Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
In einer Jugendamtsurkunde erkennt der Unterhaltsschuldner an, dass er dem Kind den drin genannten Betrag schuldet. Die Jugendamtsurkunde ist ein Vollstreckungstitel, d.h. wird der Unterhaltsbetrag – in Ihrem Fall der Mindestunterhalt - nicht gezahlt, kann außer einer Mobiliarvollstreckung insbesondere eine Lohnpfändung bzw. eine Kontopfändung von dem Unterhaltsgläubiger betrieben werden. Weiterhin ist Ihre Lebensgefährtin nicht verpflichtet, die geforderte Jugendamtsurkunde zu unterzeichnen. Leistet sie der Aufforderung des Jugendamtes jedoch nicht Folge, besteht das Risiko, dass eine Unterhaltsklage bei dem zuständigen Familiengericht gegen sie erhoben wird.
Inwiefern eine Klage auf Zahlung des Mindestunterhalts Erfolg haben wird, hängt von der Leistungsfähigkeit Ihrer Lebensgefährtin ab. Insofern haben Sie zwar mitgeteilt, dass Ihre Lebensgefährtin aktuell netto EUR 930,- bis EUR 935,- verdient, damit unter dem Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern von EUR 950,- liegt und eine Leistungsfähigkeit hiernach zu verneinen wäre. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass gegenüber minderjährigen Kindern eine verschärfte (gesteigerte) Unterhaltspflicht besteht, d.h. von dem Unterhaltsschuldner werden besondere Anstrengungen erwartet, nicht nur für den existenziellen, sondern auch für den nach ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedarf der Kinder zu sorgen. Im Einzelnen ergeben sich aus dieser gesteigerten Erwerbsobliegenheit folgende Verpflichtungen:
Von dem Unterhaltsschuldner wird ein besonderer Einsatz bei der Erwerbstätigkeit und bei den Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit erwartet. Reichen die Einkünfte aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nicht aus, um den Mindestunterhalt zu zahlen, kann die Ausübung einer Nebentätigkeit in Betracht kommen, um das Einkommen zu erhöhen. Nachdem Ihre Lebensgefährtin einer 30-Stunden-Tätigkeit nachgeht wird somit geprüft werden müssen, ob ihr eine Nebentätigkeit zugemutet werden kann. Hierbei wird der Umfang und die Anforderungen der bereits ausgeübten Tätigkeit Ihrer Lebensgefährtin zu berücksichtigen sein. Grundsätzlich gilt aber: Arbeitet der Unterhaltspflichtige weniger als 40 Stunden in der Woche , kann eine Nebentätigkeit verlangt werden. Denn bei einer gesteigerten Unterhaltspflicht hat sich die Erwerbspflicht mindestens an der Höchstgrenze der regelmäßigen Erwerbstätigkeit orientieren. Weiterhin ist das Arbeitszeitgesetz zu berücksichtigen, so dass eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden die obere Grenze der Zumutbarkeit darstellen wird. Im Hinblick auf die Hortunterbringung der 6 jährigen Tochter wird Ihrer Lebensgefährtin voraussichtlich eine Nebenbeschäftigung zugemutet werden können. Dem können in einem Unterhaltsprozess jedoch ggf. erfolglose aber ausreichende Erwerbsbemühungen für eine Nebenbeschäftigung oder fehlende reale Beschäftigungschancen mit Erfolg entgegengehalten werden.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
J. Petry-Berger
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 15.01.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Ich habe noch eine Nachfrage.
Meine Lebensgefährtin Arbeitet in meinen Betrieb von 9 bis 15 Uhr . Um 16 Uhr muss sie bereits die Tochter von der OGATA abholen . Von derwegen müsste sie sich ja einen ganz neuen JOB suchen. Würde es hierbei ausreichen wenn sie Bewerbungen für eine Vollzeit stelle von 40 Stunden versendet.
Es würden ja gerade mal 0,5 Stunden Pro Tag bleiben um eine neue Beschäftigung nachzugehen . Weil das Kind ja sich bereits ab 6:30 mit der Mutter aufsteht . Also hat meine Lebensgefährtin weder vor noch nach der jetzigen Arbeitszeit nicht wirklich die Zeit eine weitere Beschäftigung nachzugehen.
Und zu guter letzt wenn wir nun heiraten und meine Person ein Einkommen von 5950 Euro Brutto hat , werden dann meine Firma sowie Gehalt ihr als Zugewinn angerechnet?
Wir bedanken uns für ihre Antwort und wünschen ihnen alles gute.
Sehr geehrter Fragesteller,
für die Frage, ob Bewerbungen für eine Vollzeitstelle mit 40 Stunden pro Woche die Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit Ihrer Lebensgefährtin erfüllen, werden insbesondere die Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sein. D.h. es wird zu prüfen sein, ob diese ausgeschöpft werden. Bestehen Kindergartenöffnungszeiten von beispielsweise 7:15 Uhr bis 18:30 Uhr, die Ihrer Lebensgefährtin eine Vollzeitbeschäftigung von über 40 Stunden die Woche ermöglicht, könnten Bewerbungen für Beschäftigungen mit 40 Stunden die Woche unter Umständen als nicht ausreichend angesehen werden. Da im Rahmen der Erwerbsobliegenheit stets eine Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände erforderlich ist, kann Ihre Nachfrage jedoch leider nicht verbindlich beantwortet werden.
Grundsätzlich besteht für den Unterhaltsschuldner eine Vermögensverwertungspflicht, um den Mindestkindesunterhalt zu decken. Den Vermögensstamm muss der Unterhaltsverpflichtete jedoch nicht angreifen. Erwirbt Ihre Lebensgefährtin während der Ehe Vermögenswerte, wird dieser Vermögenserwerb daher unterhaltsrechtlich relevant sein. Nicht zuletzt im Hinblick auf Ihre Firma sollten Sie in Erwägung ziehen, im Falle einer Heirat mit Ihrer zukünftigen Ehefrau einen Ehevertrag abzuschließen. Im Übrigen ist der Zugewinn lediglich ein Betrag, der sich aus dem Vergleich des zu Beginn des Güterstandes vorhandenen Vermögens mit demjenigen bei Beendigung des Güterstandes ergibt. Er ist jedoch keine rechtlich selbständige Vermögensmasse, so dass er bei bestehender Ehe auf die Unterhaltsberechnung zunächst keinen Einfluss hat.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger