Sehr geehrter Fragesteller,
eingangs möchte ich festhalten, dass eine abschließende Beurteilung der Rechtslage die Einsichtnahme in den konkreten Dienstleistungsvertrag erfordern kann. Aufgrund Ihrer hier gemachten Angaben gehe ich in der Annahme, dass es sich bei dem gegenständlichen Vertrag um einen Dienstvertrag gem. §§ 611 ff. BGB
handelt.
Gem. § 309 Nr.9a BGB
ist eine Laufzeitverlängerung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, soweit diese den Verlängerungszeitraum um zwei Jahre übersteigt.
Was die Restlaufzeit Ihres bestehenden Vertrages anbelangt, so sind mir die entsprechenden Kündigungsfristen bisher unbekannt, so dass ich Sie höflich bitten möchte, diese im Rahmen der Nachfragefunktion genau mitzuteilen. Nach jetziger Kenntnis des Sachverhaltes erschließt sich mir noch nicht, weshalb der gekündigte Vertrag auch noch ein weiteres Jahr laufen soll. Diese Beurteilung erfordert eine genaue Kenntnis der Laufzeit und Kündigungsfristen.
Ich hoffe, Ihre Frage bis hierhin verständlich beantwortet zu haben, und verbleibe mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen
mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 27.10.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Özkara,
vielen Dank für Ihre rasche Antwort.
Ich versuche, den Sachverhalt genauer darzustellen.
2004 wurde ein Vertrag über die Anmietung von Heizkostenverteilern über zehn Jahre, ein Mietvertrag der Warmwasserzähler über fünf Jahre und ein Dienstleistungsvertrag über die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten des Mehrfamilienhauses geschlossen.
Die Laufzeit der Gerätemietverträge ist an die Batterielaufzeit der Heizkostenverteiler bzw. die Eichfrist der Warmwasserzähler gekoppelt.
Der Dienstleistungsvertrag kann jährlich gekündigt werden.
Alle Verträge müssen mit einer Frist von drei Monaten zum Abrechnungsstichtag (hier 31.12.) fristgemäß gekündigt werden.
Die Warmwasserzähler wurden 2009 letztmalig im Zuge der Eichregelung ausgetauscht. Hier ließ ich den Mietvertrag bis dato automatisch verlängern.
Gerne möchte ich alle drei Verträge zum 31.12.2014 (Ende des Mietvertrages Heizkostenverteiler und Ende des Mietvertrages Warmwasserzähler) kündigen. Da die Kündigung aber nach dem 30.09. der Gesellschaft ggnü. ausgesprochen wurde, verlangt die Gesellschaft nun folgendes:
- Der Gerätemietvertrag Heizkostenverteiler verlängert sich automatisch um weitere 10 Jahre und die Gesellschaft sei berechtigt, die Geräte im Januar 2015 gegen neue auszutauschen
- Der Gerätemietvertrag Warmwasserzähler verlängert sich automatisch um weitere 5 Jahre und die Gesellschaft sei berechtigt, die Geräte im Zuge eines Eichaustausches im Januar 2015 gegen neue auszutauschen
- Der Abrechnungsvertrag endet mit der Abrechnung des Zeitraums 01.01.15 -31.12.15, da keine fristgerechte Kündigung des Vertrages erfolgte. Ergo: Die Gesellschaft verlangt, die Abrechnung für die Zeiträume 01.01.14 - 31.12.14 sowie 01.01.15-31.12.15 durchzuführen.
Sofern ein Gerätemietvertrag nicht fristgerecht gekündigt wird, verlängert sich dieser laut AGB der Gesellschaft automatisch um die selbe Laufzeit, also weitere 10 Jahre bei den Heizkostenverteilern und weitere 5 Jahre bei den Warmwasserzählern. Eine erneute Unterschrift eines Gerätemietvertrages ist seit dem Vertragsabschluss 2004 nie erfolgt.
Die Berechnung der Gerätemiete erfolgt jährlich, vorschüssig.
Meines Kenntnisstandes nach wird die Zusammenarbeit mit einem Wärmemessdienst als Werkvertrag abgeschlossen und auch rechtlich so behandelt.
Ich hoffe, Sie genauer informieren zu können.
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre weiteren Informationen zum Sachverhalt, der nun etwas komplexer und unter besonderer Beachtung der verschiedenen Vertragsarten zu beurteilen ist sowie nunmehr auch eine andere rechtliche Beurteilung zulässt.
Zunächst ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen drei voneinander unabhängigen Verträgen (Miet-, Dienst- bzw. Werkvertrag) und sog. zusammengesetzten Verträgen, bei denen der Wille zu einem einheitlichen Geschäft bestehen muss und für den sich gegebenenfalls andere rechtliche Konsequenzen ergeben können. Was in Ihrem Fall vorliegt, ist mittels Auslegung gem. §§ 133
, 157 BGB
zu ermitteln, wobei bereits die Niederlage dieser drei Verträge in einer Vertragsurkunde für zusammengesetzte Verträge sprechen kann. Eine diesbezüglich abschließende Beurteilung erfordert die Einsichtnahme in die Verträge.
In Ermangelung eben dieser Einsicht in die jeweiligen Verträge gehe ich bei meinen folgenden Ausführungen allerdings in der Annahme, dass Sie drei voneinander unabhängige Verträge mit dem „Dienstleister" geschlossen haben (wobei dies insbesondere nach Auffassung der Rechtsprechung – wie Sie weiter unten sehen werden – gerade fraglich ist). In diesem Fall dürften die Verträge betreffend die Heizkostenverteiler sowie die Warmwasserzähler einen Mietvertrag darstellen und der Vertrag betreffend die Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten jeweils einen Dienstvertrag – ggfs. auch einen Werkvertrag, was im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 309 Nr. 9b BGB
(an dieser Stelle möchte ich meine vormalige Anführung des „§ 309 Nr. 9a BGB
" korrigieren) auf die AGB des „Dienstleisters" allerdings irrelevant ist. Denn § 309 Nr. 9 BGB
erfasst die „…regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen…".
Nun zu den konkreten Lauf- bzw. Verlängerungszeiten und damit zu Ihrer eigentlichen Frage.
1. Heizkostenverteiler
Im Hinblick auf diesen Mietvertrag greift § 309 Nr. 9b BGB
grundsätzlich nicht, da lediglich Dienst- und Werkverträge erfasst werden. Ob bereits die durch AGB vereinbarte Erstlaufzeit von 10 Jahren zulässig ist, kann hier dahinstehen, da dieser Zeitraum bereits abgelaufen ist und sich Ihre Frage lediglich auf die Verlängerung um weitere 10 Jahre bezieht. Was diese stillschweigende Verlängerung solch langer Mietverträge um weitere 10 Jahre anbelangt, so möchte ich gerne auf das Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2007 (BGH, Urt. v. 19.12.2007, Az. XII ZR 61/05
) verweisen.
Dort ging es ebenfalls um die Problematik der Mietvertragslaufzeit von 10 Jahren für Verbrauchserfassungsgeräte und anschließender Verlängerung um weitere 10 Jahre. Der BGH stellte klar, dass eine durch AGB vereinbarte 10-jährige Laufzeit des Gerätemietvertrages gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam sei. Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Die missbräuchliche Verwendung der Laufzeitklausel ergebe sich aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung der Vertragsparteien. Insbesondere hindere eine derart lange Laufzeit den Verbraucher daran, in absehbarer Zeit zu einem günstigeren Mitbewerber zu wechseln oder auf technische Neuerungen bei anderen Mitbewerbern zurückzugreifen. Folgerichtig sei dann auch die Verlängerungsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, da sie eine automatische Verlängerung des Vertrages bei Nichtkündigung um weitere 10 Jahre vorsehe.
Im Ergebnis ist die in den AGB verwandte Klausel der Vertragsverlängerung um weitere 10 Jahre nach Ansicht des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 2007 unzulässig.
2. Warmwasserzähler
Auch hier greift § 309 Nr. 9b BGB
aus den oben genannten Gründen grundsätzlich nicht. Ob die Verlängerung dieses Mietvertrages um weitere 5 Jahre ebenfalls eine „unangemessene Benachteiligung" im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
darstellt und damit in den AGB unzulässig ist, halte ich – von den anderen beiden Verträgen isoliert betrachtet – für zweifelhaft, was aber durch die Gerichte uneinheitlich beurteilt werden könnte, da die Feststellung einer solchen „unangemessenen Benachteiligung" immer eine Frage des Einzelfalls und damit eine Wertungsfrage ist.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urt. v. 31.03.2005, Vorinstanz zum obigen BGH-Urteil) sei der Mietvertrag über Verbrauchserfassungsgeräte und der formal gesondert abgeschlossene Vertrag über die Erfassung und Abrechnung der jeweiligen Daten sachlich eine Einheit. Wegen des auf der Erfassung und Abrechnung von Daten liegenden Schwerpunktes stelle sich die Aufteilung dieser Einheit in zwei Verträge als Umgehungsgeschäft nach § 306a BGB
dar. Nach dieser Auffassung wäre auf den Mietvertrag betreffend den Warmwasserzähler dann also doch § 309 Nr. 9b BGB
anwendbar und eine Verlängerung lediglich über ein weiteres Jahr zulässig.
Im Ergebnis halte ich mit der aufgeführten Rechtsprechung eine Verlängerung des Warmwasserzählermietvertrages um weitere 5 Jahre eher für bedenklich, wobei ich hier aus anwaltlicher Vorsicht auf ein bestehendes Prozessrisiko hinweisen muss, da nicht gewährleistet werden kann, dass die Gerichte hier einheitlich urteilen.
3. Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten
Da es sich hierbei isoliert betrachtet um einen Dienst- oder jedenfalls Werkvertrag handelt, findet § 309 Nr. 9b BGB
Anwendung und eine Laufzeitverlängerung ist um maximal ein Jahr zulässig. Stichtag für den Zugang der Kündigung zum 31.12.2014 war Ihrer Schilderung zufolge der 30.09.2014, der allerdings versäumt wurde. Somit dürfte dieser Dienst- bzw. Werkvertrag noch bis zum 31.12.2015 laufen.
Bitte sehen Sie mir nach, dass meine hier gemachten Ausführungen im Rahmen dieser Online-Erstberatung lediglich eine grobe Ersteinschätzung der Rechtslage darstellen können. Dies ist allein dem Umstand geschuldet, dass eine genaue Einsichtnahme der jeweiligen Verträge wie eingangs erwähnt möglicherweise auch eine andere Vertragsart und damit eine andere Rechtslage ergeben kann.
Ich hoffe, Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Frage insgesamt weitergeholfen zu haben und verbleibe
mit besten Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt