Sehr geehrter Ratssuchender,
gerne beantworte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt:
Soweit gegen Sie ein Strafbefehl wegen Körperverletzung gemäß § 223 StGB
ergangen ist, möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass Sie gegen diesen grundsätzlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung gemäß § 410 Abs. 1 StPO
Einspruch einlegen können. Entscheidend für die Frist ist also der Zeitpunkt, in dem Ihnen der Strafbefehl zugestellt wurde; das Zustelldatum können Sie dem (gelben) Zustellungsumschlag entnehmen.
Nach rechtzeitiger Einlegung des Einspruchs wird durch das zuständige Amtsgericht in der Regel Termin zur Hauptverhandlung anberaumt, eine Entscheidung ohne Hauptverhandlung kann nach pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts regelmäßig nur bei einem auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkten Einspruch durch Beschluss entscheiden werden. Eine Hauptverhandlung erweist sich grundsätzlich jedenfalls dann als notwendig, wenn die mündliche Anhörung des Angeklagten zur Aufklärung erforderlich ist (Fischer, § 411 StGB
Rn 2; § 410 StGB
Rn 4).
Vorliegend müssten Sie daher davon ausgehen, dass im Falle eines Einspruchs gegen den Strafbefehl zunächst auch eine Hauptverhandlung stattfinden würde. Soweit Sie auf § 411 Abs. 3 S. 1 StPO
abstellen, führt dies nicht zu einer Entbehrlichkeit der Hauptverhandlung. Insoweit statuiert die Norm lediglich, dass sowohl die Klage als auch der Einspruch gegen den ergangenen Strafbefehl selbst noch im Termin (bis zur Verkündung des Urteils) zurückgenommen werden können. Vorliegend ist jedoch aufgrund des Sachverhalts nicht damit zu rechnen, dass die Klage zurückgenommen wird, was zur Folge hätte, dass das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurückgesetzt werden würde (Fischer, § 411 StGB
Rn 8).
Entgegen Ihrer Befürchtung dürfte auch Ihre schriftliche Äußerung durch die Staatsanwaltschaft berücksichtigt worden sein. In der Regel wird dies bei den im Strafbefehl aufgeführten Beweismitteln und Ziff. I. und dem Hinweis „Ihre Einlassung" kenntlich gemacht. Danach folgt die Auflistung der Zeugen sowie weiterer Beweismittel (Atteste etc.).
Ob Ihre Einlassung tatsächlich Berücksichtigung gefunden hat, lässt sich letztlich jedoch erst nach erfolgter Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt abschließend beurteilen. Aus der Akte würde sich zudem ergeben, ob der Geschädigte (bzw. dessen Eltern) tatsächlich einen Strafantrag gestellt haben oder nicht. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist jedoch davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse gemäß
§ 230 Abs. 1 BGB
bejaht hat, da es anderenfalls nicht zum Erlass des Strafbefehls gekommen wäre.
Nach Einlegung des Einspruchs sowie erfolgter Akteneinsicht durch einen Verteidiger könnte man im vorliegenden Fall unter Umständen darauf hinwirken, das Verfahren gemäß § 153 StPO
wegen Geringfügigkeit oder gemäß § 153a StPO
gegen Verhängung einer Geldauflage (vorliegend eher wahrscheinlicher) einstellen zu lassen. Für eine Einstellung könnte zu Ihren Gunsten insbesondere sprechen, dass Sie die Tat bereuen, den Schaden wieder gut gemacht haben (Schmerzensgeldzahlung) sowie letztlich nicht – insbesondere nicht einschlägig –vorbestraft sind.
Bei einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO
würde ebenfalls keine Eintragung im Bundeszentralregister erfolgen; die Einstellung kann grundsätzlich auch ohne Durchführung einer Hauptverhandlung erfolgen, wobei ein Verfahren natürlich auch noch im Termin eingestellt werden kann. Grundsätzlich müssen jedoch neben dem Angeklagte auch das Gericht und die Staatsanwaltschaft der begehrten Einstellung zustimmen. Die Höhe der Geldauflage nach § 153a StPO
richtet sich in der Regel nach der im Strafbefehl verhängten Geldstrafe, so dass Sie vorliegend wohl mit einem Betrag von ca. 1.200,- EUR rechnen müssten.
Im Falle eines Einspruchs gegen den Strafbefehl wäre sämtliche Korrespondenz ausschließlich mit dem Gericht zu führen; eine gesonderte Mitteilung an die Staatsanwaltschaft ist hier entbehrlich.
Aufgrund des beschriebenen Sachverhalts dürfte vorliegend durchaus die Möglichkeit bestehen, das Verfahren nach Einlegung des Einspruchs im Wege einer Einstellung gegen Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a StPO
abzuschließen. Insoweit sollte – wie bereits ausgeführt – jedoch zuvor Akteneinsicht beantragt werden, so dass ich Ihnen dringend empfehle, einen Verteidiger mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen zu beauftragen.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Sollten Sie eine weitere Vertretung durch mich wünschen, stehe ich Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Neubauer
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Neubauer,
vielen Dank für die zügige Antwort. Nach erneuter Prüfung der Unterlagen bin ich davon überzeugt, dass meine Einwendung/Aussage keine Berücksichtigung gefunden hat, was mich folgern
a) auf dem Postwege abhanden
b) nicht beim Sachbearbeiter angekommen
lässt. Okay.
Angenommen meine Antwort/Aussage wäre nicht berücksichtig worden und Geschädigter hat keinen Strafantrag gestellt -
würde in einem solchen Fall tatsächlich bes. öff. vorliegen? Bei alleiniger Berücksichtigung der Aussage (wie beschrieben) des GEschädigten würde ich auch "ja" antworten. Nach Rücksetzung in Ermittlungsverfahren, unter Berücksichtigung meiner Aussage und dass es sich bei den beiden Zeugen (anscheinend) um Brüder handelt (wir waren alle mal 13) - wie schätzen Sie eine Verminderung des Strafmaßes / Einstellung wegen Geringfügigkeit ein?
Was würde mich eine Vertretung durch Sie kosten? Worst case und realistisch. Es ist für mich natürlich auch ein Stück weit Abwägungssache.
Besten DAnk,
Ratsuchender :)
Sehr geehrter Ratssuchender,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Ob Ihre schriftliche Äußerung letztlich durch die Staatsanwaltschaft Berücksichtigung gefunden hat, lässt sich wohl nur durch Einsicht in die Ermittlungsakte feststellen.
Das Antragserfordernis für eine (einfache) Körperverletzung gemäß § 223 StGB
entfällt, wenn nach Auffassung der Strafverfolgungsbehörde ein besonderes öffentliches Interesse die Verfolgung gebietet (Fischer, § 230 StGB
Rn 3); die Auslegung und Anwendung des "besonderen öffentlichen Interesses" obliegt daher grundsätzlich den Organen der Rechtspflege (so auch BVerfG NJW 1979, 1039
).
Selbst ohne Berücksichtigung Ihrer schriftlichen Äußerung könnte man durchaus ein besonderes öffentliches Interesse bejahen; jedenfalls scheint die Staatsanwaltschaft - sollte ein Strafantrag tatsächlich nicht vorgelegen haben - von einem öffentlichen Interesse ausgegangen sein. Letztlich dürfte diese Frage im vorliegenden Strafvefahren jedoch nicht unbedingt entscheidend sein, da der Strafbefehl gegen Sie ergangen ist.
Klarstellend möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass eine Rücksetzung in das Ermittlungsverfahren nach § 411 Abs. 3 S. 1 StPO
nur bei einer Rücknahme der öffentlichen Klage erfolgt, wobei für eine derartige Rücknahme durch die Staatsanwaltschaft vorliegend keine Umstände ersichtlich sind; der Einspruch gegen den Strafbefehl führt dagegen dazu, dass dieser nichts rechtskräftig und der Sachverhalt im Rahmen der Hauptverhandlung noch einmal umfassend aufgeklärt wird.
Auch bei Berücksichtigung Ihrer schriftlichen Äußerung dürfte sich das Strafmaß im Rahmen des Strafbefehls bewegen. Selbst wenn Sie das Opfer nicht vorsätzlich schädigen wollten, würde eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB
in Betracht kommen. Das angesetzte Strafmaß von 30 Tagessätzen bewegt sich bereits am unteren Rahmen.
Wie bereits ausgeführt, halte ich eine Einstellung des Verfahrens zumindest nach § 153a StPO
gegen Zahlung einer Geldauflage durchaus für möglich; dies setzt natürlich die Zustimmung der Staatsanwaltschaft sowie des Gerichts voraus. Eine Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO
(ohne Auflage) dürfte wohl schwer durchsetzbar sein; dies ist jedoch auch nicht gänzlich ausgeschlossen. Letztlich dürfte es auch auf die Aussagen des Geschädigten sowie dessen Bruder ankommen, die sich ebenfalls aus der Ermittlungsakte ergeben.
Die Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung in einem strafrechtlichen Verfahren bemessen sich grundsätzlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Insoweit müssten Sie mit Rechtsanwaltskosten zwischen ca. 660,- und 790,- EUR brutto rechnen, je nachdem ob eine Hauptverhandlung stattfinden würde oder das Verfahren im Vorfeld eingestellt werden könnte. Die Ihnen hier im Portal entstandenen Kosten würde ich selbstverständlich auf diese Gebühren anrechnen.
Sollten Sie eine weitere Vertretung durch mich wünschen, können Sie mich gerne unter den angegebenen Daten kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Neubauer
Rechtsanwalt