Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben und Ihres Einsatzes wie folgt beantworte.
Seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010, Az.: 1 BvR 420/09
, können auch Väter von nichtehelichen Kindern das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Als Folge dieses Urteils ist nun das „Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern", veröffentlicht im Bundesgesetzblatt am 19. April 2013, verabschiedet worden. Es tritt am 19. Mai 2013 in Kraft. Mangels Übergangsvorschrift findet das Gesetz unmittelbar Anwendung.
Stellt der Vater bei Gericht einen entsprechenden Antrag, setzt das Gericht der Mutter eine Frist in der sie zu dem Antrag auf ein gemeinsames Sorgerecht Stellung nehmen kann. So der grundsätzliche und auch von Ihnen geschilderte Ablauf. In welcher Frist Sie auf den Antrag reagieren „müssen" lässt sich nicht pauschal beantworten. Das Gericht sendet Ihnen grundsätzlich eine Stellungnahmefrist zu. Diese müssten Sie daher dem Schreiben entnehmen können. Gern können Sie mir das gerichtliche Schreiben auch per Mail an meine Kanzlei schicken und ich prüfe die gerichtlich gesetzte Frist und maile Ihnen diese dann. Grundsätzlich liegt die Länge der Frist im Ermessen des Richters. Sie kann zwischen zwei, vier und sechs Wochen variieren.
Innerhalb der Frist ist an das zuständige Gericht, dass heißt an dieses, von dem Sie das Schreiben erhalten haben, zu antworten.
Dies sollten Sie unbedingt tun. Wenn Sie sich innerhalb der gesetzten Frist nicht äußern, kann das Gericht dem Vater in einem beschleunigten Verfahren nach § 155 a FamFG
ohne persönliche Anhörung der Mutter das gemeinsame Sorgerecht zusprechen. An ein Schweigen Ihrerseits würden daher unangenehme Folgen geknüpft.
Eine Ablehnung können Sie nur mit einer Gefährdung des Kindeswohls begründen. Der Gesetzgeber sieht es mittlerweile als Regel an, dass Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben. Das alleinige Sorgerecht wird daher nur unter bestimmten Umständen gewährt, die es gilt darzulegen. Sie sollten in diese Fall argumentieren, dass Ihre Tochter, wie von Ihnen geschildert, von den vielen Aktivitäten (die evtl gut gemeint, aber übertrieben sind) gesundheitlich angegriffen ist und auch darunter leidet, dass über Sie schlecht gesprochen wird. Falls möglich, sollten Sie hierüber mit einem Kinderarzt (-psychologen) sprechen, der Ihnen entsprechendes bescheinigen kann. Insgesamt müssen Sie nachweisen, dass sich der gemeinsame Umgang nachteilig auf Ihre Tochter auswirkt. Auch anhaltende Kommunikationsstörungen zwischen Ihnen als Eltern können dazu zählen.
Wenn Sie Gründe vortragen, die der Übertragung des gemeinsames Sorgerechts widersprechen, geht das schriftliche Anhörungsverfahren in ein „normales" Sorgerechtsverfahren über. Das heißt, das Gericht prüft mit mündlicher Anhörung, ob die Übertragung dem Kindeswohl widerspricht.
Eine persönliche Anhörung Ihrer Tochter kann unter den Voraussetzungen des § 159 FamFG
stattfinden. Da Ihre Tochter erst neun Jahre alt ist, kann eine Anhörung nur dann stattfinden, wenn der Wille Ihrer Tochter zu einer Entscheidungsfindung beitragen kann oder besondere Gründe für eine Anhörung vorliegen. Von einer persönlichen Anhörung kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden, die gesondert zu begründen sind. Aus Ihrer derzeitigen Sachverhaltsschilderung lassen sich derartige Gründe nicht entnehmen.
Sie sollten sich zur Vertretung unbedingt an einen Fachanwalt für Familienrecht vor Ort wenden.
Ich hoffe Ihnen damit Ihre Fragen – soweit im Rahmen dieses Portals möglich- beantwortet zu haben. Sollten Sie eine weitergehende Rechtsberatung in dieser Sache wünschen, stehe ich Ihnen unter Anrechnung des hier gezahlten Betrages gern zur Verfügung.
Bei Rückfragen nutzen Sie gern die kostenlose Nachfragemöglichkeit.
Abschließend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt vor Ort in einem Mandantengespräch in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung – am Besten nach Vorlage aller für die Beurteilung notwendigen Unterlagen – möglich.
Über eine positive Bewertung würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 06.05.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Haberland,
vielen dank für Ihr ausführliches Schreiben. Da der Vater meiner Tochter beschrieben hat, "wie schön es wäre, wenn er für sie sorgen könnte" ist meine Tochter schon beeinflusst und würde also vor Gericht aussagen, dass sie für die gemeinsame Sorge ist. Dass heißt ein Erkenntnisgewinn wäre nicht zu erwarten.Wäre dieses eine Begründung gegen eine Vorladung meiner Tochter? Falls ich einen Arzt hinzuziehe, wie lässt sich eine Doppelbegutachtung durch das Gericht vermeiden? Mein Schreiben enthält leider keine Frist sondern nur eine Aufforderung sich an das Jugendamz zu wenden? Ist man dazu verpflichtet?
Mit freundlichen Grüssen!
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
ich denke die Begründung, dass ein Erkenntnisgewinn durch die Aussage Ihrer Tochter nicht zu erwarten wäre, wäre keine hilfreiche Begründung, da sowohl das Jugendamt als auch ggf. das Gericht sich davon sicherlich gern selbst überzeugen würden. Problematisch wird auch sein, dass Ihre Tochter für eine gemeinsame Sorge wäre. Sie müssten also darlegen, inwiefern Ihre Tochter beeinflusst wurde. Bspw. teure Geschenke, Urlaube etc, die Sie ihr nicht bieten können oder das Sie immer alles darf, also keine wirkliche Erziehung vorgenommen wird oder ähnliches. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist allein das Kindeswohl. Wie bereits ausgeführt müssen Sie daher darlegen, wieso dieses durch ein gemeinsames Sorgerecht gefährdet wäre.
Ein Gutachten Ihrerseits wäre als Privatgutachten, also als Parteivortrag zu werten. Wenn dieses angezweifelt würde, würde ein zweites Gutachten erstellt werden. Das können Sie so grundsätzlich nicht verhindern.
Und ja, Sie sollten sich unbedingt an das Jugendamt wenden, da auch eine Mitarbeit Ihrerseits erwartet wird.
Ich hoffe Ihnen damit Ihre Nachfragen beantwortet zu haben und wünsche Ihnen alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen