Sehr geehrter Ratsuchende /-er,
unter Berücksichtigung der Angaben und Ihres Einsatzes nehme ich zu Ihren Fragen gern wie folgt Stellung:
Zur Frage 1)"Kann er die Gesellschafterversammlung so einfach ohne vorherige Information kurzfristig platzen lassen und sich auf die Satzung des Gesellschaftervertrags berufen, obwohl Einladung und Ablauf der Gesellschafterversammlung ohne Beanstandung über Jahre nach einem anderen Procedere abgelaufen sind?"
- Grundsätzlich haben Regelungen im Gesellschaftsvertrag bzw. Gesellschaftssatzung Vorrang vor gesetzlichen Regelungen. Sofern keine abweichenden Regelungen getroffen wurden, regelt § 51 GmbHG die Form der Einberufung. Danach ist nur die schriftliche Einladung per Einschreiben erforderlich und nach Absatz 2 die Ankündigung des Zwecks. Sofern diese Formvorschriften einer ordentlichen Einberufung nicht verletzt werden, besteht grundsätzlich kein Grund oder Recht, diese dann abzusagen.
Sofern ein Gesellschafter sich auf die fehlerhafte Zuständigkeit beruft, so geht das Argument ins Leere, denn neben der in § 49 I GmbHG vorgesehenen Zuständigkeit des Geschäftsführers..
- "Die Versammlung der Gesellschafter wird durch die Geschäftsführer berufen."-
kennt das GmbHG in § 50 I - III GmbHG auch die Einberufung der sogenannten Minderheitsgesellschafter. Wobei im vorliegenden Fall ja nicht von Minderheit gesprochen werden kann.
Das "Platzenlassen" der Versammlung, wie von Ihnen geschildert, ist somit keineswegs legitim, vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass in der Vergangenheit die Einberufung nicht moniert wurde.
-Zur Frage 2) "Was soll ich tun, wenn er trotz meiner Bitte keine Gesellschafterversammlung einberuft?"
Sie können den geschäftsführenden Gesellschafter in jedem Fall auf seine Pflichten gem. §§ 49, 50 GmbHG hinweisen. Denn nach § 49 II, III GmbHG schreibt das Gesetz sogar die Einberufung der Versammlung in folgenden Fällen vor:
..."(2) Sie ist außer den ausdrücklich bestimmten Fällen zu berufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint.
(3) Insbesondere muß die Versammlung unverzüglich berufen werden, wenn aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergibt, daß die Hälfte des Stammkapitals verloren ist.
- Ebenso können Sie nach § 50 III GmbHG dann die Versammlung selbst form- und fristgemäß einberufen unter Hinweis darauf, dass die Beschlussfähigkeit auch im Falle des Fehlens des geschäftsführenden Gesellschafters erhalten bleibt. (Davon ausgenommen sind Beschlüsse, die einer 3/4 Mehrheit bedürfen) ODER
gar mit der Auflösung der Gesellschaft drohen - als ultima ratio (letztes Mittel).
- Zur Frage 3) siehe oben zu 2.) - Einberufung der G-Versammlung nach § 50 III GmbHG. Allein können Sie jedoch keine absoluten Mehrheitsbeschlüsse fassen.
In diesem Fall rate ich jedoch dazu, unter Einsichtnahme in den Gesellschaftsvertrag, zu prüfen, welche Beschlüsse Sie möglicherweise allein treffen können und damit die Satzung zu ändern und den Einfluss des anderen Gesellschafters Stück für Stück zu verringern.
Sie sollten aber bei der angesprochenen Tendenz in Erwägung ziehen, sich auf einen Dritten - als Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter ist, zu verständigen, um zukünftig derartige Kompetenzkonflikte zu vermeiden.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Einblick gegeben zu haben.
Abschließend möchte ich gern noch auf folgendes hinweisen:
Bei der obigen Beantwortung Ihrer Frage, die ausschließlich auf Ihren Angaben basiert, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes. Bitte berücksichtigen Sie deshalb, dass dies eine umfassende juristische Begutachtung nicht ersetzen kann und soll.
Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung unter Umständen sogar völlig anders ausfallen.
Über eine positive Bewertung durch Sie würde ich mich sehr freuen.