Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte:
Hinsichtlich des Arbeitgebers kommt eine Straftat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266 a StGB
in Betracht.
Hier müssten die Ermittlungsbehörden die im jeweiligen Beitragsmonat gezahlten Löhne oder Gehälter feststellen.
Bei dieser Feststellung der Monatsbeiträge ist für jeden Fälligkeitszeitpunkt die Anzahl der Arbeitnehmer und die Höhe des Beitragssatzes der jeweils zuständigen Krankenkasse anzugeben.
Die Höhe der geschuldeten Beiträge errechnet sich auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkasse sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.
In subjektiver Hinsicht erfordert der Tatbestand nach § 266 a StGB
sog. bedingten Vorsatz.
Dies wird angenommen, "wenn der Arbeitgeber eine für möglich gehaltene Beitragsvorenthaltung billigt und nicht auf die Erfüllung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger hinwirkt (vgl. BGH 02.06.2008 - II ZR 27/07
).
Sollte die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers angespannt gewesen sein, so "muss er die Zuspitzung der wirtschaftlichen Situation und die daraus resultierende Gefährdung der Zahlungsunfähigkeit kennen oder billigend in Kauf nehmen (vgl. BGH, NJW 2002, 1123
[BGH 11.12.2001 - VI ZR 350/00
])."
Darüber hinaus kommt eine Ordnungswidrigkeit nach § 380 AO
in Betracht.
Ein strafbares Verhalten Ihrerseits ist für mich nicht ersichtlich.
Ihnen obliegt aber eine Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt ab dem Zeitpunkt, in welchem Sie davon erfahren haben, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht ordnungsgemäß abführt.
Als Arbeitnehmer sind Sie nach § 38 Absatz 2 Satz 1 EStG
grundsätzlich Schuldner der Lohnsteuerschuld.
Der Arbeitgeber haftet gem. § 42 d Absatz 1 Ziffer 1 EStG
gegenüber dem Finanzamt für die ordnungsgemäße Abführung.
Gegenüber dem Finanzamt haften der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer als Gesamtschuldner nach §§ 421
- 426 BGB
soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, vgl. § 42 d Absatz 3 Satz 1 EStG
.
Nach Zugang eines Lohnsteuernachforderungsbescheids und der Abführung der in diesem Bescheid festgesetzten Steuerschuld, hat der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer einen Erstattungsanspruch. Dieser Erstattungsanspruch stellt jedenfalls einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis dar.
Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist für diesen Erstattungsanspruch beginnt allerdings erst mit dem Zugang des Haftungsbescheids an den Arbeitgeber sowie der Steuernachzahlung an die Finanzbehörde.
Ob hier nun eine Präklusion eingetreten ist, kann ich von hier aus nicht beurteilen.
Der Arbeitgeber kann jedoch mit diesem Erstattungsanspruch präkludiert sein, wenn sich aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich ergibt, dass mit dessen Abschluss alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind.
Die Sach- und Rechtslage müsste aber noch einer abschließenden Bewertung unterzogen werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
K. Roth
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Diese Antwort ist vom 14.02.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Karlheinz Roth
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Sehr geehrter Herr Roth,
vielen dank für Ihre Antwort.
Sie schreiben:
"Die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist für diesen Erstattungsanspruch beginnt allerdings erst mit dem Zugang des Haftungsbescheids an den Arbeitgeber sowie der Steuernachzahlung an die Finanzbehörde."
Das heißt:
Obwohl dem AG klar ist oder sein muss, dass er die Lohnsteuer abführen muss, wartet er auf den Haftungsbescheid, um dann - wie in meinem geschilderten Fall - den AN für die Zahlung heranzuziehen, obwohl er, der AG bereits seit Jahren von seiten FA auf die offene Zahlung hin gemahnt worden ist?
Verstehe ich das richtig so?
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihren Nachtrag.
Dies habe ich meinen Ausführungen nicht zwingend ausdrücken wollen.
Aufgrund des Verhaltens des Arbeitgebers muss die Ausschlussfrist mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses beginnen.
Vielleicht mögen Sie mir noch mitteilen, welche konkrete Regelung der Vergleich enthält.
Mit freundlichen Grüßen
RA K. Roth