Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Zunächst dürfte zwischen Ihnen und dem Autohaus ein Kaufvertrag zustande gekommen sein. Zur Wirksamkeit des Kaufvertrages bedarf es zweier übereinstimmender Willenserklärungen, also Angebot und Annahme. Eine bestimmte Form muss hierzu nicht eingehalten werden. Zu beachten ist dabei, dass die Aushändigung eines Bestellformulars noch kein Angebot i.S.d. § 145 BGB darstellt. Mit dem Ausfüllen des Bestellformulars wird ein bindendes Angebot des Erwerbers abgegeben. In der Regel kommt der Kaufvertrag dann zustande, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung bestätigt. In Ihrem Falle liegt bisher eine solche Bestätigung nicht vor.
Allerdings werden die AGBs des Verkäufers regelmäßig wirksam in den Vertrag einbezogen. Häufig (wie auch in ihrem Fall) enthalten die AGBs hinsichtlich der Annahme des Angebots eine Annahmefiktion. Wird also der Annahme innerhalb einer bestimmten Frist nicht widersprochen, so gilt der Kaufvertrag als wirksam zustande gekommen. § 362 Abs. 1 HGB regelt die stillschweigende Annahme unter Kaufleuten, in ihrem Fall also obsolet. Der Verkäufer kann sich im Ergebnis nicht darauf berufen, dass der Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist.
Aus ihren Schilderungen kann ich weiter entnehmen, dass Sie zwingend am Kaufvertrag festhalten wollen. Insofern scheidet eine Anfechtung oder der Rücktritt vom Kaufvertrag aus. Liefertermine müssen grundsätzlich eingehalten werden. Unverbindliche Liefertermine dürfen um 6 Wochen überschritten werden (Neuwagenverkaufsbedingungen). Durch Corona verursachte Engpässe kann die Frist auf 4 Monate verlängert werden.
Ich würde Ihnen empfehlen, den Verkäufer schriftlich in Verzug zu setzen. Geben Sie ihm hierfür eine weitere Frist von ca 6 Wochen und weisen Sie darauf hin, dass ein dann eintretender Schaden von ihm zu ersetzen ist. Dann anfallende Mietwagenkosten könnten Sie dem Händler in Rechnung stellen.
Zum jetzigen Zeitpunkt dürfte ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht kommen. Bei einem Lieferverzug kommen grundsätzlich nur
- Ersatz des Verzugsschadens
- Rücktritt vom Kaufvertrag
- Schadensersatz statt der Leistung
in Betracht. Verzug ist bisher nicht eingetreten, da die Neuwagenverkaufsbedingungen eine zweite angemessene Frist zur Lieferung des bestellten Fahrzeugs voraussetzen. Zudem ist momentan nicht ersichtlich, welcher konkrete Schaden Ihnen entstanden ist.
Daher empfehle ich mein o.g. Vorgehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen. Im Übrigen freue ich mich natürlich über eine positive Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
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Rechtsanwalt Mohamed El-Zaatari
Schönen guten Tag und vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Ich vergas zu erwähnen, dass bereits zwei mal per Einschreiben eine Frist gesetzt (letzter Ablauf 30.07.22) wurde. Diese wurde ignoriert, da der ,,verfügbare'' Wagen nun nicht mehr verfügbar ist und aufgrund der politischen Lage etc. auch nicht sobald eintreffen wird.
Mein Problem ist, dass ich derweil ein sehr altes schlechtes Kfz fahre und darum keine Mietwagenkosten entstehen. Wäre ein Verzugszins oder Verzugsschaden durch Nichtnutzung denkbar? Der Verkäufer müsste mich doch so stellen, als hätte er geliefert. Bestellt wurde ein Sportwagen, fahren tue ich einen 15 Jahre alten Unfallkleinwagen. Meine Sorge ist, dass mich das Autohaus am langen Arm verhungern lässt wenn sie nicht regelmäßig zahlen müssen.
vielen Dank
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.
Ein Verzugsschaden durch Nichtnutzung kommt vorliegend nicht in Betracht. Lediglich ein Schadensersatzanspruch aufgrund eines Verzugsschadens, der tatsächlich entstanden sein muss. Beachten Sie auch, dass dem Verkäufer ein Verschulden anzulasten sein muss. Die neuste Rechtsprechung tendiert bei der aktuellen Halbleiterkrise dahin, dass ein Verschulden beim Verkäufer nicht vorliegt. Insofern müsste der Verzug auf den eigenen Betrieb des Verkäufers zurückzuführen sein.
Sollten Sie Schadensersatz statt der Leistung geltend machen (sie müssten so gestellt werden, als wäre die Leistung ordnungsgemäß erbrach worden), entfällt der Anspruch auf Leistung. Auch in diesem Falle müsste ein Verschulden auf Verkäuferseite vorliegen. Zwar wird grundsätzlich das Verschulden erstmal vermutet, der Verkäufer kann sich aber exkulpieren. Wie bereits erwähnt, ist die Rechtsprechung hinsichtlich der aktuellen Lieferengpässe im Automobilbereich sehr unternehmerfreundlich. Könnte der Verkäufer nachweisen, dass der Verzug auf die Halbleiterkrise zurückzuführen ist, fallen alle Schadensersatzpositionen weg. Es bliebe dann nur noch der Rücktritt vom Kaufvertrag.
Es tut mir leid ihnen keine andere Einschätzung mitteilen zu können. Die Autobesteller im gesamten Bundesgebiet werden momentan mit Lieferfristen von teilweise mehreren Jahren konfrontiert. Eine sehr ärgerliche Situation, aus rechtlicher Sicht bleiben aber nur wenig Möglichkeiten.
Ich hoffe ihre Nachfragen nunmehr zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und ich würde mich selbstverständlich über eine positive Rückmeldung freuen.
Mit freundlichen Grüßen
El-Zaatari
- Rechtsanwalt -