Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Die Erbausschlagung könnten Sie hier durch eine Anfechtung rückgängig machen. Die Anfechtung müssen Sie gegenüber dem Nachlaßgericht erklären innerhalb der Frist des § 1954 BGB
. Bei der Erklärung einer Erbausschlagung handelt es sich um eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, für deren Auslegung es auf den für die Nachlassbeteiligten erkennbaren Sinn der Erklärung ankommt (BayObLG FamRZ 2003, 121
; KG Rpfleger 1996, 456
). Hier würde ein Irrtum Ihrerseits über das Bestehen eines kanadischen Testaments in Betracht kommen, dessen exakten Inhalt Sie allerdings noch nicht kennen und nicht sicher ist, welches der beiden Testamente hier vorgeht und Gültigkeit hat. Wenn ich Sie richtig verstehe, wäre dann bei Rückgängigmachung der Ausschlagung, dass Ziel als leibliche Abkömmlinge einen Pflichtteil zu verlangen, da Erbe A alle Kosten trägt und keine Vermächtnisse bestehen. Der Irrtum muss nach § 119 BGB
subjektiv und , anders als nach § 2078 BGB
, auch objektiv erheblich gewesen sein. Dies ist sicherlich der Fall.Ergibt die Auslegung der Ausschlagungserklärung, dass dem Erben die etwaige Höhe seines erbrechtlichen Erwerbs gleichgültig war, kann er nicht wegen irrtümlich angenommener Überschuldung anfechten (Senat ZEV 2005, 255
; Staudinger-Otte a.a.O. Rdz. 17).
Ein Irrtum über die Größe des Nachlasses berechtigt dagegen grundsätzlich nicht zur Anfechtung (BayObLG NJW-RR 1995, 904
= FamRZ 1996, 59
; Erman/Schlüter Rn 5; Soergel/Stein Rn 5; MünchKomm/Leipold Rn 11 (Staudinger-Otte BGB 2008 § 1954
Rdz. 14). Wer eine Erbschaft für finanziell uninteressant gehalten und daher ausgeschlagen hat, kann dies nicht anfechten, wenn sich später das Vorhandensein eines wertvollen Nachlassgegenstandes herausstellt oder sich ein Nachlassgegenstand als wertvoller erweist, als bei der Ausschlagung angenommen wurde (Staudinger-Otte, a.a.O.; BayObLG NJW-RR 1995, 904
(Ackerland/ Bauland).
2. Hinsichtlich der Anfechtung gilt die Frist des § 1954 BGB
.
§ 1954 BGB
— Anfechtungsfrist
(1) Ist die Annahme oder die Ausschlagung anfechtbar, so kann die Anfechtung nur binnen sechs Wochen erfolgen.
(2) 1Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. 2Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210, 211 entsprechende Anwendung.
Hier müssten
Wenn Sie jetzt über den exakten Inhalt des kanadaischen Testaments Kenntnis erlangt haben, sollte noch geprüft werden, ob das kanadische Testament überhaupt Rechtsgültigkeit hat. Erst dann sollten Sie die Anfechtung erklären.
3. Strafrechtlich wäre dies in jedem Fall Urkundenunterdrückung. Ein zivilrechtlicher Schaden ist Ihnen bis dato noch nicht entstanden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Hermes, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 12.01.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Erbe B und C haben das Erbe bereits ausgeschlagen und sind Pflichtteilsberechtigte. Sie wollen die Ausschlagung rückgängig machen, wegen Vortäuschung falscher Tatsachen bzw. Urkundenunterdrückung. Die Entscheidung das Erbe abzulehnen war aufgrund der Testamentsunterdrückung nicht korrekt. Eine Entscheidung kann erst getroffen werden, wenn alle Testamente vorliegen, die der Entscheidungsfindung dienlich sind.
Erbe A. (bitte lesen), hat Vermächtnisse zu tragen und deshalb das Erbe abgelehnt und das Pflichtteil verlangt.
Erbe A trägt bisher keine Kosten, erst durch Bekanntwerden des kanadischen Testaments, dass er bewußt unterschlagen hat.
Wäre das bekannt gewesen, hätten Erbe B und C das Erbe nicht ausgeschlagen.
Das kanadische Testament hat genauso Gültigkeit wie die deutschen Testamente. Bisher war jedoch der Inhalt des kanadischen Testaments nicht bekannt. Die Testamente sind in Kombination zu sehen bzw. zu deuten.
Wenn Sie die Ausschlagung rückgängig machen und hier das kanadische Testament Vorrang hat, wären Sie auch nicht Erbe, sondern könnten ebenfalls nur den Pflichtteil geltend machen, da A Alleinerbe sein soll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass beide Testamente Gültigkeit haben, entweder gilt das deutsche Testament oder das kanadische.
Hier erhöht sich meines Erachtens aber der Pflichtteil bzw. Höhe des Nachlasses, wenn das kanadische Testament Vorrang vor dem deutschen Testament hat, da A danach alle Kosten etc. zu tragen hat.