Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Frage möchte ich im Rahmen einer Erstberatung anhand des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworten.
Ein Kündigungsrecht besteht nur dann, wenn der DSL-Anbieter vertragliche Pflichten verletzt. In Ihrem Fall wären eindeutig Pflichten verletzt, wenn 1und1 eine bestimmte Bandbreite garantiert hätte. Diese Voraussetzung ist hier aber nicht gegeben, da DSL -wie bei den meisten Anbietern üblich- mit dem Zusatz "bis zu" angeboten wird. Auch werden Sie in den AGB eine Klausel finden, wonach sinngemäß eine bestimmte Bandbreite nicht garantiert werden kann.
Es stellt sich natürlich die Frage, ob diese Klausel der AGB überhaupt rechtmäßig sein kann. Bisher gibt es zu diesem Thema keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Das bedeutet, daß die Frage der Rechtmäßigkeit der Klausel von der jeweiligen Beurteilung des zuständigen Richters abhängt, wobei es hier von Richter zu Richter durchaus verschiedene Meinungen und damit Urteile geben kann (Zitat: "Drei Juristen, vier Meinungen!").
Meines Erachtens ist die Vorgehensweise von 1und1 zu diesem Thema höchst anfechtbar. Es kann nicht sein, daß verschiedene Bandbreiten beworben werden, ohne dem Kunden die technisch Mögliche zu empfehlen. Wenn man z.B. auf der Webseite von 1und1 den Verfügbarkeits-Check macht, dann reicht schon die Eingabe der Vorwahl aus, um vom System die automatische Mitteilung zu erhalten, daß eine 16.000-Bandbreite verfügbar ist. Für meinen Vorwahl-Bereich ist das z.B. absoluter Blödsinn, weil es je nach Ortsteil völlig verschiedene Bandbreiten gibt.
Letztlich kommt es auf die Details an, wie der Vertrag zwischen Ihnen und 1und1 zustande gekommen ist. Sie sollten dies von einem Rechtsanwalt vor Ort prüfen lassen.
Von der Frage, ob 1und1 grundsätzlich überhaupt keine bestimmte Bandbreite gewährleisten muss, ist die Frage zu unterscheiden, ob 1und1 für Schwankungen der Geschwindigkeit haftet. Hier kommt es darauf an, ob die Schwankungen ein behebbares technisches Problem von 1und1 darstellen oder ob es allgemeine Schwankungen im Internet sind. Im ersten Fall liegt meines Erachtens eine Schlechtleistung von 1und1 vor, so daß hiergegen rechtlich vorgegangen werden kann. Im zweiten Fall liegt keine Schlechtleistung vor, da 1und1 hierauf keinen Einfluss hat.
In Ihrem Fall spricht viel dafür, daß eine Schlechtleistung von 1und1 vorliegt. Denn offensichtlich ist Ihr Anschluss technisch dazu in der Lage, mindestens 11.500 k/bit zu erreichen. Wenn derzeit im Schnitt nur 4.000 erreicht werden, so ist ein technisches Problem wahrscheinlich. Im Ernstfall eines Prozesses wird dies aber nur ein Sachverständiger abschliessend beurteilen können.
Sie sollten daher in jedem Fall 1und1 eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels setzen und damit drohen, daß Sie nach Fristablauf den Vertrag kündigen.
Wenn 1und1 dann das Vorliegen eines technischen Mangels verneint und die Frist ablaufen lässt, bleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit, zu prozessieren. Spätestens dann sollten Sie einen Rechtsanwalt vor Ort beauftragen.
Die Erfahrung in meiner eigenen Kanzlei hat gezeigt, daß Anwaltsschreiben bei 1und1 durchaus ernst genommen werden. Meistens einigt man sich dann und vermeidet somit einen Prozess. Das könnte auch erklären, warum es bisher zu diesem Thema noch keine veröffentlichte Rechtsprechung gibt: Die Anbieter wissen selbst, daß ihr Vorgehen höchst bedenklich ist und wollen dementsprechend eine negative Rechtsprechung vermeiden!
Seien Sie also hartnäckig! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Steinfelder
Rechtsanwalt