Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Frage beantworte ich Ihnen gerne wie folgt:
I. Aufbau einer Homepage
Grundsätzlich darf der Betriebsrat über tarifpolitische, sozialpolitische, umweltpolitische und wirtschaftliche Fragen informieren, da dies unter anderem zu seinem in § 74 Abs. 2
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)beschriebenen Aufgabenbereich gehört. Daher ist es zulässig, über rechtliche Vorgaben zur Betriebsratswahl zu informieren, da es sich insoweit um die Arbeitnehmermitbestimmung und damit um eine sozialpolitische Frage handelt.
Auch die Durchführung von Umfragen ist grundsätzlich zulässig. Zu beachten ist jedoch, dass nach 3 74 BetrVG ein Verbot für Aktivitäten besteht, die den Arbeitsablauf oder den Frieden des Betriebs beeinträchtigen. Der Arbeitsablauf wird z.B. dann gestört, wenn der Betriebsrat Arbeitnehmer dazu auffordert, Weisungen des Arbeitgebers nicht mehr zu befolgen. Eine Störung des Betriebsfriedens wird von den Arbeitsgerichten beispielsweise dann angenommen, wenn im Rahmen von Streitigkeiten das im BetrVG vorgesehene Verfahren nicht eingehalten wird, etwa indem der Betriebsrat die Korrespondenz mit dem Arbeitgeber am Schwarzen Brett veröffentlicht, um sie einseitig gegen den Arbeitgeber zu beeinflussen.
Verboten ist zudem die parteipolitische Betätigung des Betriebsrats. Sie setzt voraus, dass Ansichten konkreter politischer Parteien verbreitet werden (Flugblätter, Schriften, Anstecknadeln usw.). Allerdings ist die Thematisierung allgemeiner politischer Fragen ohne konkreten Parteibezug zulässig.
Zur Frage der technischen Umsetzung:
Der Betriebsrat hat zwar keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zurverfügungstellen einer eigenen Homepage. Er darf aber eine solche Homepage selbst einrichten. Falls es ein Intranet gibt, kann der Betriebsrat die Nutzung beanspruchen und selbständig über den Inhalt und die Informationen entscheiden. Dies gilt entsprechend, wenn eine eigene Homepage aufgebaut wird.
Allerdings sollte sichergestellt werden, dass betriebliche interne Daten nicht jedermann im Internet zugänglich sind, entweder, indem ein sicheres Passwort vorgeschaltet wird oder indem solche Daten nicht auf der Homepage enthalten sind.
Das bedeutet, dass Sie meines Erachtens keine allgemein im Internet zugängliche Homepage aufbauen sollten, gerade wenn Sie auch Umfragen zu betriebsinternen Themen virtuell ermöglichen wollen. Ansonsten würden Sie Gefahr laufen, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse öffentlich zu machen.
Von der Durchführung virtueller Diskussionen würde ich Ihnen abraten, da diese durch die Beiträge einzelner Arbeitnehmer leicht den Charakter parteipolitischer Diskussionen annehmen können.
Meines Erachtens sollten Sie versuchen,im Intranet (falls vorhanden) eine Homepage aufzubauen und sich darüber mit dem Arbeitgeber verständigen. Falls Sie eigenmächtig im allgemein zugänglichen Internet agieren, sollten Sie für eine Zugangssicherung für betriebsfremde Personen sorgen und sich idealerweise ebenfalls mit dem Arbeitgeber absprechen. Inhaltlich können Sie über sozial- und tarifpolitische Fragen entsprechend § 74 Abs. 2 BetrVG
sowie über Themen gem. § 80 BetrVG
(regelt allgemeine Aufgaben des Betriebsrats) informieren sowie über Aufbau und Aufgabenfelder des Betriebsrats. Auch Umfragen zu konkreten Fragen sind möglich, abraten würde ich Ihnen, wie erläutert, von virtuellen Diskussionen. Grundsätzlich sollten Sie das Verbot der parteipolitischen Betätigung im Auge behalten.
II. Zur Betriebsratsfähigkeit einzelner Betriebsteile:
Sie sind nach § 1
in Verbindung mit § 4 BetrVG
zulässig bei mehr als fünf Arbeitnehmern im Betriebsteil und zusätzlich entweder räumlich weiter Entfernung vom Hauptbetrieb oder eigenständiger Organisation und eigenständigem Aufgabenbereich. Für letzteres ist maßgeblich, ob es eine eigene Leitung gibt, die weitgehend selbständig entscheidet und ob ein eigenständiger arbeitstechnischer Zweck im Betriebsteil verfolgt wird.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen trotz der Kürze der Zeit einen ersten Überblick über die Voraussetzungen einer erfolgreichen Betriebsratstätigkeit verschaffen. Da Sie andeuten, dass Ihr Arbeitgeber der betrieblichen Mitbestimmung feindlich gegenübersteht, empfehle ich Ihnen, sich bei weitergehenden Fragen vor Ort anwaltlichen Rat (Fachanwalt Arbeitsrecht) einzuholen.
Mit freundlichen Grüßen aus Seevetal,
Friederike Schröder
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 29.08.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Schröder.
erst einmal vielen Dank für die Antwort.
Sobald ein Betriebsrat gewählt ist, werde ich auf jeden Fall das Intranet nutzen.
Mir geht es in erster Linie begleitend zur Wahl des BR alle Mitarbeiter über die Schritte der Wahl zu informieren. Wenn ich meinem Arbeitgeber zum jetzigen Zeitpunkt, wo es noch keinen BR gibt, um einen Platz im Intranet beten würde, müsste ich wahrscheinlich eine weitere Frage unter der Rubrik "Kündigung zulässig" stellen.
D.h. allgemeine Inhaltliche Fragen über sozial- und tarifpolitische Punkte sowie Themen gem. § 80 BetrVG sind okay.
Auch Abläufe der Wahl stellen kein Problem dar.
Ein Diskussionsforum würde ich dann erst mal lassen und anbieten, dass ich Fragen von Mitarbeitern nach Durchsicht, auf die Homepage stelle, sofern keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten sind.
Das müsste dann doch soweit in Ordnung sein, oder ?
Viele Grüße
Sehr geehrter Nutzer,
gerne beantworte ich auch Ihre Nachfrage.
Was die Einrichtung einer Homepage betrifft,geht das Bundesarbeitsgericht leider in die Richtung, die ich in meiner Antwort angedeutet habe. Es gibt ein Urteil aus dem Jahr 2010, nach dem die Einrichtung einer Homepage des Betriebsrats im (allgemein zugänglichen) Internet nicht zulässig ist, da der Arbeitgeber es nicht hinnehmen muss, dass betriebsinterne Informationen nach außen gelangen.Daher kann der Betriebsrat die Einrichtung einer solchen Homepage nicht beanspruchen, auch wenn er sie selbst erstellt. Zwar gibt es in Ihrem Fall noch keinen Betriebsrat, sondern es geht um die Begleitinformationen zur Betriebsratswahl. Ich meine, dass auch hier gilt, dass eine derartige Seite nicht ohne Zustimmung des Arbeitgebers eingerichtet werden kann, da auch hier betriebliche Abläufe betroffen sind. Eine Zustimmung Ihres Arbeitgebers werden Sie , so wie Sie ihn schildern, nicht erhalten.
Ich denke aber, dass es auch ohne ein solches Forum möglich ist, eine Betriebsratswahl durchzuführen. Beispielsweise könnten Sie entsprechende Aushänge im Betrieb vornehmen. dies kann Ihr Arbeitgeber nicht verweigern, da es sich um gesetzlich verankerte Arbeitnehmerrechte handelt.
Für die Wahl ist zunächst die Einsetzung eines Wahlvorstands erforderlich.In betriebsratslosen Betrieben wird er in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der Anwesenden gewählt ( vgl. § 17 BetrVG
).
Bezüglich der Einzelheiten des Wahlverfahrens hat der Wahlvorstand das Recht, sich von einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft beraten lassen bzw. einen Gewerkschaftsbeauftragten zu Sitzungen einzuladen (Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf v. 15.08.1980).Ab der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Wahlvorstand unterliegt er bis zum Ende der Wahl einem besonderen Kündigungsschutz.
In praktischer Hinsicht würde ich an Ihrer Stelle darüber nachdenken, ob Sie längerfristig bereit wären, sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Es hört sich für mich nämlich so an, als ob Ihr Arbeitgeber systematisch versucht, seine Arbeitnehmer an der Wahrung ihrer Rechte zu hindern.Auch wenn es rechtlich zulässig und sinnvoll ist, sich für die Schaffung eines Betriebsrats einzusetzen, müssen Sie nach meiner Einschätzung von Seiten Ihres Arbeitgebers mit Sanktionen bis hin zur Kündigung rechnen. Vielleicht wären Sie (wie sicherlich auch viele Ihrer Kollegen) in einem anderen, etwas liberaleren Unternehmen, auch zufriedener.
Freundliche Grüße und gutes Gelingen,
Schröder
Rechtsanwältin