Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Im Neuseeländischen Vertrag werde ich nicht als "employee" sondern als "independent contractor" gesehen. Ob das nun eine nach deutschen Recht freiberufliche Tätigkeit ist oder eine „nicht-selbstständige" weiß ich leider nicht. Ich werde aber für die gesamte Dauer nur den einen Arbeitgeber in Neuseeland haben und die Steuern werden laut Vertrag einbehalten. Ich bin dort ganz normal in die betrieblichen Abläufe eingegliedert und habe auch kein eigenes, abschließbares Büro.
Ihr Status als AN oder Selbstständiger kann nicht allein aus der Bezeichnung im Vertrag abgeleitet werden. Die Beurteilung richtet ich nach mehreren Kriterien, dazu lesen Sie hier (zwar betrifft die Seite die USA, aber gilt allg. für anglo-amerikanisches Recht)
https://www.irs.gov/businesses/small-businesses-self-employed/independent-contractor-self-employed-or-employee
https://www.irs.gov/businesses/small-businesses-self-employed/independent-contractor-defined
weil das unabhängig vom Steuer wichtig ist. Für die Frage, nach welchem Recht die Besteuerung erfolgt, ist Ihr Status irrelevant. Denn in beiden Fällen sind Sie im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig (Art. 14 und 15 DBA). Das DBA ist hier:
http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/Laender_A_Z/Neuseeland/1980-09-11-Neuseeland-Abkommen-DBA-Gesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3
2. Also kommt es darauf an, wo Sie „ansässig" sind. Das beurteilt sich nach dem Recht des jeweiligen Finanzamtes, vgl. Art. 3 II DBA. Auch im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) heißt es hierzu:
„Der Begriff der Ansässigkeit i.S.d. DBA ist allein auf deren Anwendung (insbesondere hinsichtlich der Abkommensberechtigung und der Zuteilung der Besteuerungsrechte) beschränkt und hat keine Auswirkung auf die persönliche Steuerpflicht. Die deutsche unbeschränkte Steuerpflicht besteht daher auch dann, wenn der Steuerpflichtige je eine Wohnung bzw. einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und im Ausland hat und nach dem anzuwendenden DBA im ausländischen Vertragsstaat ansässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 4.6.1975, I R 250/73
, BStBl II S. 708)".
Bei Ihnen wird zwar der Wohnsitz auch in D erhalten bleiben (wegen Familienwohnsitzes), der gew. Aufenthalt wird aber in Neuseeland dann angenommen mit der Folge, dass Sie in Neuseeland Ihre Steuer aus der neuen Einkünften zahlen. Hierzu heißt es im AEAO:
„Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland ist aufgegeben, wenn der Steuerpflichtige zusammenhängend mehr als sechs Monate im Ausland lebt, es sei denn, dass besondere Umstände darauf schließen lassen, dass die Beziehungen zum Inland bestehen bleiben. Entscheidend ist dabei, ob der Steuerpflichtige den persönlichen und geschäftlichen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt hat und ob er seinen Willen, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzukehren, endgültig aufgegeben hat (BFH-Urteil vom 27.7.1962, VI 156/59
U, BStBl III S. 429). Als Kriterien dafür können die familiären, beruflichen und gesellschaftlichen Bindungen herangezogen werden (z.B. Wohnung der Familienangehörigen im Inland, Sitz des Gewerbebetriebs im Inland). Hält sich der Steuerpflichtige zusammenhängend länger als ein Jahr im Ausland auf, ist grundsätzlich eine Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland anzunehmen".
Auch nach Art. 4 DBA Neuseeland kommt man zum denselben Ergebnis (Steuer in Neuseeland)
3. Progressionsvorbehalt kommt. Gem. Art. 23 DBA zur Anwendung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 13.06.2017 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für ihre ausführliche Antwort. Um ihre Antwort vollständig zu verstehen muss ich noch mal genauer Nachfragen:
1) „es sei denn, dass besondere Umstände darauf schließen lassen, dass die Beziehungen zum Inland bestehen bleiben"
Frage: Bedeutet das, dass wenn ich vorher weiß dass ich zurück nach Deutschland kommen will, mein „gewöhnlicher Aufenthalt" weiterhin Deutschland ist? Denn das kann ich vorher noch nicht wissen. Ich habe schließlich noch nie in Neuseeland gearbeitet und weiß nicht ob es mir und meiner Frau dort gefällt.
2) Bei Ihnen wird zwar der Wohnsitz auch in D erhalten bleiben (wegen Familienwohnsitzes), der gew. Aufenthalt wird aber in Neuseeland dann angenommen mit der Folge, dass Sie in Neuseeland Ihre Steuer aus der neuen Einkünften zahlen.
Frage: Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt sind also etwas unterschiedliches? Ich werde für 10,5 Monate in Neuseeland leben, von daher gilt mein Aufenthalt im Inland als aufgegeben? Die Frage der Ansässigkeit ist mir noch nicht ganz klar. Ich bin dort ansässig wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe. Da meine Familie in Deutschland ist doch ein größerer Lebensmittelpunkt in Deutschland vorhanden oder nicht?
3) Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf […] bezieht, können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das der Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht.
Umgangssprachlich: Für Einkünfte als Freiberufler in Neuseeland zahle ich in Neuseeland steuern. Wenn ich jedoch in Deutschland für gewöhnlich eine feste Einrichtung habe (was ich als Freiberufler natürlich nicht habe), zahle ich in Deutschland steuern.
4) […] können Gehälter, Löhne und Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt.
Umgangssprachlich: Bin ich in Neuseeland ansässig, so wird mein Gehalt dort besteuert, es sei denn ich arbeite im anderen Vertragsstaat (Deutschland?!)?
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin froh darüber in Neuseeland besteuert zu werden, möchte nur vollends verstehen warum das so ist.
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Nachfragen:1) „es sei denn, dass besondere Umstände darauf schließen lassen, dass die Beziehungen zum Inland bestehen bleiben"
Frage: Bedeutet das, dass wenn ich vorher weiß dass ich zurück nach Deutschland kommen will, mein „gewöhnlicher Aufenthalt" weiterhin Deutschland ist? Denn das kann ich vorher noch nicht wissen. Ich habe schließlich noch nie in Neuseeland gearbeitet und weiß nicht ob es mir und meiner Frau dort gefällt.
Antwort: in der Aussage sind die entscheidenden Worte „Hält sich der Steuerpflichtige zusammenhängend länger als ein Jahr im Ausland auf, ist grundsätzlich eine Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland anzunehmen". Ihr Vertrag ist für 11 Monate geschlossen und Sie können gegenüber dem FA behaupten, dass er verlängert wird, jedenfalls Sie gehen davon aus, was das FA nicht widerlegen kann. Eine andere Option steht hier nicht zur Verfügung. D.h., wenn Sie nach dem neuseelandischen Recht besteuert werden wollen, müssen Sie das behaupten. Weil sonst hat das deutsche FA keinen Anhaltspunkt, um Ihre Einkünfte aus Neuseeland dem deutschen Steuerrecht nicht zu unterwerfen. Denkbar ist auch, eine verbindliche Auskunft bei dem deutschen FA zu bekommen. Info lesen Sie hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Verbindliche_Auskunft
2) Bei Ihnen wird zwar der Wohnsitz auch in D erhalten bleiben (wegen Familienwohnsitzes), der gew. Aufenthalt wird aber in Neuseeland dann angenommen mit der Folge, dass Sie in Neuseeland Ihre Steuer aus der neuen Einkünften zahlen.
Frage: Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt sind also etwas unterschiedliches?
Antwort: ja, s. § 8
und 9 AO
http://www.deloitte-tax-news.de/arbeitnehmerentsendung-personal/thema-des-monats/wohnsitz-par-8-ao-und-gewoehnlicher-aufenthalt-par-9-ao.html
Ich werde für 10,5 Monate in Neuseeland leben, von daher gilt mein Aufenthalt im Inland als aufgegeben?
Antwort: es kommt auf die Bewertung an, die wiederrum an Ihre Aussage (Vertragsverlängerung geplant) orientiert. Behaupten Sie, dass Sie von der Vertragsverlängerung ausgehen, wird das FA von der Aufgabe des inl. Aufenthaltes ausgehen (müssen).
Die Frage der Ansässigkeit ist mir noch nicht ganz klar.
Antwort: Der Begriff der Ansässigkeit ist im Art. 4 DBA definiert. Gew. Aufenthalt und Wohnsitz sind Unterbegriffe.
Ich bin dort ansässig wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe. Da meine Familie in Deutschland ist doch ein größerer Lebensmittelpunkt in Deutschland vorhanden oder nicht?
Antwort: Nein, Arbeit ist auch ein wichtiger Anhaltspunkt. Falls Sie im Ausland arbeiten und wohnen, kann bei Ihnen dortiger gew. Aufenthalt anzunehmen sein, auch wenn Ihre Frau (vorübergehend) im D bleibt.
3) Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf […] bezieht, können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das der Person im anderen Vertragsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht.
Umgangssprachlich: Für Einkünfte als Freiberufler in Neuseeland zahle ich in Neuseeland steuern. Wenn ich jedoch in Deutschland für gewöhnlich eine feste Einrichtung habe (was ich als Freiberufler natürlich nicht habe), zahle ich in Deutschland steuern.
Antwort: Ja, art. 14 Abs. 1 DBA
4) […] können Gehälter, Löhne und Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt.
Umgangssprachlich: Bin ich in Neuseeland ansässig, so wird mein Gehalt dort besteuert, es sei denn ich arbeite im anderen Vertragsstaat (Deutschland?!)?
Antwort: Ja, art. 15 Abs. 1 DBA
Freundliche Grüße aus München
Zelinskij