeinschaft begleichen müssen. Es ist meines Erachtens nicht ausreichend, zu bezeugen, dass Ihnen Ihr „Opa“ ursprünglich den gesamten Betrag an Sie unentgeltlich geben wollte, denn Sie haben sich ja auf eine Rückzahlung geeinigt.
Wenn Sie dagegen beweisen können, dass (im Hinblick auf den Restbetrag) eine Schenkung vorlag, besteht kein Rückzahlungsanspruch.
Wie Sie selbst richtig vermuten, besteht dann zwar die Möglichkeit für pflichtteilsberechtigte Erben, Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß §§ 2325
, 2329 BGB
Ihnen gegenüber geltend zu machen, wenn die Schenkung noch keine zehn Jahre zurückliegt. Dieses Recht steht aber nur solchen Erben zu, die zugleich auch zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten nach §§ 2303
, 2309 BGB
gehören, also die Abkömmlinge (und Eltern) und die Ehegattin.
Außerdem können auch die Pflichtteilsberechtigten gemäß § 2325 Abs. 1 BGB
nicht den gesamten Betrag von Ihnen fordern, sondern nur den Betrag, um den sich ihr Pflichtteil erhöhen würde, wenn der geschenkte Geldbetrag dem Nachlass hinzugerechnet wird. Ferner erschöpft sich der Anspruch unter Umständen dadurch, dass den Erben nicht nur ein Pflichtteil (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) vererbt wurde, sonder ein darüber hinausgehender Anteil am Nachlass. Wenn aber der über den Pflichtteilsbetrag hinausgehende Erbteil zur Deckung des Fehlbetrages ausreicht, wenn also die Differenz mindestens genauso groß oder größer ist als der Ergänzungsanspruch, fällt der Anspruch komplett weg, siehe § 2326 Satz 2 BGB
.
Im Übrigen kommt es nicht darauf an, dass die Erben ihrerseits Geschenke bekommen haben, diese müssen auch ihre möglichen Ansprüche nicht gegenüber allen Beschenkten geltend machen. Sie können auch nicht mit eigenen Ausgleichsansprüchen gegenrechnen, da Sie selbst keine pflichtteilsberechtigte Person sind.
Nach meiner ersten Einschätzung wird es also im Streitfall darauf ankommen, dass Sie den Erlass der Forderung beweisen können. Wenn Sie der Ansicht sind, dass Ihnen dies gelingen wird, können Sie die Forderung der Darlehensrückzahlung zurückweisen. Dann wäre noch zu prüfen, inwieweit unter den oben genannten Voraussetzungen ersatzweise Pflichtteilsergänzungsansprüche überhaupt in Betracht kommen.
Ich hoffe, meine rechtlichen Ausführungen haben etwas Klarheit in der Angelegenheit gebracht. Bei Unklarheiten können Sie gerne von der Möglichkeit der Rückfrage Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt