Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Das ist keine schöne Situation, die Sie da erlebt haben. Allerdings ist es ja so, dass - wenn Sie den jungen Mann zur Anzeige bringen - Sie damit zugleich sich selbst anzeigen bezüglich der von Ihnen begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit. Das Verhalten des jungen Mannes lässt sich ja nicht darstellen, ohne zugleich zuzugeben, dass Sie Ihrerseits eine Nötigung begangen haben, indem Sie den rechtmäßig fließenden Verkehr eingeengt/blockiert haben.
Dennoch darf ein anderer Verkehrsteilnehmer, der sich - wenn auch vielleicht zurecht - behindert fühlt, nicht derart aggressiv auftreten. Er hätte Ihnen die Gelegenheit geben sollen, die Situation darzustellen. Das folgt aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr (§ 1 StVO
).
Einerseits möchte ich Ihnen empfehlen, dass rüde und unangemessene Verhalten des jungen Mannes tatsächlich der Polizei gegenüber bekannt zu machen. Sie müssten dafür keine Tatbestände (Nötigung, Beleidigung) benennen, sondern nur das schildern, was sich zugetragen hat. Zu Ihrer eigenen Rechtfertigung müssten Sie deutlich darauf hinweisen, dass es sich nur um einen Feldweg gehandelt hat und dass Sie einer in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkten (schwerbehinderten) Dame zu Diensten sein wollten. Dies mag die begangene Ordnungswidrigkeit - wenn nicht rechtfertigen, so doch - in ihrer zu ahndenden Wirkung abschwächen.
Andererseits besteht dann die Gefahr, dass Sie gleichwohl zum "Haupttäter" gestempelt werden, zumal dann, wenn Sie an Polizeibeamte geraten, die für die besondere Situation kein Verständnis aufbringen, sondern Sie zunächst einmal straf- bzw. ordnungsrechtlich angehen. Ob Sie sich dieser Situation und diesem Risiko aussetzen wollen, weil Sie das Verhalten des jungen Mannes auf jeden Fall straffälliger finden als Ihr eigenes, kann ich Ihnen nicht mit ganzem Herzen empfehlen, aber ich hätte großes Verständnis dafür, wenn Sie so vorgehen wollten.
Wenn Sie noch eine Nachfrage haben, dann wenden Sie sich gerne noch einmal an mich im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion.
Vorerst verbleibe ich mit freundlichen Grüßen!
Elisabeth v. Dorrien
Rechtsanwältin