Sehr geehrte Fragestellerin, geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich - die Richtigkeit Ihrer Angaben vorausgesetzt - anhand der von Ihnen gemachten Angaben gerne wie folgt summarisch beantworten möchte:
Lediglich des besseren Verständnisses der rechtlichen Situation willen erlaube ich mir, kurz auf die im hiesigen Fall entscheidende Rechtsnorm hinzuweisen:
Nach § 30 Abs. 1 BauGB
ist im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ein Vorhaben nur dann zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
Es geht also darum, ob die Erschließung Ihres neuen Bauvorhabens (auf Grundstück C1) ausreichend gesichert ist. Dies scheint offensichtlich nicht der Fall zu sein, da eine Verlegung, Unterhaltung und Erneuerung der Ver- und Entsorgungsleitungen nur über fremde Grundstücke möglich ist. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich ohne Einsichtnahme in die Bauakten zunächst einmal davon ausgehe, dass die Behörde mit der Ansicht, Ihr zu bebauendes Grundstück sei nicht ausreichend erschlossen, recht hat und diese Ansicht als wahr unterstelle. Eine andere Beurteilung kann ich erst nach Einsicht in die Bauakten treffen.
Somit kann eine Erschließung Ihres Grundstücks durch die Übernahme einer Baulast der Eigentümer des Nachbargrundstückes gesichert werden. Eine Baulast wird definiert als die durch den Grundstückseigentümer gegenüber der Baubehörde erklärte öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu einem sein Grundstück betreffendes Tun, Dulden oder Unterlassen, soweit sich diese Verpflichtung nicht bereits aus geltenden Rechtsvorschriften ergibt. Per definitionem muss der Nachbar die Baulast daher freiwillig übernehmen und kann durch die Stadt auch nicht gezwungen werden. Wenn die Erschließung des zu bebauenden Grundstücks nicht gesichert ist, können Sie sich meines Erachtens auch auf die Erschließung des bereits bebauten Grundstücks nicht berufen. Bestandsschutz kann dabei rein begrifflich nämlich nur ein Gebäude genießen, das bereits gebaut ist und nicht ein solches, das erst noch gebaut werden muss. Insoweit gibt es auch keinen Bestandsschutz, wenn Sie Ihr bisheriges Gebäude erweitern wollen. In der Praxis erklären sich aber viele Nachbarn gegen Zahlung einer bestimmten Geldsumme zur Übernahme einer Baulast bereit. Es wäre insoweit sicher durchaus lohnenswert, einmal bei den Nachbarn anzufragen, ob sich diese ihre Einwilligung zur Übernahme einer Baulast abkaufen lassen würden.
Die gesicherte Erschließung bezieht sich auf das jeweilige Vorhaben. Es erscheint jedoch fraglich, ob die bereits zugunsten Ihres Wohnhauses eingetragene Baulast ausreicht, um auch für das unbebaute Flurstück eine ausreichende Erschließung zu sichern. Denn auch die bereits bestehende Baulast begründet lediglich eine Verpflichtung des Grundstückseigentümers, eine Fläche zum Befahren mit PKW und zum Begehen, soweit dies zum Erreichen und Verlassen des vorgenannten Grundstückes erforderlich ist, zur Verfügung zu stellen. Eine Verpflichtung, auch das Verlegen von Ver- und Entsorgungsleitungen zuzulassen, wird offensichtlich nicht begründet. Andernfalls wäre durchaus zu prüfen, inwieweit Sie auf Ihr bereits bebautes Grundstück zugunsten des unbebauten Grundstücks eine Baulast eintragen könnten, die dazu führt, dass eine Erschließung des noch unbebauten Grundstücks möglich würde. Dann wäre eine Zusammenlegung der Grundstücke nicht notwendig. Es kommt aber auch hier auf die konkreten Gegebenheiten an, die man aus der Ferne schwer beurteilen kann. Sie sollten die weitere Bearbeitung des Falles daher in die Hände eines versierten Anwaltes legen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Prüfung der Rechtslage eine erste rechtliche Orientierung vermittelt zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung Ihres Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 20.04.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für die kompetente und umfassende Einschätzung, die ich auch entsprechend bewerten werde.
Eine Nachfrage ergibt sich noch hierzu:
Kann der Eigentümer des Weges von uns ein Nutzungsentgelt für die reine Mitnutzung verlangen und wie dürfte sich dies von der Höhe her gestalten?
Der örtliche qm-Preis Bauland (Bodenrichtwert) beträgt rd. 330€, Garten- und Wegefläche rd. 66€.
Vielen Dank.
MfG
Ihr Fragestellender
Sehr geehrte Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte:
Meines Erachtens kann der Eigentümer des Weges ein Nutzungsentgelt von Ihnen verlangen.
Die bereits eingetragene Baulast ist eine rein öffentlich-rechtliche Verpflichtung (also gegenüber der Behörde), die nicht per se auf das privatrechtliche Verhältnis zu Ihnen „durchschlägt“. Wie Sie selbst schreiben, besteht eine Grunddienstbarkeit ja gerade nicht.
Die Höhe des Nutzungsentgeltes für den Weg ist letztlich Verhandlungssache, einen Wert kann ich Ihnen da nicht nennen. Es wäre jedoch durchaus zu überlegen, dem Nachbarn seine Zustimmung zur Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit (z.B. Wege- oder Leitungsrecht) abzukaufen. Dann hätten Sie auch für die Zukunft entsprechende Planungssicherheit.
Es wäre durchaus noch zu überprüfen, inwieweit Ihnen ein Notleitungs-/Notwegerecht über den Weg des Nachbarn zustünde (vgl. § 917 BGB
). Auch hier ist eine Geldrente zu zahlen. Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist jedoch so umfangreich, dass im Rahmen dieser Nachfragefunktion nicht weiter darauf eingegangen werden kann. Hier wird Ihnen nur eine detaillierte Beratung bei einem Anwalt vor Ort helfen. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung, die diese Angelegenheit für Sie zu haben scheint, halte ich eine Investition in eine umfassende anwaltliche Beratung allerdings für lohnenswert.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen