Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes wie folgt beantworte. Ich weise darauf hin, dass das Hinzufügen bzw. Weglassen von wesentlichen Sachverhaltsbestandteilen zu einem völlig anderen rechtlichen Ergebnis führen kann. Dieses Medium dient dazu, Ihnen eine erste rechtliche Orientierung zu verschaffen, kann und soll keinesfalls die Beratung bei einem Kollegen vor Ort ersetzen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass die Auslegung der vorliegenden Testamente einzig durch das Gericht vorgenommen werden kann, so dass ich Ihnen hier keine Rechtssicherheit bieten kann.
Bei dem Testament, was die Eltern gemeinsam errichtet haben, handelt es sich um ein Ehegattentestament. Die Qualifizierung zum Berliner Testament lässt sich aufgrund des Wortlauts nicht eindeutig feststellen, da keinerlei Verfügungen für den Fall des Ablebens des überlebenden Ehegatten getroffen worden sind. Gerade der Umstand, dass Kinder vorhanden sind, hätte die Erblasser bewegen können, diese als Schlusserben einzusetzen. Davon ist aber abgesehen worden und es ist noch nicht einmal eine sog. Pflichtteilsstrafklausel vorhanden, die im Wege der Auslegung als bindende Schlusserbenbestimmung angesehen werden könnte.
Insofern wäre davon auszugehen, dass sich die Eltern gegenseitig zu Vollerben eingesetzt haben mit der Folge, dass sie in ihrer Testierfähigkeit nach Ableben des Erstversterbenden nicht eingeschränkt sind. Deswegen dürfte es hier möglich gewesen sein, dass der Vater über seinen Nachlass frei verfügen durfte, da aus dem vorliegenden Testament keinerlei Bindungswirkungen ersichtlich sind.
Aus Ihrer Sachverhaltsschilderung lässt sich nur vermuten, dass Ihr Vater nunmehr Ihre Schwester zur Alleinerbin eingesetzt hat.
Raum für eine ergänzende Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments besteht hier kaum, es sei denn es könnten noch weitere Aspekte im Sinen einer Sachverhaltsergänzung vorgetragen werden.
Zu prüfen wäre hier tatsächlich, ob der Pflichtteilsanspruch nach der Mutter noch geltend gemacht werden kann, da Sie von der ersten Verfügung der Eltern keine Kenntnis hatten.
Ich empfehle Ihnen dringend, sich kurzfristig in die anwaltliche Vertretung eines Fachanwaltes für Erbrecht vor Ort zu begeben, der dann anhand der vorliegenden Dokumente prüfen kann, welche Ansprüche und Lösungswege sich Ihnen bieten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen eine erste rechtliche Orientierung verschaffen, Bitte nutzen Sie die kostenlose Nachfragefunktion, wenn noch Fragen offen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Rösemeier
- Rechtsanwalt -
Diese Antwort ist vom 01.10.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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