Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1.
Die Konten sind für eine angemessenen Beerdigung der Eltern bestimmt. Wurde im Treuhandvertrag festgelegt, dass die Konten auch für andere Zwecke jederzeit gekündigt werden können, hat das Sozialamt ein Recht, das Geld für die Pflege zu verwerten, da es dann zum Vermögen der Eltern gehört, das einzusetzen ist.
Ist das angelegte Geld aber ausschließlich für ein Begräbnis bestimmt worden, so liegt eine abweichende Regelung von der in 1982 notariell festgelegten Bestimmung vor. Durch Einrichten der Treuhandkonten ist Ihre Einstandspflicht bzgl. der Begräbniskosten dann weggefallen. Eine Verwertung der Konten wäre dann nicht gestattet.
2.
Die 500 Euro sind wohl zu hoch bemessen. Das Sozialamt geht einfach davon aus, dass die jetzt freigewordene Wohnung vermietet werden muss oder Sie den Wohnwert ersetzen müssen. Das kann so nicht einfach hingenommen werden.
Der BGH hat in gleichgelagerten Fällen die Mutmaßung aufgestellt, dass beim Einzug ins Pflegeheim, nicht unterstellt werden kann, dass die Parteien eine Vermietung gewollt hätten.
Da Sie diesbezüglich nichts geregelt haben, wird im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung geprüft, was Sie vereinbart hätten, hätten Sie den Fall bedacht, was mit der Wohnung passieren soll, wenn das Wohnrecht nicht mehr genutzt werden kann. Folgende Grundsätze sind maßgeblich, BGH, V ZR 168/07
:
- Der Umstand, dass der Berechtigte dauerhaft pflegebedürftig und dass die Wohnung zur Vermietung geeignet ist, spricht für eine Berechtigung des Eigentümers zur Vermietung.
- Eine Verpflichtung zur Vermietung entspricht i. d. R. nicht dem hypothetischen Parteiwillen.
Wird die Wohnung vermietet, kann der hypothetische Parteiwille ergeben, dass das Entgelt dem Berechtigten zustehen soll, wenn das Wohnrecht Teil der Altersversorgung des Berechtigten darstellt.
- Nutzt der Eigentümer die Wohnung für eigene private Zwecke oder überlässt er sie kostenfrei einem nahen Angehörigen, ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er dem Berechtigten für diese Art der Nutzung ein Entgelt zahlen muss.
Auf Ihren Fall bezogen, bedeutet das, dass Sie dem Sozialamt entgegnen sollten, dass eine Vermietung nie angedacht wurde bzw. worden wäre. Das eingetragene Wohnrecht sollte ausschließlich den Eltern zugute kommen und nie Fremden. Dafür spricht auch, dass Sie die Wohnung gemeinschaftlich genutzt haben und sie sich zur Vermietung nicht besonders eignet. Ist die Vermietung somit vom Tisch, kann sich Ihre finanzielle Beteiligung nur noch wegen des „Servicepaketes" drehen, also Essen, Trinken, Bügeln, was allenfalls mit einer Zahlung von vielleicht 250 Euro abgegolten werden könnte.
3.
Ihr Einwand, im Jahre 1982 konnten Sie das Risiko nicht abschätzen, ist irrelevant. Sie hätten, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen, dieses Wohnrecht adäquat ändern lassen, oder es gar löschen können, bevor die Eltern zum Pflegefall wurden. Daran wurde aber nicht mehr gedacht, so dass diese Versäumnis nicht zu Ihren Gunsten gereichen kann.
4.
Sind die Kosten nicht durch Rente, Vermögen, Wohnrecht, Grundsicherung im Alter zu decken, werden alle „Kinder" der Eltern anteilig für den Unterhalt herangezogen. Sie sind insofern Gesamtschuldner. Grundsätzlich besteht nach dem Gesetz auch eine Unterhaltspflicht der Enkel gegenüber ihren Großeltern. Weil die näheren Verwandten gemäß § 1606 Abs. 2 BGB
aber vor den entfernteren Verwandten haften, müssen Enkelkinder für den Unterhalt der Großeltern aber nur dann zahlen, wenn deren „Kinder" selbst nicht verpflichtet sind, weil ihr Einkommen und Vermögen zu gering sind. Der Selbstbehalt ist aber sehr hoch ( z.Zt. 1800 Euro bzw. 3240 Euro als Familie).
5.
Es ist davon auszugehen, dass das Sozialamt alles versuchen wird, die anvisierten 500 Euro für das Wohnrecht zu erlangen. Sie werden (bzw. ist das schon erfolgt) eine Rechtswahrungsanzeige bekommen, wo Sie darauf hingewiesen werden, dass etwaige Unterhaltsansprüche der Eltern gegen Sie als Kinder auf das Sozialamt übergegangen sind, § 94 SGB XII
. Gleichzeitig werden Sie gebeten, Auskunft über Ihre Einkommensverhältnisse zu erteilen. In diesem Vorverfahren geben Sie bereits Ihre Weigerung bzgl. Treuhandkonto und Vermietung aus obigen Gründen bekannt. Lässt sich das Sozialamt auf diese Argumentation nicht ein, ergeht ein Bescheid, gegen den Sie dann Widerspruch mit der gleichen Begründung einlegen müssen. Letztendlich muss das Sozialamt gegen Sie klagen, wenn Sie nicht freiwillig bezahlen. Spätestens dann müssen Sie einen Anwalt beauftragen, der Sie in dem Unterhaltsrechtstreit vertritt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen