Sehr geehrter Fragesteller,
Lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Sie haben hier sicher etwas ungeschickt agiert und an einer Grauzone zumindest „gekratzt". Trotzdem sollte Ihnen das hier eher nicht zum Nachteil in der Form gereichen, dass Sie die Erbschaft schon angenommen hatten und daher die Ausschlagung unwirksam war.
Prinzipiell ist es möglich, eine Erbschaft durch schlüssiges Verhalten nach außen hin im Sinne des § 1943 BGB
anzunehmen; eine Ausschlagung des Erbes wäre in einem solchen Fall nicht mehr möglich bzw. wirksam. Der vorläufige Erbe (hier: Sie und Ihre Schwester) darf während der sechswöchigen Frist zur Ausschlagung zwar sogenannte Fürsorgemaßnahmen für den Nachlass treffen, er darf sich aber nach außen hin nicht als endgültiger Eigentümer benehmen.
Im Einzelnen bedeutet dies, dass die Räumung von Müll, verderblichen Dingen usw. aus der Wohnung ohne weiteres möglich und sogar geboten war. Das ist in jedem Fall eine Fürsorgemaßnahme. Die Wegnahme noch werthaltiger Gegenstände (also „kein Müll"), beispielsweise zum Verkauf oder zum Eigengebrauch, ist dagegen nicht erlaubt. Im Prinzip kann auch die Verfügung über einen einzelnen Gegenstand aus dem Nachlass dazu führen, dass man die Erbschaft durch schlüssiges Handeln annimmt (vgl. etwa BayObLG FamRZ 88,213
). keine Annahme durch schlüssiges Handeln ist übrigens die Begleichung der Begräbniskosten, auch wenn dies schon vor der Ausschlagung passiert wäre.
Wenn Sie nun die Kleidung entsorgt haben – und wahrscheinlich niemand im Einzelnen nachweisen kann, dass die Kleidungsstücke noch einen Wert hatten – dann wird man das als Fürsorgemaßnahme/Entsorgung von Müll ansehen können. De facto gehen solche Dinge natürlich auch immer so lange gut, bis irgendjemand tatsächlich eine Verfügung über noch wertvolle Nachlassgegenstände beweisen könnte. Wecken Sie also tunlichst in der Sache keine schlafenden Hunde und sprechen Sie immer nur über die Entsorgung von Müll.
Wenn der Nachlass, wie hier wahrscheinlich auch, überschuldet ist, dann wird letztlich der Staat das Erbe antreten und diese Dinge abwickeln, die Wohnung kündigen, beräumen usw. Es würde mich sehr wundern, wenn in diesem Zusammenhang noch einmal tiefgreifend nach der verschwundenen Kleidung gefragt würde. Von selbst jemanden darauf stoßen sollten Sie wie oben gesagt tunlichst nicht.
Selbst wenn man Ihre Ausschlagung im Nachhinein als unwirksam ansehen würde hätten Sie immer noch die Möglichkeit die Haftung für Schulden des Vaters auf den Nachlassbestand zu begrenzen und nicht mit dem eigenen Vermögen zu haften. Dies ist in der Regel durch einen Antrag auf Nachlassinsolvenz machbar. Im schlimmsten Fall würde Ihnen also etwas Aufwand und Kosten im dreistelligen Eurobereich für ein Insolvenzgutachten über den Nachlassbestand entstehen. Katastrophale Folgen hätte also auch das nicht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Lars Winkler
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