Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt, wobei es sein kann, dass diese Antwort vielleicht ein wenig hastig ausfällt, da nach zwei unterschiedlichen Bauprojekten gefragt wird.
Zum ersten Objekt.
Gegen die Untersagungsverfügung aus 2006/2007 kann man heute nichts mehr machen, da die Widerspruchs- und Klagefristen von einem Monat längst abgelaufen sind (§ 70 VWGO).
Soweit ich Sie richtig verstehe, wollen Sie heute vorzugsweise wieder versuchen eine Nutzungsänderungs/Baugenehmigung mit annährend gleichem Inhalt zu stellen, da Sie wieder neue Wohnungen bauen wollen. Soweit der Bauantrag annährend den gleichen Inhalt hat wie damals, wird die Behörde ihn aufgrund ihrer Selbstbindung und auch aufgrund der Rechtskraft der damaligen Bescheide auch wieder nicht genehmigen. Wenn Sie dagegen einen Bauantrag mit einem anderen Inhalt als damals stellen, etwa weil sie das Haus jetzt insgesamt zu einem Bürogebäude oder einem Lager umbauen wollen, ist das natürlich einer neuer Sachverhalt der durch die Behörde neu zu prüfen und neu zu bescheiden ist.
Ob etwa eine geänderte Nutzung von mehr als 20%Nicht-Wohnungen, z.B. ein Umbau zum Lager heute genehmigungsfähig ist, hängt auch von weiteren Umständen ab: Davon ob man im Innenbereich oder im Außenbereich ist, ob es einen Bebauungsplan gibt, was dieser vorsieht, ob das Gebäude etwa in einem Mischgebiet, wonach der Sachverhalt etwas klingt oder in einem reinen Wohngebiet oder in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Nutzen Sie bitte insoweit die kostenlose Nachfragefunktion.
Sie erwähnen am Rande, dass es schon 2006/2007 ein Problem mit der Einhaltung der Abstands-flächen (§ 6 Sächs. BauO) gab, auf deren Einhaltung bei der Grundstücksteilung Anfang der Neunziger niemand geachtet hätte. Hier könnte jetzt in der Tat der von Ihnen in der Überschrift erwähnte Bestandsschutzgedanke relevant werden, aber nur wenn heute jemand auf deren Einhaltung für die bestehende Bebauung bestehen sollte. Daraus lässt sich aber kein Anspruch auf eine Baugenehmigung für eine geänderte Nutzung bzw. Erweiterung ableiten. Es ist von der Grundidee her schützbar, was besteht, sofern weitere Voraussetzungen erfüllt sind und nicht, was geplant ist.
Sie fragen bezüglich Objekt 1, ausdrücklich danach, welche Nutzung dieses Objekt denn nun hat. Aus dem Sachverhalt wie er geschildert ist, beantwortet sich diese Frage fast von selbst. Maßgeblich ist die letzte erteilte Bauge-nehmigung von Anfang der Neunziger: 80%
Wohnungen, 20% etwas Anderes, das nicht im Sachverhalt angegeben ist. Auf die Baugenehmigung für die Fabrik von 1905 auf dem Gesamtgelände kommt es natürlich nicht an, wenn dass hier die eigentliche Frage sein sollte, weil diese durch die zwischenzeitliche Teilung des Gesamtgrundstücks in zwei Teilflächen aufgehoben ist.
Auf Bestandsschutz könnte sich hier etwa der heutige Inhaber der Fabrik, wenn es diese noch geben würde, evtl. berufen, falls das Bauamt sich an irgendetwas stört, das nach heutiger Rechtslage baurechtswidrig ist aber z.B. nach dem Baurecht der DDR damals baurechtsgemäß war.
Nun Zum zweiten Objekt:
Wenn Sie schon eine Baueinstellungsverfügung (§ 76 Säch. BauO) und eine Abrissverfügung bezügl. der Aufstockung samt Androhung von deren Vollstreckung erhalten haben, müssen Sie natürlich auch hier erstmal die vierwöchige Widerspruchsfrist beachten.
Im übrigen darf die Behörde eine Abrißverfügung und eine Baueinstellung erlassen, wenn die Voraussetzungen baurechtswidrige Zustände bestehen (§ 77 Säch. BauO). Die Behörde scheint anzunehmen, dass das hier der Fall ist, weil auch nach nachgeholtem Bauantrag noch die Zustimmung des Nachbarn für die Eintragung einer Baulast fehlt. Leider ist hier nicht klar, von welcher Bestimmung der sächsischen Bauordnung durch die Eintragung einer Baulast konkret abgewichen werden soll. Bekannt ist nur, dass es die Baulast sich auf eine Ackerfläche bezieht. Geht es hier auch um Abstandflächen, Wegerechte oder Geh-Fahr-und Leitungsrechte zur Sicherung der Erschließung?
Es gibt seltene Fallgruppen, in denen der Bauherr gegen den Nachbarn einen durch Treu und Glauben gerechtfertigten einen Anspruch auf Erteilung dieser Zustimmung haben kann, insbesondere bei Wegerechten. Bei Abstandsflächen, um die es hier vermutlich geht, weil umso größerer Abstand zu halten ist, je höher ein Gebäude durch die Aufstockung wird, ist mir allerdings keine bekannt. Um das genau prüfen zu können, müsste ich zumindest wissen, was hier durch die Baulast gesichert werden soll? Nutzen Sie bitte insoweit ggf. die kostenlose Nachfragefunktion. Ein erstes Indiz für einen solchen Ausnahmefall könnte hier sein, dass der Nachbar die Zustimmung zum Bauvor-bescheid anscheinend schon erteilt hat. Das wird zwar für sich genommen nicht reichen, um diesen herzuleiten, aber ein Indiz - immerhin.
Ich würde Ihnen gerne etwas Positiveres mitteilen, nur sehr ich das auf der Basis des bislang mitgeteilten Sachverhalts leider nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ra. Jahn