Sehr geehrter Ratsuchender,
Der Nießbrauch ist nicht übertragbar, § 1059 BGB
, so dass er nicht Gegenstand einer Zuwendung sein kann. Da der Nießbrauch mit dem Tod des Berechtigten erlischt, § 1061 BGB
, kann er auch nicht durch Erbanfall übergehen. Soll er in der Person des Erben weiter bestehen, muss er neu begründet werden.
Insoweit erscheint Ihr dargestellter Sachverhalt ein wenig uneindeutig bezüglich der von Ihrer Mutter eingebrachten Wohnungen in eine GbR und Ihrem Wunsch nach einer Beurteilung einer Bewertung eines Nießbrauchs an einem Aktiendepot.
Mit dem Verkauf der mit einem Nießbrauch belasteten Wohnungen verbleibt das dingliche Recht zur Fruchtziehung aus den Wohnungen bei Ihrer Mutter.
Zur Bewertung eines Nießbrauches bei Immobilien möchte ich an dieser Stelle beispielhaft auf meine Antwort unter
http://www.frag-einen-anwalt.de/Niebrauchrecht-auszahlen---f225068.html
verweisen.
Aus Ihren Darstellungen ist zu entnehmen, dass Sie der Auffassung sind oder eine entsprechendes Recht Ihrer Mutter an dem Vermögen der Gesellschaft eingeräumt zu haben. Daher sind Sie insoweit der Auffassung hier auf schenkungssteuerrelevante Sachverhalte reagieren zu müssen.
Bitte klären Sie an dieser Stelle den Sachverhalt entsprechend auf. Gern stehe ich Ihnen dazu in der kostenfreien Nachfrage zur Verfügung.
Hinsichtlich eines bestellten Nießbrauches an Kapitalvermögen, sind die verschiedenen Möglichkeiten des Zuwendungs-, Vorbehalts- und Vermächtnisnießbrauches zu unterscheiden.
Entscheidend für die schenkungsteuerliche Einordnung ist das Verhältnis vom Wert der übertragenen
Wertpapiere und dem Kapitalwert des Nießbrauchsrechts. Ist dieses ausgewogen besteht eine volle Entgeltlichkeit. In allen anderen Fällen kommt es zu einer gemischten Schenkung, so dass der Vorgang in aufzuteilen ist.
Der Nießbrauchwert bestimmt sich entsprechend der Lebenserwartung und den durchschnittlich jährlich zu erwartenden Kapitalerträgen.
Aufgrund Ihrer Einschätzung vom Durchschnitt der letzten 3 Jahre von Null Erträgen, möchte ich darauf hinweisen, dass von einer Unentgeltlichkeit ausgegangen wird, wenn der Wert des Nießbrauchrechts unter 10 % des Wertes des Kapitalvermögens liegt.
In diesem Falle wäre die Aufteilungsrechnung wie folgt aufzustellen…
Ansatz Vermögen 1.000.000 Euro
- Kapitalwert Nießbrauch 0 Euro
Steuerliche Bereicherung 1.000.000 Euro
- Freibetrag 400.000 Euro (Schenkung an Sie als Sohn)
Steuerlicher Erwerb 600.000 Euro
Steuersatz § 19 ErbStG
15 %
Schenkungssteuer 90.000 Euro
Jedoch wie beschrieben, ist mir der gesamte Sachverhalt nicht ganz klar. Ich würde diesbezüglich um Aufklärung bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Andreas Wehle
Diese Antwort ist vom 01.07.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Wehle,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Leider reden wir im vorliegenden Fall etwas aneinander vorbei.
Die GbR wurde vor langer Zeit errichtet (99% Sohn, 1% Mutter), das Niessbrauchrecht liegt bei meiner Mutter und die in der GbR eingebrachten Wohnungen wurden verkauft. Momentan besteht die GbR nur aus einem Depotkonto. Erträge werden von meiner Mutter versteuert. Soweit alles kein Problem.
NUN SOLL DIE GBR AUFGELÖST UND DAS KAPITAL VERTEILT WERDEN.
Hier kommt es zu meiner Frage der Bewertung des Niessbrauchs.
Die beiden Gesellschafter schliessen einen Vertrag zur Auflösung der Gesellschaft.
In diesem Vertrag kommt es zu einer Aufteilung der Vermögenswerte.
Ich kaufe meiner Mutter das 1% zum Zeitwert ab (1% Depotvolumen). Dies sollte kein Problem sein.
Nun muss ich ihr allerdings auch ihr Recht auf den Niessbrauch entgeltlich ablösen, damit hier kein schenkungssteuerlich relevanter Vorgang unterstellt werden kann.
Hier würde ich auf § 15 I BewG abstellen und den Jahreswert des Niessbrauches mit 5,5% berechnen. Dann anhand der Sterbetafel (vgl. § 14 I BewG) einen Faktor für eine 71 jährige von 10,992 ansetzen.
Zusammenfassend würde ich folgendermassen Vorgehen bei einem angenommenem Depotvolumen von 1 Mio Euro:
Ablösung 1% ---> Zahlung 10.000 Euro an Mutter aus Gesellschaftvermögen
Ablösung Niessbrauch: 55.000 Euro Jahreswert des Niessbrauchs multipliziert mit 10,992 = 604.560
Gesamtzahlung an Mutter: 614.560
Auszahlung an Sohn: 385.440
Zahlungen werden aus Gesellschaftsvermögen erbracht.
Ziel ist es einen Vertrag zur Auflösung der GbR zu schliessen ohne schenkungssteuerlich relevante Sachverhalte zu begründen.
Sollten Sie generell mit meiner Berechnungsmethodik übereinstimmen, könnten wir von diesen Werten auch in gewissem Masse abweichen (z.B 550.000 / 450.000 oder 700.000 / 300.000)?
Liegt dies in unserem Ermessen der Vertragsgestaltung oder inwieweit muss man sich hier von den steuerlichen Bewertung lenken lassen?
Wie gesagt, die Auflösung der GbR soll komplett Steuerneutral erfolgen.
Die Ablösung des Niessbrauchs führt beim Niessbrauchberechtigten zu keinem steuerbaren Einkommen gemäss meinen Recherchen vgl. http://blog.handelsblatt.com/steuerboard/2011/02/09/verzicht-auf-vorbehaltsniesbrauch-gegen-abfindung/
Einzige Problematik stellt für mich die steuerliche Bewertung des Niessbrauchs dar.
Sehr vielen Dank!
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für die klärende Darstellung des Sachverhaltes.
Die Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Vermögens der GbR richtet sich nach den §§ 730 ff. BGB
. Soweit der Gesellschaftsvertrag keine anderslautende Regelung enthält, sind diese nach den Anteilen an der Gesellschaft aufzuteilen.
Soweit auch der eingeräumte Nießbrauch an dem Kapitalvermögen durch Ablösung aufgelöst werden soll entfällt insoweit ein Schenkungstatbestand. Da der Nießbrauch ein selbstständiges Wirtschaftsgut ist, bedeutet der Verzicht einen weiteren Schenkungstatbestand, der, wenn er innerhalb von zehn Jahren stattfindet, mit der ersten Schenkung zusammengerechnet wird.
Mit Ihrer Beispielrechnung stimme ich überein. Abweichungen davon sollten erklärbar und nachvollziehbar sein, um aber völlig sicher zu sein, kann ich nur raten sich weitestgehend an die ermittelten Werte zu halten. Geringere Beträge sind weitaus besser darstellbar als größere Abweichungen. Daneben bestehen Sie auch auf einer vollkommenen Steuerneutralität, hier möchte ich zu bedenken geben, dass auch andere schenkungsweise übertragene Werte innerhalb der letzten 10 Jahre in die Überlegung, in wie weit von den ermittelten Werten abgewichen werden soll, einfließen sollte. Hierzu kann ich jedoch, in Ermangelung der genauen Umstände, keine konkrete Aussage treffen.
Ich möchte an dieser Stelle noch auf weitere Publikationen in diesem Zusammenhang aufmerksam machen.
http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2013-09-30-Einkommensteuerrechtliche-Behandlung-Niessbrauch.pdf?__blob=publicationFile&v=2
http://www.iww.de/mbp/schwerpunktthema/vermietung-und-verpachtung-15-jahre-alter-niessbrauchserlass-neu-gefasst-die-wichtigsten-neuerungen-im-ueberblick-f74094
Die Ablösung des Nießbrauchs führt beim Nießbrauchberechtigten zu keinem steuerbaren Einkommen gemäß meinen Recherchen.
Das ist tatsächlich so, denn er gibt ja insoweit für die erhaltene Ausgleichszahlung ein ihm zustehendes Recht auf.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Andreas Wehle