Sehr geehrter Fragesteller,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform nur dazu dienen soll, Ihnen einen ersten Eindruck der Rechtslage zu vermitteln. Die Leistungen im Rahmen einer persönlichen anwaltlichen Beratung/Vertretung können und sollen an dieser Stelle nicht ersetzt werden.
Auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen zusammenfassend wie folgt beantworten:
Aufgrund Ihrer Angaben gehe ich davon aus, dass der zwischen Ihnen und Ihrem Provider geschlossene Vertrag eine Mindestvertragslaufzeit beinhaltet. In der Regel beträgt diese 12 Monate.
Ob und wie ein solcher Vertrag kündbar ist, ergibt sich vorrangig aus den vertraglichen Vereinbarungen. Verträge mit vereinbarten Mindestlaufzeiten enthalten in der Regel kein ordentliches Kündigungsrecht. Sie können daher lediglich außerordentlich aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Das außerordentliche Kündigungsrecht bestimmt sich nach den gesetzlichen Regelungen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt es sich bei dem Access-Provider-Vertrag um einen Dienstvertrag im Sinne von § 611 BGB (BGH Urteil vom 23.03.2005, Aktenzeichen III ZR 338/04).
Ein Dienstvertrag kann nach § 626 Absatz 1 BGB aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer Ihnen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Ein wichtiger Grund liegt unter anderem auch dann vor, wenn Ihr Provider die von ihm geschuldeten Dienstverpflichtungen schlecht erfüllt. Es kommt somit darauf an, was welche Leistungen Ihnen der Provider schuldet.
Diesbezüglich ist wiederum primär auf den zwischen Ihnen geschlossenen Vertrag abzustellen.
Ihren Angaben zufolge haben Sie einen „Highspeed Surf and Phone 2000 Komplettanschluss“ bestellt. Die enthaltene 2000 steht dabei für die zur Verfügung stehende Geschwindigkeit von 2000 kBit/s.
Die Provider verwenden in Ihren Angebotsbeschreibungen in der Regel die Formulierung „bis zu“ X kBit/s. Dies ist mir auch von 1 und 1 so bekannt. 2000 kBit/s ist dabei die maximal zu erreichende Geschwindigkeit.
Zudem ist es technisch meines Erachtens gar nicht möglich, eine konstante Verbindungsgeschwindigkeit sicherzustellen, da diese von einer Vielzahl, vom Provider nicht zu beeinflussenden Faktoren abhängt.
Aufgrund der mir vorliegenden Angaben, ist daher davon auszugehen, dass der Provider eine Internetverbindung schuldet, die bis zu 2000 kBit/s erreichen kann.
Wenn die Ihnen zur Verfügung gestellte Internetverbindung jedoch technisch nur die Hälfte, also 1000 kBit/s erreichen kann, stellt dies eine erhebliche Abweichung von der vertraglichen Vereinbarung dar. Diese Abweichung kann als Schlechterfüllung der dem Provider obliegenden Pflichten gesehen werden, so dass man das Vorliegen eines wichtigen Grundes vertreten kann.
Eine fristlose Kündigung vor Ablauf der Vertragslaufzeit wäre daher meines Erachtens vertretbar, ist aber dennoch – und darauf muss ich Sie hinweisen – mit einem gewissen Risiko verbunden.
Noch kurz zu den anderen von Ihnen angesprochenen Problemen:
- § 305 c BGB hilft Ihnen vorliegend nicht weiter, da es sich bei der in den AGB enthaltenden Bestimmung „bis zu 2000 kBit/s“ nicht um eine überraschende oder mehrdeutige Klausel handelt.
- Eine alternative Beendigungsmöglichkeit wäre die Anfechtung nach § 119 BGB wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft. Die Anfechtung muss jedoch unverzüglich nach Kenntnisnahme erfolgen. Mehrere Wochen sind hier in der Regel schon zu spät.
Ich hoffe Ihnen, mit den vorstehenden Ausführungen eine erste Orientierung gegeben zu haben. Für eventuelle Nachfragen benutzen Sie bitte die Nachfragefunktion. Gern bin ich auch bereit, Ihren Vertrag genau zu prüfen und Sie gegen Ihren Provider zu vertreten. Bei Bedarf kontaktieren sich mich einfach über die Online-Anfrage.
Ich möchte Sie an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass die vorstehende Antwort ausschließlich auf den von Ihnen gemachten Angaben beruht. Das Hinzufügen oder Weglassen von Angaben kann zu einem anderen Ergebnis führen.
Mit freundlichen Grüßen
Kay Fietkau
Rechtsanwalt
Anhang – Gesetzestext
§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.