Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ich kann Sie beruhigen. Nur weil Ihr (Noch)Ehemann ein höheres Einkommen bezieht, wird ihm nicht automatisch das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen. Dieses nach Ihrer Schilderung selbst dann nicht, wenn er es mit seinem Rechtsbeistand offensiv gerichtlich geltend macht.
Beachten Sie bitte vorab in jedem Fall, dass die Übertragung und Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes von dem derzeit in den Medien diskutierten Sorgerechtsanspruch des Kindesvaters zu trennen ist. Derjenige, der die (gemeinsame) elterliche Sorge für ein Kind ausübt, hat nicht automatisch Anspruch auf den Aufenthalt des Kindes bei ihm.
Vielmehr entscheidet einzig und allein das Kindeswohl. Der Familienrichter wird sich bildlich gesprochen in die Lage des Kindes versetzen und danach entscheiden, welcher der Eltern für das Wohlergehen des Kindes am Besten in Betracht kommt. Auch das Kind selbst wird - je nach Alter - in die Entscheidung mit einbezogen.
Das Kindeswohl wird nicht allein dadurch gefördert, dass die finanziellen Mittel ausreichend zur Verfügung gestellt werden können. Auch mittellose Eltern haben mit Hilfe sozialer Leistungen die Befähigung, für das Wohlergehen des Kindes zu sorgen. Viel wichtiger ist die emotionale Bindung/Fixierung des Kindes zum entsprechenden Elternteil, die Frage, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt gebildet hat, die Erziehungsfähigkeit des jeweiligen Elternteils und u.a. auch, wer aus Sicht des zuständigen Jugendamtes für die Erziehung und Versorgung des Kindes besser geeignet ist.
In Ihrem Fall spricht alles für Sie als Mutter. Das Kind lebt schon seit der Trennung und über Jahre hinweg in Ihrem Haushalt. Der Kindesvater hat sich nur sporadisch um sein Kind gekümmert und wohnt zudem im Ausland. Hinzu kommt die ehemals einvernehmliche Einigung über den Aufenthalt des Kindes bei Ihnen.
Das zuständige Gericht würde das Kind nur dann dem Vater zusprechen, wenn in Ihrer Person schwerwiegende Probleme mit der Versorgung und der Erziehung Ihres Kindes zutage treten, etwa Gewalttätigkeiten, Verwahrlosung, oder Drogensucht etc. Davon gehe ich hier einfach einmal nicht aus.
Der Kindesvater wird sich mit seinem Umgangsrecht begnügen müssen, welches er jedoch in jedem Fall erfolgreich geltend machen kann.
Ich hoffe Ihnen weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit besten Grüßen
Wundke
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 20.08.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Die einvernehmliche Einigung darüber das unser Junge bei mir wohnt ist jedoch "mündlich" erfolgt.
Wir haben das weder vom Jugendamt noch vor dem Gericht irgendwie "beglaubigen" lassen.
Natürlich erhält unser Sohn Unterhalt, Kindergeld und unser Sohn ist bei mir gemeldet. Insofern ist es ja auch "rechtsgültig" oder?
Muss man das "beglaubigen" lassen von einer staatlichen Instanz?
Selbstverständlich sind schriftlich fixierte Vereinbarungen schon deswegen sicherer, weil damit der Beweis geführt werden kann, dass es die Vereinbarung überhaupt gab.
Im Ergebnis kommt es darauf jedoch nicht an. Das Ihr Kind im Einvernehmen mit dem Kindesvater in Ihrem Haushalt verblieben ist, ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass der Kindesvater seit der Trennung nichts unternommen hat, um das Kind zu sich zu holen.
Beachte Sie bitte, dass auch eine schriftliche Vereinbarung oder gar eine gerichtliche Zuweisung des Aufenthaltbestimmungsrechtes niemals unabänderlich ist, sondern jederzeit durch Einleitung eines neuen Sorgerechtsverfahrens überprüft und ggf. abgeändert werden kann. So können sich im Laufe der Zeit Veränderungen in der Person des berechtigten Elternteils ergeben, die dazu führen, dass es dem Wohl des Kindes entspricht, zum anderen Elternteil zu wechseln.
Solange kein Streit über den Aufenthalt des Kindes besteht, bedarf es weder eines Vertrages, noch der "Beglaubigung" durch eine staatliche Stelle. Das Familiengericht ist immer erst dann anzurufen, wenn von vornherein Uneinigkeit besteht oder eine einmal getroffenen Regelung - ob mündlich oder schriftlich oder durch ein vorhergehendes gerichtliches Sorgerechtsverfahren - abgeändert werden soll. Denn dann, wenn die Eltern sich über dan Aufenthalt des Kindes nicht außergerichtlich oder über das Jugendamt einigen können, kann nur das Familiengericht bestimmen, wo das Kind am Besten aufgehoben ist.
Nach den bisher von Ihnen mitgeteilten Informationen sehe ich keine Grundlage dafür, warum Ihr Kind nunmehr dem Vater zugesprochen werden sollte.