Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Eine rechtssichere Antwort könnte ich Ihnen nur geben, wenn ich das Testament prüfen könnte, wenn mir also der exakte Wortlaut vorliegen würde.
Wenn es sich um ein klassisches Berliner Testament handelt (gegenseitige Alleinerbeneinsetzung der Ehegatten, Einsetzung der Kinder zu Schlusserben nach § 2269 BGB
), dann kann Ihre Mutter über den gesamten Nachlass des Vaters, also auch über die Wohnung, frei verfügen und diese nach eigenem Belieben verkaufen.
Möglicherweise verwechselt Ihre Mutter diese Rechtsfolge mit den Rechtsfolgen, die bei der Anordnung einer Vor- Nacherbschaft gelten. Wenn Ihre Mutter nur als Vorerbin eingesetzt worden wäre, dann unterläge sie gewissen Einschränkungen, die sich auch auf einen Immobilienverkauf auswirken würden. Im Gesetz ist jedoch ausdrücklich geregelt, dass bei der oben genannten Konstruktion des Berliner Testaments die Erbeinsetzung im Zweifel nicht als Vor-Nacherbschaft anzusehen ist.
Ob es sich bei dem Testament Ihrer Eltern tatsächlich um ein solches Berliner Testament handelt, könnte ich nur beurteilen, wenn ich eine Kopie des Testaments prüfen würde.
Sie können jedoch diese Frage möglicherweise selbst klären, indem Sie einen Blick in den Erbschein nehmen. Beim Tod Ihres Vaters dürfte ein Erbschein erteilt worden sein, wenn die Wohnung auf Ihre Mutter umgeschrieben wurde, weil das Grundbuchamt einen Erbschein zur Eigentumsumschreibung benötigte. Wenn eine Vor-Nacherbschaft vorgelegen hätte, dann müsste der entsprechende Nacherbenvermerk im Erbschein enthalten sein. Wenn also da nichts drin steht, dann ist Ihre Mutter unbeschränkte Alleinerbin.
Ein Problem könnte sich allenfalls ergeben, wenn im Testament nicht nur eine Erbeinsetzung verfügt worden wäre, sondern wenn konkret die Wohnung erwähnt wäre und wenn verfügt worden wäre, dass nach dem Tod Ihrer Mutter die Wohnung auf die Kinder übergehen soll. Es könnte sich dann um ein zeitlich aufgeschobenes Vermächtnis handeln. Eine solche wechselbezügliche Verfügung (§ 2270 BGB
) wäre für Ihre Mutter bindend.
Selbst dann könnte man sich jedoch darüber hinwegsetzen und die Wohnung verkaufen, wenn die Kinder alle dem Verkauf zustimmen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 11.01.2017 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Klewe,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort aber meine Mutter hat immer noch Zweifel. Ich möchte deshalb aus dem Testament zitieren.
"wir setzen uns (Vater und Mutter) gegenseitig als Alleinerben unseres... Vermögens ein. Unsere beiden Kinder ... erben erst nach dem Ableben beider Eltern gemeinsam zu je 50%.
Sollte eines unserer Kinder nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils den Pflichtteil fordern , dann soll es auch nach dem letztverstorbenen Elternteil nur den Pflichtteil erhalten. "
Weder ich noch mein Bruder haben unseren Pflichtteil eingefordert oder werden dies tun und es gibt auch keine weiteren Verfügungen hinsichtlich der Erbmasse.
Unter diesen Voraussetzungen ist meine Mutter die Besitzerin unserer Wohnung und hat die alleinige Verfügungsgewalt über sie ?
Vielen Dank.
Sehr geehrter Fragesteller,
Vielen Dank für Ihre ergänzende Mitteilung.
Bei diesem Wortlaut des Testaments kann Ihre Mutter ganz unbesorgt sein:
Sie ist damit unbeschränkte Alleinerbin und kann über den gesamten Nachlass, also auch über die Wohnung, frei verfügen und die Wohnung nach eigenem Belieben verkaufen.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Plewe