Sehr geehrter Fragesteller,
bei der Beantwortung der Frage gehe ich davon aus, dass das von Ihnen zitierte Testament vollständig ist.
Eine Testamentsauslegung ohne Kenntnis der genauen familiären Umstände ist immer schwierig, da dabei auf den Willen des Erblassers abzustellen ist. Dabei sind auch solche Umstände mit einzubeziehen, die außerhalb des Testamentes liegen.
Das BayObLG hat mit Beschluss vom 14.12.2000 Az.: 1 Z BR 95/00
folgende Grundsätze zur Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis aufgestellt:
"Wenn der Erblasser seine Zuwendungen als Verteilung einzelner Gegenstände formuliert hat, hängt die Beantwortung der Frage, ob eine Erbeinsetzung vorliegt, maßgeblich auch davon ab, ob der Erblasser durch die in dieser Weise bedachten Personen seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte. Entscheidend ist demnach, ob der Erblasser den so Bedachten eine möglichst starke Stellung also unmittelbare Rechte am Nachlass verschaffen wollte und ob der Bedachte nach dem Willen des Erblassers auch den Nachlass zu regeln und Erbschaftsschulden zu tilgen hatte. Ein Vermächtnis liegt dagegen vor, wenn der Erblasser den Bedachten lediglich auf schuldrechtliche Ansprüche gegen den Erben hinsichtlich einzelner Gegenstände verweisen wollte."
1.
Da der Erblasser die Verteilung des Erbes mit der Fortsetzung der Familienbildung und Familienförderung begründet, handelt es sich nach meinem Dafürhalten und unter Berücksichtigung o.g. Grundsätze und Ihrer Schilderung um eine Erbeinsetzung von Hans und Grete.
2.
Pflichtteilsansprüche der übrigen Abkömmlinge des Erblassers entstehen durch Gesetz und müssen nicht ausdrücklich im Testament erwähnt werden; 2303 BGB.
3.
Die grundbuchliche Überschreibung ist als Eigentumsübertragung, und hier als Erbeinsetzung, zu verstehen, da der Erblasser in den bedachten Personen seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte.
4a.
In einem Testament kann die Erbschaft mit Auflagen beschwert werden. So könnte ein Erblasser beispielsweise formulieren:
"Die Gewinne aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücke in A sind für 10 Jahre nach dem Erbfall mit einem Anteil von 50% dem Tierschutzverein XY auszuzahlen. Zur Überwachung setze ich als Testamentsvollstrecker Herrn Z ein."
4b.
In diesem Falle gäbe es weniger Raum für eine Auslegung als Vermächtnis. Wobei gesagt werden muss, dass selbst bei verwendeten Worten wie "vererben" oder "Vermächtnis" die Auslegung des Gegenteils möglich ist, da die Auslegung zu dem Ergebnis führen kann, dass sich hinter der Erklärung ein anderer Wille des Erblassers verbirgt, als es nach dem Wortlaut des Testaments den Anschein hat. Letztendlich kommt es zunächst auf den wirklichen Willen des Erblassers und wenn dieser nicht ermittelt werden kann, auf den vermeintlichen Willen des Erblassers an.
5.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass die Testamentsauslegung sich letztlich nach den zu würdigenden Umständen des Einzelfalls richtet und im Zweifel erst von einem Gericht endgültig beurteilt werden wird.
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Ich hoffe, mit der Beantwortung Ihrer Anfrage, weitergeholfen zu haben.
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Für eine weiterführende Interessenvertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Bordasch
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 18.05.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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