Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Beratungsanfrage aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes, wie folgt:
Grundsätzlich kann der Erblasser den Vorerben gem. §§ 2136
, 2113 Abs. 1 BGB
von der Beschränkung, nicht über Grundstücke verfügen zu dürfen, befreien. Dies muss in der letztwilligen Verfügung erfolgen, und hat ja offenbar in der letztwilligen Verfügung Ihrer Mutter auch so stattgefunden.
Der Vorerbe kann also über die Immobilie verfügen, ohne dass es der Zustimmung des Nacherben bedarf. Der Nacherbe muss auch nicht über die Verfügung informiert werden. Allerdings hat der Nacherbe gem. § 2121 BGB
einen einmaligen Anspruch auf die Erstellung eines Verzeichnisses der Erbschaftsgegenstände.
Kein Anspruch des Nacherben besteht jedoch auf einen Teil des Verkaufspreises. Einen solchen kann der Nacherbe aktuell noch nicht beanspruchen. Allerdings wird der Kaufpreis, den Sie als Vorerbe für die Immobilie erhalten, zur Erbschaft gehören, § 2111 BGB
. Der Kaufpreis tritt praktisch an die Stelle der Immobilie, sog. Surrogation. Dies kann durch eine Befreiung auch nicht ausgeschlossen werden.
Praktisch bedeutet dies für Sie: Sie können und dürfen sich den Erlös allein auszahlen lassen, müssen aber auf Anforderung den Betrag in einem Nachlassverzeichnis angeben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die doch recht verzwickte Rechtslage einigermaßen näherbringen, und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Müller
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Yvonne Müller
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37308 Heilbad Heiligenstadt
Tel: 03606 506459
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Sehr geehrte Frau Müller,
vielen Dank für Ihre ausführliche Anwort.
Nur noch einmal zum Verständnis:
Folgende Ausführung des Gerichts sollte mir also keine Sorgen bereiten.?
" Der Betrag steht den angegebenen Empfangsberechtigten (Vor- und Nacherben sind aufgeführt) gemeinschaftlich zu. Er ist bei der Hinterlegungsstelle XXX hinterlegt. Die Auszahlung ist nur möglich bei gemeinschaftlichem Empfang (evtl. zu Händen eines von Ihnen gemeinschaftlich zu ernennenden Bevollmächtigten) oder nach gemeinschaftlicher Anweisung oder notfalls, sofern eine gütliche Einigung nicht zu erzielen ist, auf Grund eines im Prozessweg zu erwirkenden Urteils"
Sehr geehrter Fragesteller,
so wie es sich darstellt, geht das Gericht offenbar davon aus, dass eine Erbengemeinschaft aus Vor - und Nacherben besteht, was jedoch rechtlich unzutreffend bewertet ist.
Die Nacherben kommen ja erst dann "zum Zug", wenn der Nacherbfall eintritt, namentlich bei Versterben des/der Vorerben.
Ich würde Ihnen empfehlen, gegenüber dem Gericht eine Stellungnahme abzugeben, und um Klärung bitten, woher diese Rechtsauffassung bezogen wird. Begründen Sie gleichzeitig Ihren Standpunkt. Möglicherweise ist das Gericht tatsächlich von einem falschen Sachverhalt ausgegangen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Müller
Rechtsanwältin