Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die unterhaltsrechtlich beachtlichen persönlichen Abzüge beim abhängig Tätigen kann man in Gruppen aufteilen (vgl. auch Scholz, Anmerkung zu BGH, FamRZ 1990, 1089 ff.; Hampel, FamRZ 1980, 21 ff.):
1.
Zusatzaufwendungen für Kranken- und Altersvorsorge,
2.
die mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwendungen,
3.
gesundheitsbedingte Aufwendungen,
4.
Schulden und
5.
sonstige Aufwendungen.
Abzugsfähig sind zunächst die neben den gesetzlichen Abzügen eines Unterhaltspflichtigen geleisteten zusätzlichen Aufwendungen für Kranken- und Altersvorsorge in angemessenem Umfang.
Voraussetzung bei der privaten Krankenversicherung ist jedoch zunächst, dass sie im angemessenen Verhältnis zu den monatlichen Einkünften steht (so schon AG Bayreuth, FamRZ 2005, 747
). Weiterhin muss das Erfordernis der zusätzlichen Krankenversicherung erkennbar sein, was bei einer Vollzeitarbeitstätigkeit und der damit einhergehenden Absicherung für den Krankheitsfall eine entsprechende Darlegung erforderlich macht, die jedoch erleichtert wird durch die bekannten Einschränkungen bei den Krankenkassen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Rdnr. 28, FamRZ 2014, 772
).
Im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung ist es grundsätzlich anzuerkennen, dass neben der primären Altersvorsorge Leistungen für eine private Altersvorsorge erbracht werden müssen, um den Lebensstandard im Alter zu sichern (BGH, FamRZ 2009, 1207
; BGH, FamRZ 2005, 1817
; BGH, FamRZ 2004, 792
). Entsprechende Aufwendungen kann der Unterhaltspflichtige wie auch der Unterhaltsberechtigte daher einkommensmindernd geltend machen. In Anlehnung an den Höchstförderungssatz der sogenannten Riester-Rente hat der BGH die Berücksichtigung einer zusätzlichen Altersvorsorge jedoch grundsätzlich auf einen Betrag i.H.v. 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres begrenzt (BGH, FamRZ 2005, 1817
, 1821, 1822).
Daneben kommen als persönliche Abzüge alle mit der Ausübung der Berufstätigkeit verbundenen Aufwendungen (= Werbungskosten) in Betracht. Hierzu zählen Kosten für Arbeitskleidung, Fahrtkosten, Gewerkschaftsbeitrag, Beiträge zu Berufsverbänden, Beiträge für eine Berufsunfähigkeitsversicherung, ein Arbeitszimmer oder Fortbildungskosten. Weder anhand der unterhaltsrechtlichen Leitlinien noch in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte lässt sich eine einheitliche Handhabung der Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen feststellen.
Nicht zu den anrechnungsfähigen persönlichen Abzügen zählen Belastungen, die jedermann in gleicher Weise treffen, also die Kosten der allgemeinen Lebenshaltung. Die Aufwendungen für Essen, Trinken, Kleidung, Wohnen, Kultur und Urlaub sind aus dem Selbstbehalt zu bestreiten (BGH, FamRZ 1982, 250
= NJW 1982, 822
). Hausrats-, Rechtsschutz- und private Haftpflichtversicherungen sind ebenfalls keine unterhaltsrechtlich relevanten Abzugsposten. Bei Unfallversicherungen wird dies auf den Einzelfall ankommen.
Konsumkredite für Haushaltssachen, Möbel oder Pkw können dem Unterhaltsgläubiger grundsätzlich nicht entgegengehalten werden (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 1992, 682
, 683; OLG Hamm, FamRZ 1990, 998
, 999). Das gilt auch für Spielschulden (OLG Hamm, FamRZ 1992, 1178
, 1179).
Im Rahmen der unterhaltsrechtlichen Einkommensermittlung sind ehebedingte Verbindlichkeiten, sofern sie tatsächlich regelmäßig getilgt werden, i.d.R. zu berücksichtigen, wobei jedoch eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen hat (BGH, NJW 2003, 1178, 1179; BGH, FamRZ 2002, 536
, 537 f.). Schulden können daher auf der Seite des Unterhaltsverpflichteten im Rahmen der Vorschriften der §§ 1603 Abs. 1 (Kindesunterhalt), 1581 Satz 1 BGB (Ehegattenunterhalt) und § 59 Abs. 1 Satz 1 EheG (Ehegattenunterhalt nach altem Recht) als unterhaltsrechtlich relevanter Abzugsposten berücksichtigungsfähig sein (BGH, FamRZ 2002, 536
, 537). Sie mindern dann die Leistungsfähigkeit. Das setzt allerdings voraus, dass sie auch tatsächlich zurückgeführt werden (BGH, FamRZ 1995, 540
, 543; OLG Hamm, FamRZ 1995, 1488
; Soergel/Häberle, § 1581 BGB
Rdnr. 17)
[Zusammenfassend: 1x1 des Familienrechts, Deubner]
Die Berechnung erfolgt:
Brutto ./. Abzüge ./. obige Posten = einzusetzendes Einkommen
Dann Ermittlung nach Düsseldorfer Tabelle.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Stefan Steininger
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Rechtsanwalt Stefan Steininger
Hallo Herr Steininger,
besten Dank für Ihre Antwort.
Bitte beantworten Sie mir in diesem Zusammenhang noch folgendes:
Eine Darlehsrückzahlung für den Erwerb eines eigenen, eigens bewohnten Hauses kann - wie oben festgestellt - im Rahmen "Berücksichtigung einer zusätzlichen Altersvorsorge jedoch grundsätzlich auf einen Betrag i.H.v. 4 % des Gesamtbruttoeinkommens..." als Altersvorsorge berücksichtigt werden.
Muss sich der Unterhaltsschuldner (für obiges Haus) Wohnvorteil angerechnen lassen, und wenn ja, in welcher Höhe?
Konkret ist es allerdings so, dass besagte Immobilie erst nach der Scheidung und diesbezüglichem Ausgleich zusammen mit der neuen Lebenspartnerin angeschafft, bewohnt und zu gleich Teilen über besagtes Darlehn finanziert wird.
Besten Dank und viele Grüße
Grundsätzlich ist die monatliche Belastung abzuziehen, dafür aber ein Wohnwert fùr die selbst genutzte Immobilie dem Einkommen zuzuschlagen.
Die Höhe entspricht den, was üblicherweise für diese Wohnung/Haus an Miete gezahlt wird.