Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.
Nach § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB
sind für den Betreuungsunterhalt die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten entsprechend anzuwenden. Auch beim Kindesunterhalt ist die Krankenversicherung zusätzlich zu zahlen, wenn das Kind nicht ohnehin beitragsfrei familienversichert ist. Der Beitrag zur Krankenversicherung ist somit Mehrbedarf.
Entsprechend ist auch beim Betreuungsunterhalt der Krankenversicherungsbeitrag nicht im Existenzminimum in Höhe von derzeit 800,- € monatlich enthalten, sondern zusätzlich zu zahlen. Ein weiteres Grundsatzurteil hierzu konnte ich jedoch nicht finden.
Der Erwerbstätigenbonus ist nur zu berücksichtigen, wenn Betreuungsunterhalt nach einer Quote zu zahlen ist. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Mutter vor der Geburt des Kindes mehr verdient hat als der unterhaltspflichtige Vater. Wenn die Mutter aber nur Unterhalt in Höhe des Existenzminimums von 800,- € oder gar weniger erhält, verbleibt dem Vater in jedem Falle der Selbstbehalt in Höhe von 1.100,- €. Er hat daher ohnehin mehr Geld zur Verfügung als die Mutter. Die weitere Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus wäre daher hier nicht sachgerecht. Anhand Ihrer Angaben ("EK - Unterhalt Kind - KV-Unterhalt - Selbstbehalt = Rest Unterhalt Ex") gehe ich aber davon aus, dass dies bei Ihnen gerade so ist.
Ich würde Ihnen aber dringend raten, die Unterhaltsberechnung von einem auf Familienrecht spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 18.08.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Hallo,
vielen Dank für die Antwort.
Der von mir zu zahlende Unterhalt an meine Ex-Partnerin sähe so aus:
mit KV-Unterhalt:
1100 EUR Unterhalt + 157 EUR KV + 257 EUR Kind
ohne KV-Unterhalt:
1178 EUR Unterhalt + 257 EUR Kind; von den 1178 müsste die Expartenrin dann die KV in Höhe von 157 EUR begleichen (Hinweis: zahlen stehen nicht zur Diskussion in diesem Thread).
Dass man von einem definierten "Existenzminimum" von zzT 800 EUR nicht auch noch die KV zu zahlen sein kann, leuchtet ein, da sonst schon fast eine Stellung wie beim SGB II erreicht wird.
Was aber, wenn die Zahlung - wie bei mir - weit über dem Existenzminimum liegt, ich stelle mit das dann so vor:
Bsp (nur Ex-Partner, Kind ist klar):
800 EUR Unterhalt + 150 EUR KV = 950 EUR Gesamtunterhalt; Existenzminimum gewahrt
900 EUR Unterhalt + 50 EUR KV = 950 EUR Gesamtunterhalt; Existenzminimum gewahrt
1000 EUR Unterhalt = 1000 EUR, davon von Ex für KV: 150 EUR;
über Existenzminimum
Hinweis: Das EK der Expartnerin vor der Geburt des Kindes lag höher als 1102 bzw. 1178 EUR, d.h. ich kann den Gesamtanspruch nicht befriedigen. Insgesamt ca 20% niedriger als mein EK.
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die weiteren Angaben.
Es ist in der Rechtsprechung umstritten, ob Krankenvorsorgeunterhalt zusätzlich zum Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 BGB
zu zahlen ist. Eine weitere höchstrichterliche Entscheidung konnte ich hierzu nicht finden, wobei aber auch dann zu beachten wäre, dass auch eine BGH-Entscheidung immer den Einzelfall entscheidet. Insofern könnte man in jede Richtung argumentieren.
Meines Erachtens ergibt sich aber aus §§ 1615l Abs. 3 S. 1
, § 1610 Abs. 1 BGB
, dass der Krankenvorsorgeunterhalt zusätzlich zu zahlen ist. Denn die Höhe des Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung der Bedürftigen. Wenn die Mutter also vor der Geburt erwerbstätig war, richtet sich die Höhe des Unterhalts nach dem vor der Geburt erzielten Einkommen der Mutter. War die Mutter in der GKV pflichtversichert oder freiwillig versichert, wurde der Beitrag vom Bruttoeinkommen abgezogen. Das Nettoeinkommen war entsprechend niedriger. Müsste die Mutter nun in der Elternzeit von dem so bestimmten Nettoeinkommen noch die Krankenversicherung zahlen, entspräche dies nicht mehr ihrer Lebensstellung vor der Geburt des Kindes.
Anders könnte es zu beurteilen sein, wenn die Mutter privat krankenversichert ist, denn dann hatte sie vor der Geburt ein höheres Nettoeinkommen, von dem sie die Krankenversicherung selbst zahlen musste. Dies entspricht daher ihrer Lebensstellung. In diesem Falle wäre daher vertretbar, dass die Mutter keinen weiteren Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt hat. Anders wäre es wiederum zu beurteilen, wenn die Krankenversicherung bei der Ermittlung des Nettoeinkommens schon abgezogen wurde.
Letztlich ist aber ohnehin der Anspruch der Mutter nach § 1615l BGB
auf den Halbteilungsgrundsatz begrenzt. Dies bedeutet, dass die Mutter nicht mehr als die Hälfte des Einkommens des Mannes (nach Abzug des Kindesunterhalts) bekommen darf. Sie sollten die Zahlen daher auf diesen Aspekt prüfen lassen, wenn Ihnen nur 1.100,- € verbleiben und die Mutter insgesamt 1.257,- € erhält.
Die Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus wird überwiegend abgelehnt, ist aber auch noch nicht höchstrichterlich entschieden. Dies wird damit begründet, dass auch beim Verwandtenunterhalt, auf den § 1615l Abs. 3 BGB
verweist, kein Erwerbstätigenbonus berücksichtigt wird. Ich halte dies aber für inkonsequent, wenn man einerseits die vor der Geburt nicht erwerbstätige Mutter auf das Existenzminimum verweist und dem Vater so ein höheres Einkommen, nämlich 1.100,- €, belässt. War die Mutter aber erwerbstätig, soll dem Vater kein Erwerbsanreiz verbleiben. Sie könnten daher durchaus vertreten, dass Ihnen der Erwerbstätigenbonus zusteht. Ob dem ein Richter folgt, kann aber nicht vorhergesagt werden.
Ich hoffe, ich konnte die Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann
Rechtsanwältin