Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wird nur eine Forderung gegen die Gesellschaft geltend gemacht, wird die Forderung bestritten und ist diese vor Eintritt der Rechtskraft noch nicht erfolglos vollstreckt worden, wäre der Insolvenzantrag des Gläubigers wegen Zahlungsunfähigkeit (noch) unzulässig, weil der Gläubiger den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (noch) nicht glaubhaft machen kann.
Bei einer streitigen Forderung, deren rechtlicher Bestand auf Grund eines Rechtsstreites ungewiss ist, ist eine GmbH nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchhaltung bereits mit der Geltendmachung der Forderung zur Bildung einer Rückstellung auf einem gesonderten Konto verpflichtet (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB
).
Wenn zur Bildung der erforderlichen Rückstellung die liquiden Mittel fehlen, liegt jedenfalls drohende Zahlungsunfähigkeit vor, bei der ein Eigenantrag des Schuldners möglich ist (§ 18 InsO
). Bei nur drohender Zahlungsunfähigkeit besteht jedoch noch keine Antragspflicht.
Wenn die geltend gemachte Forderung berechtigt ist, wird sie nicht erst mit dem rechtskräftigen Urteil fällig. Das Urteil stellt das Bestehen und die Fälligkeit der Forderung lediglich verbindlich fest.
Der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO
) tritt bereits ein, wenn eine Forderung
fällig ist, und die Schuldnerin (GmbH) sie nicht bezahlen kann. Dies ist in der Regel schon vor Klageerhebung der Fall.
Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO
) setzt jedoch darüber hinaus ein schuldhaftes Verhalten (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des antragspflichtigen Geschäftsführers der GmbH voraus. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschäftsführer während des Prozesses bereits weiß, oder bei verständiger Würdigung der Rechtslage damit rechnen muss, dass der Prozess wegen Berechtigung der Forderung verloren werden wird, insbesondere wenn ein aussichtsloser Prozess wider besseres Wissen nur zum Zweck des Zeitgewinnens geführt wird.
Damit ein schuldhaftes Verhalten entfällt, muss bei verständiger Würdigung der Rechtslage, ggfs. unter Zuhilfenahme anwaltlicher Beratung, eine realistisch erscheinende, überwiegende Möglichkeit gegeben sein, den Prozess zu gewinnen. Befindet sich der Prozess in der Berufungsinstanz, nachdem das erstinstanzliche Gericht der Klage des Gläubigers stattgegeben hat, muss die materiell-rechtliche Würdigung der Rechtslage durch das Gericht im Urteil in juristisch vertretbarer Weise angreifbar sein. Hierzu muss der Geschäftsführer anwaltliche Beratung einholen, wenn ihm eigene Rechtskenntnisse fehlen. Auch hier muss die Aussicht auf Erfolg der Berufung überwiegen und wahrscheinlich sein.
Wenn Sie keine Berufung einlegen wollen, etwa weil sie nicht von deren Erfolg ausgehen, müssen Sie den Insolvenzantrag schon nach der Zustellung des Urteils stellen. Das Abwarten der Rechtkraft ist dann reine Verschleppung.
Bestehen keine realistischen, juristisch vertretbaren Erfolgsaussichten, den Berufungsrechtsstreit zu gewinnen, muss der Geschäftsführer schon nach Vorliegen der schriftlichen Begründung des erstinstanzlichen Urteils innerhalb von drei Wochen einen Eigen-Insolvenzantrag stellen, um sich nicht wegen Insolvenzverschleppung strafbar zu machen.
Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger das noch nicht rechtskräftige Urteil nach erfolgter Sicherheitsleistung erfolglos zu vollstrecken versucht hat.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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Diese Antwort ist vom 08.06.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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