Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
a) Das Tor würde mit dem Grund und Boden des Grundstücks VL fest verbunden und damit gem. § 94 BGB
wesentlicher Bestandteil dieses Grundstücks werden. Wesentliche Bestandteile können gem. § 93 BGB
nicht Gegenstand besonderer Rechte sein, sondern ihr Schicksal richtet sich nach dem Schicksal der Hauptsache. Das bedeutet, dass - egal was Sie vereinbaren oder wie die Kosten aufgeteilt werden - immer der Eigentümer des Grundstücks VL gleichzeitig Eigentümer des Tores sein wird.
b) Da das Tor (unabhängig davon, wer es kauft bzw. bezahlt) ins Eigentum des Eigentümers des Grundstücks VL übergehen würde, dürften Sie es nicht wieder entfernen. Die Entfernung würde eine Eigentumsverletzung darstellen, aus der gem. § 823 I BGB
eine Schadensersatzpflicht begründet werden kann.
c) Nein, dies ist nicht generell so, sondern nur bei wesentlichen Bestandteilen, erwirbt der Eigentümer der Hauptsache auch Eigentum am wesentlichen Bestandteil. Was ein solcher wesentlicher Bestandteil ist, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung. Zur Veranschaulichung zwei deutliche Beispiele: Ihr Haus auf dem Grundstück VR ist wesentlicher Bestandteil. Der Eigentümer des Grundstücks ist immer gleichzeitig Eigentümer des Hauses. Sollten Sie einmal Gäste empfangen, die ein Zelt mitbringen und in Ihrem Garten aufbauen, würde das Zelt nach der Verkehrsanschauung kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden. Die Eigentümer des Zeltes verlieren ihr Eigentum daran nicht und dürfen das Zelt nach Belieben wieder entfernen. Dies sind zwei deutliche Beispiele, häufig ist die Agrenzung jedoch schwierig.
Eine weitere wichtige Ausnahme ist der Überbau. Baut ein Nachbar über die Grenze, ist der Überbau nach der Verkehrsanschauungals Eigentum des Grundstücks, auf dem er errichtet wurde anzusehen sondern der bauende Nachbar bleibt Eigentümer seines Überbaus.
d) Auch bei diesen Schächten kommt der Rechtsgedanke des Überbaus zur Anwendung. Nach der Verkehrsanschauung sind diese Schächte klar dem Grundstück H zu dienen bestimmt und stehen im Eigentum des Grundstückseigentümers von H. Unter Umständen könnte sich der Nachbar auch auf ein Notleitungsrecht berufen.
e) Sie können über die Schächte nicht verfügen oder Sie entfernen. Gem. § 917 BGB
hat man einen Überbau, der nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgenommen wurde zu dulden (kann hierfür allerdings eine Entschädigung beanspruchen). Zudem gilt im Nachbarschaftsrecht der Grundsatz der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme, weshalb Sie auch einen Anspruch darauf, dass der Nachbar die Schächte auf seine Kosten verlegen lässt, nicht mehr geltend machen können, nachdem Sie dies nahezu 10 Jahre lang so toleriert haben.
f) In der Regel wirken sich solche Grunddienstbarkeiten wertmindernd aus. Im Einzelfall indbesondere hinsichtlich des Umfangs kann hierüber jedoch erst nach Einholung eines Wertgutachtens eine Aussage getroffen werden.
g) Ein Kaufvertrag über das Grundstück VL müsste notariell beurkundet werden. Der Eigentumsübergang müsste ins Grundbuch eingetragen werden, was ebenso auch für die Begründung einer Grunddienstbarkeit gilt.
h) Eine allgemeine Handlungsempfehlung, die die bestehenden Probleme sicher lösen wird, kann nicht vorgenommen werden, da die Lage ziemlich komplex ist und die Probleme ineinandergreifen. Da Sie eine Verlegung der Schächte nicht erzwingen können, muss ein Kompromiss über die Kostenteilung ausgehandelt werden. Sollte der Nachbar sich auf eine Kostenteilung nicht einlassen wollen, bliebe nur über den damals von der Gemeinde angedachten Vorschlag nachzudenken, die Verlegung doch auf Ihre Kosten vornehmen zu lassen. Ggf. könnte daher die Idee des Nachbarn einer gemeinsamen Einfahrt doch nicht die schlechteste und auch nicht die teuerste sein. Hinsichtlich des Tores sollten Sie mit dem Nachbarn wiederum über die Eintragung einer Grunddienstbarkeit ins Grundbuch verhandeln, die es Ihnen erlaubt, eine bauliche Anlage (nämlich das Tor) auf dem Grundstück VL halten zu dürfen, so können Sie erreichen, dass er das Tor nicht wieder nach Belieben entfernen kann.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gefunden zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Liedtke
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 19.07.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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