Sehr geehrte Fragestellerin,
Lassen Sie mich Ihre Anfrage wie folgt beantworten:
„Darf er ohne unsere Einwilligung ein Haus auf dem Grundstueck bauen?"
Nein. Ein Hausbau auf dem Grundstück der Erbengemeinschaft wäre eine so genannte außerordentliche Verwaltungsmaßnahme. Außerordentlich deshalb, weil der Bestand des Nachlasses durch den Neubau des Hauses auf dem Grundstück wesentlich geändert würde. Eine solche Maßnahme kann die Erbengemeinschaft nur einstimmig beschließen.
„Kann er einfach bestimmen welcher Teil des Hauses und Grundstueckes ihm gehoert und es dann ohne unsere Zustimmung verkaufen?"
Nein. Der Vater kann über Gegenstände aus dem Nachlass nicht eigenmächtig verfügen. Dabei ist es völlig egal ob es sich um einen einzelnen Löffel oder ein Grundstück handelt. Als Mitglied einer Erbengemeinschaft hat man generell kein einseitiges Verfügungsrecht über Gegenstände aus dem Nachlass.
Das ist übrigens zu unterscheiden vom Verfügungsrecht über den Anteil an der Erbengemeinschaft. Den kann man sich plastisch so ähnlich wie etwa den Anteil an einer Aktiengesellschaft vorstellen: der Aktionär kann seine Aktien verkaufen, über das Eigentum der Aktiengesellschaft als solcher kann er nicht einseitig verfügen. Genauso ist es mit der Erbengemeinschaft: jeder Miterbe könnte seinen Anteil an der Gemeinschaft prinzipiell verkaufen. Das muss notariell geschehen, außerdem haben die Miterben ein Vorkaufsrecht.
Mit der Verfügung über das Grundstück der Erbengemeinschaft oder auch nur einen Teil davon hat das aber nichts zu tun. Das kann nur die Erbengemeinschaft einstimmig bewerkstelligen, sonst niemand.
„Welche Rechte haben wir um ihn zu stoppen, da wir das Haus nicht verlieren wollen?"
Wie oben angesprochen kann ihr Vater ohne die Zustimmung der beiden Miterben weder bauen noch ganz oder zum Teil verkaufen. Der wirksamste praktische Schutz gegen einen Verkauf wäre zunächst einmal die Eintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch, wenn nicht schon geschehen. Dies kann jeder Miterbe einzeln beantragen. Dann wäre sowohl einem Verkauf als auch einer Belastung mit Grundschulden schon rein praktisch ein Riegel vorgeschoben.
Gegen eventuelle widerrechtliche Bautätigkeit auf dem Grundstück müsste man sich dann kurzfristig mittels einer einstweiligen Verfügung und deren zwangsweiser Durchsetzung – durch Zwangsgeld, notfalls Zwangshaft – wehren. In aller Regel sollte es aber reichen, wenn dem Vater deutlich gemacht wird, dass erstens seine Pläne einseitig nicht ansatzweise durchsetzbar sind und zweitens die Miterben diese notfalls konsequent verhindern werden.
„Oder kann es zu einer Zwangsversteigerung kommen?"
Eine Teilungsversteigerung (nicht Zwangsversteigerung) ist allerdings in einer Erbengemeinschaft immer denkbar. Gemäß § 2042 BGB kann jeder Miterbe die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen. Sofern man sich in der Gemeinschaft nicht einigt könnte man auf Auseinandersetzung klagen und zur Vorbereitung auch die Teilungsversteigerung von Grundstücken im Nachlass betreiben. Wirksam verhindern lässt sich das von den übrigen Miterben im Grunde nicht. Das Ganze ist ein weites Feld und bietet sowohl Risiken als auch Chancen, insbesondere wenn man den Anteil des Vaters günstig erwerben möchte. Sofern mit dem Vater absolut keine Einigkeit zu erzielen ist, sollten sich beide Geschwister unter Umständen diese Richtung eingehend beraten lassen. In ihrer Konstellation bestehen durchaus Chancen zu einem günstigen Erwerb der Immobilie auf diesem Weg.
„Kann er meinen Bruder verweigern z.B. in die Werkstatt der Scheune zu gehen?"
Grundsätzlich steht das Betreten der Immobilie allen Miterben frei. Anders wäre dies nur, wenn die betreffende Werkstatt Teil des alleinigen Wohnbereiches des Vaters wäre.
„Wie sieht es mit dem lebenslangen Wohnrechts meines Onkels aus? Kann er dann einfach sagen das er dann halt auf der Seite meines Bruders mit leben soll?"
Nein, das kann er nicht. An einem bestehenden Wohnrecht könnte einseitig sogar die Erbengemeinschaft insgesamt nichts ändern. Der Vater allein kann daran erst recht nicht rütteln.
„Oder ist ein Verkauf deshalb nicht möglich?"
Der Bestand eines solchen Wohnrechts für sich genommen hat auf die Möglichkeit eines Verkaufs der Immobilie oder auch eine Teilungsversteigerung überhaupt keinen Einfluss. Beides wäre trotzdem möglich – wie gesagt juristisch.
Wirtschaftlich führen solche Wohnrechte allerdings dazu dass der erzielbare Wert (unter Umständen deutlich) gemindert wird. Im Rahmen einer Teilungsversteigerung zum Beispiel können solche Wohnrechte durchaus dazu führen, dass „externer" Bieter gänzlich abgeschreckt werden oder nur geringe Gebote abgeben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben. Bei weiterem Bedarf an Beratung oder Vertretung in der Sache können Sie mich gerne über die Kontaktdaten meinem Profil kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen