Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Bedarf des privilegiert volljährigen Kindes richtet sich nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern, die anteilig nach Ihren Einkommensverhältnissen diesen Bedarf zu decken haben. Dabei wird dieser dann stets aus der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle entnommen (BGH, Urteil vom 9. 1. 2002 - XII ZR 34/00).
Zur Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens der Kindeseltern ist eine Berechnung vorzunehmen, so wie sie bei Unterhaltsverhältnissen üblich ist.
Aus Seiten der Kindesmutter muss man damit zunächst mit dem Einkommen aus Elterngeld rechnen, das nach den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes, welche hier anwendbar sind, Einkommen darstellt.
Beim Kindesvater, der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt, sind diese unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Dieses wird -wenn hier Auskunft erteilt worden ist- in der Regel aus dem Einkommen des letzten Kalenderjahres ermittelt.
Hier weisen die vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen ein gekürztes Einkommen des Kindesvaters aus, da coronabedingt KUG bezogen worden ist. Neben den Lohn- und Gehaltsabrechnungen sollte zudem zur Einkommensermittlung auch der letzte Steuerbescheid beigezogen werden.
Ob eine solche Kürzung der Einkünfte zu akzeptieren ist, soweit dies die Einbußen durch Corona und den Bezug von KUG anbelangt, ist bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Da privilegiert volljährige Kinder gem. § 1603 II BGB den minderjährigen gleichstehen und demgemäß die Eltern alles zu unternehmen haben um den Bedarf sicherzustellen, sind hieran hohe Anforderungen für den unterhaltspflichtigen Vater zu stellen. Er hat jedenfalls eine volle Erwerbsobliegenheit, so dass eine 30 Stundenwoche den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen nicht genügt.
Was die Coronabedingten Einbußen anbelangt, so gilt:
Die Rechtsprechung sieht kurzfristige Minderungen der Leistungsfähigkeit als unbeachtlich an, wenn sie vorhersehbar sind und für ihre Dauer Vorsorge getroffen werden kann (vgl. etwa: OLG Brandenburg, Urteil vom 12.01.1995 - 9 UF 90/94)
Da Corona kein vorhersehbares Ereignis war und damit niemand zu Anfang die Chance hatte, sich hierauf einzustellen, wird mehrheitlich in der familienrechtlichen Literatur die Ansicht vertreten, dass jedenfalls für das Jahr 2020 eine Kürzung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen für einen gewissen Zeitraum hinzunehmen ist, wobei hier die Rechtsprechung davon ausgeht, dass der Unterhaltspflichtige jedenfalls nach einem Jahr Bezug von KUG gehalten ist, einen anderen Job zu suchen, damit die wirtschaftliche Einbuße zu Lasten des Kindesunterhaltes abgestellt wird. Da jetzt bereits Mitte 2021 ist und die Pandemie seit mehr als 12 Monaten andauert, halte ich daher den Rückzug des Vaters auf mangelnde Leistungsfähigkeit wegen des Bezuges von KUG nicht für gerechtfertigt (vgl. auch OLG Köln Urteil vom 26. 9. 2002 - 14 UF 133/01)
Der geldwerte Vorteil Firmenwagen aber auch die kostenlose Arbeitskleidung sind jedenfalls unterhaltrechtlich relevantes Einkommen des Kindesvaters, wie im übrigen auch die zitierten Leitlinien (dort Ziff. 4) vorgeben. Der geldwerte Vorteil Firmenwagen kann jedenfalls mit dem Steuerwert als Einkommen angesetzt werden (vgl. etwa: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.8.2015 – 2 UF 69/15) Gleiches gilt für die monatlichen Einkünfte in Höhe von 250 Euro durch die Zuwendung des Sohnes, es sei denn, es handelt sich um freiwillige Zuwendungen, die der zuwendende Sohn ausdrücklich für den Unterhalt als nicht relevant bezeichnet hat. Dies würde ich hier aber zunächst nicht annehmen.
Das mietfreie Wohnen im Haus der Lebensgefährtin rechtfertigt gem. Ziff. 6 der Leitlinien auch eine Zurechnung weiteren Einkommens, i.d.R. im Bereich von rund 200 Euro monatlich.
Ich hoffe, Ihnen hiermit vorab geholfen zu haben und stehe für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Klein
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Klein
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Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht
Gilt die Corona-Regelung gleich Krankengeld im gleichen Bezugsraum?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Wenn der Unterhaltspflichtige krank ist und über einen längeren Zeitraum Krankengeld gem. § 44 SGB V bezieht und zudem nachweist, dass er alles tut, um die Krankheit zu bekämpfen und wieder gesund zu werden, dann wird man dem Unterhaltspflichtigen dieses Einkommen aus Krankengeld als unterhaltsrechtlichen Einkommen zusprechen. Dies kann dann dazu führen, dass Unterhalt auch für minderjährige Kinder nur eingeschränkt gezahlt werden muss.
Allerdings ist in diesem Fall dann der Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners anzusetzen.
Ich hoffe, Ihnen hiermit geholfen zu haben und stehe für Rückfragen, auch über meine email Adresse direkt, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Klein