Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Grundsätzlich beträgt die Kündigungsfrist bei einem Arbeitsverhältnis vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats, § 622 Abs.1 BGB
. Lediglich für den Arbeitgeber verlängert sich die Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs.2 BGB
auf 4 Monate, wenn das Arbeitsverhältnis 10 Jahre bestanden hat. Für Sie als Arbeitnehmer würde eine 4-monatige Kündigungsfrist also nur gelten, wenn ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, dass die verlängerten Kündigungsfristen auch für den Arbeitnehmer gelten sollen.
Liegt eine solche vertragliche Vereinbarung vor und verlassen Sie den Betrieb dennoch unberechtigt vor Ablauf der 4-monatigen Kündigungsfrist, liegt eine Pflichtverletzung vor. Der Arbeitgeber kann dann für die Fehlzeiten grundsätzlich Schadensersatz wegen Nichtleistung fordern. Da ein solcher konkreter Schaden in der Praxis aber schwer nachzuweisen ist, enthalten viele Arbeitsverträge eine pauschale Vertragsstrafe. Dies ist grundsätzlich zulässig, wenn die Vertragsstrafe in einem angemessenen Verhältnis zur Kündigungsfrist steht, was bei Ihnen der Fall zu sein scheint (4 Monate gegenüber einem Monatsgehalt). Die Vertragsstrafe ist also, wenn nichts anderes vereinbart wurde, lediglich ein pauschalisierter Schadensersatz. Dies bedeutet, dass durch die Zahlung der Vertragsstrafe nicht sämtliche anderen Ansprüche des Arbeitgebers abgegolten sind, insbesondere wird hierdurch das Arbeitsverhältnis nicht zwangsläufig vorzeitig beendet. Sie können also in der Regel nicht einfach unter Verweis auf die Vertragsstrafe die Kündigungsfrist verkürzen und vorzeitig kündigen. Vielmehr würde das Arbeitsverhältnis grundsätzlich bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist weiterverlaufen. Treten Sie während dieser Zeit bereits ein neues Arbeitsverhältnis an, kann dies einige Schwierigkeiten bereiten (z.B. bezüglich Sozialversicherungsbeiträge, Steuerklasse, insbesondere aber auch hinsichtlich Nebentätigkeits- und Konkurrenzverbot).
Zudem ist der Arbeitgeber auch berechtigt, Ihnen aufgrund des Nichterscheinens fristlos zu kündigen. Wenn offensichtlich ist, dass Sie die Vertragswidrigkeit Ihres Verhaltens kennen und Ihr Verhalten auch nicht ändern wollen (weil Sie z.B. schon eine neue Stelle angetreten haben), ist hierbei nicht einmal eine vorherige Abmahnung notwendig, so dass grundsätzlich auch bereits am ersten Tag des Nichterscheinens fristlos gekündigt werden könnte.
Das Arbeitszeugnis muss wohlwollend formuliert sein und darf das berufliche Fortkommen nicht ungerechtfertigt erschweren, so die ständige Rechtsprechung seit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 26. November 1963 - VI ZR 221/62
. Grund und Art des Austritts dürfen ohne das Einverständnis oder gegen den Willen des Zeugnisempfängers aus dem Zeugnis nicht ersichtlich sein (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22. August 1988 - LAGE § 630 BGB
, Nr.4). Da es allgemein nicht üblich und auch grundsätzlich nicht zulässig, im Zeugnis darauf hinzuweisen, welches die Beendigungsgründe sind, macht es das vom Arbeitgeber geschuldete Wohlwollen erforderlich, die Beendigungsgründe unerwähnt zu lassen. (Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 29.November 1990 - 10 Sa 801/90
). Daher dürfte Ihr Arbeitgeber die fristlose Kündigung ohne Ihre Zustimmung nicht direkt in das Zeugnis hineinschreiben. Allerdings macht meist das "unrunde" Austrittsdatum, gepaart mit einer fehlenden Bedauernsformel, eine fristlose Kündigung für geschulte Personale einfach erkennbar.
Grundsätzlich kann ich Ihnen daher aufgrund der oben dargelegten Konsequenzen nur davon abraten, das Arbeitsverhältnis unter Nichteinhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist vertragswidrig zu beenden. Sie sollten besser versuchen, mit dem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zu vereinbaren. Hierbei können Sie bei Bedarf auch einfließen lassen, dass Sie grundsätzlich bereit sind, sich mit einer angemessenen „Entschädigung" freizukaufen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Arbeitgeber hierauf nicht eingehen wird, insbesondere da er wohl ungern eine wechselwillige und daher wenig motivierte Mitarbeiterin bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist bezahlen will.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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Diese Antwort ist vom 20.10.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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20.10.2011
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16:24
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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