Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Die von Ihnen beauftragte Rechtsanwältin hat eine 1,0 Geschäftsgebühr von einem Gegenstandswert von 227.550,00 € zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Rechnung gestellt.
Damit stellt sich die Frage, ob hier eine Beratungstätigkeit oder eine außergerichtliche Tätigkeit, die den Anfall einer Geschäftsgebühr auslöst, vorliegt.
Wenn der Rechtsanwalt den Mandanten außergerichtlich vertritt, entsteht eine Geschäftsgebühr. Maßgeblich ist stets der Auftrag, den der Mandant erteilt hat.
Ihr Auftrag umfaßt zwei Teile:
- Die Rechtsanwältin sollte den Kaufvertrag prüfen und
- Sie zum Notartermin begleiten, um Sie zu "warnen", falls etwas nicht in Ihrem Sinne laufen würde.
Grundsätzlich fällt die Geschäftsgebühr nicht nur dann an, wenn Ansprüche gegen einen Dritten geltend gemacht werden sollen, sondern auch im Rahmen der Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Durch die Tätigkeit der Rechtsanwältin beim Notar hat sie bei der Gestaltung des Vertrages mitgewirkt, indem sie an der Besprechung mit dem Notar teilgenommen hat.
Damit ist meiner Auffassung nach die Geschäftsgebühr (und nicht bloß eine Beratungsgebühr) angefallen.
2.
Ob Sie sich "gestritten" haben, ist unmaßgeblich. Ich nehme an, daß Sie hier den Begriff des "Streitwerts" ansprechen. Der Begriff "Streitwert" kann auch durch den Begriff "Gegenstandswert" ersetzt werden.
Bei der Prüfung eines Kaufvertrags ist der Kaufpreis als Gegenstandswert anzusetzen; vgl. § 23 Abs. 3 RVG
in Verbindung mit § 20 KostO
.
3.
Aus den vorgenannten Gründen halte ich die Rechnung der Rechtsanwältin für angemessen. Indem sie mit dem Ansatz einer 1,0 Gebühr unter der Mittelgebühr geblieben ist, wird man auch die Höhe der 1,0 Gebühr nicht beanstanden können.
Noch eine Ergänzung: Am Schluß fragen Sie, welche Gebühr ggf. für das "Durchlesen des Kaufvertrags" angemessen werden. Das bloße Durchlesen wird nicht Ihr Auftrag gewesen sein, sondern, wie Sie eingangs auch sagen, die Prüfung des Vertrags.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 05.05.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
Aachener Strasse 585
50226 Frechen-Königsdorf
Tel: 02234-63990
Web: http://www.ra-raab.de
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Raab,
unter "Notartermin" meinen wir eigentlich "Unterzeichnung des Kaufvertrages vor dem Notar". Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag bereits vollständig gestaltet. Es ging daher um reine Beratung. Was wäre dafür angemessen zu berechnen?
Grüße.
Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
I.
Soweit Sie schreiben, der Auftrag sei auf eine reine Beratungstätigkeit gerichtet gewesen, handelt es sich um eine rechtliche Wertung, die Sie treffen. Ob diese Wertung richtig ist, hängt davon ab, wie der Auftrag tatsächlich erteilt worden ist.
In meiner Antwort hatte ich unter Ziffer I. dargelegt, daß aufgrund der Wahrnehmung des Notartermins und unter Zugrundelegung des geschilderten Sachvortrags eher vom Anfalll einer Geschäftsgebühr als von einer Beratungsgebühr auszugehen sei.
Natürlich müssen hier die genauen Umstände geklärt werden.
Ggfls. sollten Sie bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer klären lassen, welche Gebühr nach Auffassung der Kammer - unter Zugrundelegung des vollständigen Sachverhalts - angefallen ist.
II.
Sollte man zu der rechtlichen Würdigung gelangen, es sei nur eine Beratungsgebühr anzusetzen, gilt folgendes:
Der Rechtsanwalt muß vor der Beratung mit dem Mandanten die Höhe der Vergütung vereinbaren. Es ist empfehlenswert, eine solche Gebührenvereinbarung schriftlich festzuhalten.
Nach dem Sachverhalt gibt es eine solche Gebührenvereinbarung nicht. Wenn im Rahmen eines Beratungsmandats keine Vergütungsvereinbarung getroffen worden ist, erhält der Rechtsanwalt gemäß § 34 Abs. 1 S. 2 RVG
die Gebühren nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Damit ist die Vergütung gemäß § 612 BGB
gemeint.
Wenn keine Vergütungsvereinbarung - wie im vorliegenden Fall - geschlossen worden ist und wenn der Auftraggeber, und so verhält es sich auch hier - ein Verbraucher ist, kann der Rechtsanwalt als Vergütung gemäß den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts höchstens 250,00 EUR erhalten; vgl. § 34 Abs. 1 S. 3 RVG
. D.h., hier liegt, handelt es sich bei dem Mandanten um einen Verbraucher, eine Begrenzung des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts vor.
Hinzu kommen ggfls. die Auslagenpauschale und selbstverständlich die Umsatzsteuer.
Handelt es sich dagegen nur um ein erstes Beratungsgespräch, wovon man hier jedoch - nach Ihrer Schilderung - nicht ausgehen kann, beträgt die Vergütung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts maximal 190,00 EUR zzgl. ggfls. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer.
III.
Daß Sie mit der Bezeichnung „Notartermin“ jenen Termin angesprochen haben, zu dem der Kaufvertrag unterzeichnet werden sollte, ist klar. Davon bin ich bei meinen Überlegungen auch ausgegangen. Zu bedenken ist aber, daß Sie Wert darauf gelegt haben, daß Ihre Rechtsanwältin Sie zu diesem Termin begleitet. Wie Sie eingangs schreiben, sollte die Rechtsanwältin Sie warnen, „falls irgendetwas nicht rechtgemäß laufen würde“.
Dieser Auftrag ist schon wesentlich weitreichender als es jetzt in der Nachfrage erscheint. Aufgrund Ihrer Nachfrage wäre die Anwesenheit der Rechtsanwältin eigentlich überflüssig gewesen und es würde sich die Frage stellen, weshalb Sie Wert darauf gelegt haben, die Rechtsanwältin zu beauftragen, bei dem Notartermin persönlich zugegen zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
(Rechtsanwalt)