Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zur abschließenden Beurteilung Ihrer Frage wären eingehendere Kenntnisse über den Zustand der Schwester S und möglicherweise deren Meinung zu den Vorgängen und vor allem auch den Umfang der angeordneten Betreuung erforderlich.
Ich unterstelle bei meinen weiteren Ausführungen, dass umfassende Betreuung angeordnet wurde.
1.) Wenn die A und ihr Lebensgefährte bereits in die Haushälfte eingezogen sind, diese also als Wohnung benutzen, ist es nicht zulässig, die Schlösser auswechseln zu lassen. Das liegt daran, dass auch der Besitzer, auch der unrechtmäßige Besitzer einer Sache (sogar ein Dieb) in gewissem Umfang geschützt sind. Bei der Wohnung kommt hinzu, dass die Wohnung einen zusätzlichen grundrechtlichen Schutz nach Art. 13 GG
genießt. Das gilt auch für eine unrechtmäßig bezogene Wohnung und eine Wohnung an deren Besitz ohne Recht zum Besitz festgehalten wird. Wenn also der Einzug soweit fortgeschritten ist, dass die Räume von A bewohnt werden, so wäre das Auswechseln der Schlosser verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 BGB
.
Wenn hingegen die Räume noch nicht bezogen sind, so haben die A und ihr Lebensgefährte aber auch der Bruder keinerlei Rechte, sodass auf deren Belange keine Rücksicht genommen werden muss. In diesem Fall ist aber darauf zu achten, dass Rechte der Schwester nicht beeinträchtigt werden. Da ich über deren Zustand nichts weiß, kann ich hier nur allgemeine Hinweise geben. Es ist darauf zu achten, dass die Mobilität der S durch den Wechsel der Schlösser nicht beeinträchtigt wird. Es ist der ferner darauf zu achten, dass die Versorgung der S sichergestellt bleibt. Dies ergibt sich auch aus den allgemeinen Betreuerpflichten.
2. Die Frage lautet, wenn ich Sie richtig verstehe, wie kann B erreichen (nicht "verhindern"), dass die Vorbereitungen sofort eingestellt werden.
Hierbei ist an zwei Möglichkeiten zu denken, nämlich ein Hausverbot mit gegebenenfalls strafrechtlichen Folgen bei einem Verstoß und außerdem an den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Beim Hausverbot, das ja absolut wirken würde, weiß ich nicht, ob es wirklich gewollt wird. Ihre Frage lässt offen, ob die Alltagsbetreuung durch die A weiterhin gewünscht wird. Ferner sind beim Ausspruch eines Hausverbots wiederum die Belange der S zu berücksichtigen. Je nach allgemeinem Zustand der S können deren Wünsche gegebenenfalls nicht ohne weiteres übergangen werden.
Die zweite Möglichkeit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Obwohl dieser Weg nicht frei von Risiken ist, die ich noch erläutern werde, lautet meine Empfehlung, diesen Weg zu bestreiten.
Die Risiken ergeben sich aus folgendem:
Für eine einstweilige Verfügung brauchen Sie einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund. Der Verfügungsanspruch ist in diesem Fall der zivilrechtliche Anspruch, die Inbesitznahme eines Teils des Hauses Nummer 3 zu unterlassen. Der Verfügungsgrund muss daraus bestehen, dass ohne eine einstweilige Verfügung die Durchsetzung dieses Anspruchs verhindert oder zumindest wesentlich erschwert würde. Dafür muss hypothetisch durchdacht werden, ob der Anspruch ohne einstweilige Verfügung im normalen Klageweg garnicht mehr oder nur erheblich erschwert durchgesetzt werden könnte.
Auf den ersten Blick erscheint es erst einmal klar zu sein, dass der Einzug letztlich den Unterlassungsanspruch verhindern würde. Ich will aber an dieser Stelle nicht verschweigen, dass man das auch anders sehen könnte. Man könnte nämlich argumentieren, dass eine spätere erfolgreiche Räumungsklage auch noch geeignet ist, einen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen. Für Sie spricht allerdings - solange der Einzug noch nicht vollzogen ist - die Tatsache, dass die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs mit dem Einzug verhindert worden wäre. Denn wenn der Einzug vollzogen ist, kann seine Unterlassung auch theoretisch nicht mehr durchgesetzt werden, nur noch die Rückgängigmachung.
Es wird hilfreich sein, möglicherweise noch weitere Gründe zu benennen, die den Verfügungsgrund untermauern.
Ich würde ehrlich gesagt den Antrag auf einstweilige Verfügung stellen lassen, auch wenn ein Risiko des Unterliegens besteht. Man müsste dann anschließend die Rechte im Hauptsacheverfahren durchsetzen. Es scheint mir aber in Ihrer Situation wichtig zu sein, aus strategischen Gründen eine Grenze aufzuzeigen und auch klar zu zeigen, dass Sie keine Angst vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung haben.
Auch kurz nach dem Einzug kann eine einstweilige Verfügung noch möglich sein, obwohl dann unter Umständen die Voraussetzungen etwas anders sein werden. Vor allen Dingen ist dann nach Bezug der Wohnung eine einstweilige Verfügung ohne vorherige mündliche Verhandlung nicht mehr möglich.
Von daher sollte eine einstweilige Verfügung also so bald wie möglich, wenn es geht noch vor dem Einzug, beantragt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen