Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB - 2. Buch haben die Partner eines Antragstellers, deren Einkommen oder Vermögen bei der Entscheidung über die Leistungsgewährung zu berücksichtigen ist, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist.
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB - 2. Buch erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB - 2. Buch gehören zur Bedarfsgemeinschaft als Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten der nicht dauern getrennt lebende Lebebnspartner, sowie nach Nr. 3 c eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Nach § 7 Abs. 3 a Nrn. 1 und 2 SGB - 2. Buch wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner
1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,(...).
Nach § 9 Abs. 1 SGB - 2. Buch ist hilfsbedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB - 2. Buch). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB - 2. Buch).
Aus den vorgenannten Vorschriften ergibt sich, dass Sie zur Auskunft verpflichtet sind. Wenn Sie keine Auskunft erteilen, kann die Agentur für Arbeit gegen Sie im Wege des Verwaltungszwanges vorgehen, oder an Ihre Lebensgefährtin gezahlte Leistungen als Schadenersatz von Ihnen zurückfordern (§ 62 Nr. 2 SGB - 2. Buch).
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller
09.04.2014 | 18:30
Vielen Dank für die schnelle Reaktion, sowie umfassende Antwort!
Gilt dies auch für den angeforderten Lebenslauf?
Es erscheint mir fragwürdig, dass dieser für die Agentur für Arbeit relevant sein soll? Die Offenlegung meiner letzten Einkommensnachweise erachte ich für die Berechnung als sinnvoll, nicht jedoch die Offenlegung meines Lebenslaufes!
Vielen Dank im Vorraus,
mit freundlichen Grüßen,
Belkin
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
09.04.2014 | 19:41
'Tschuldigung,
die Frage nach dem Lebenslauf hatte ich übersehen.
Ein Anspruch des Leistungsträgers auf Auskunfterteilung besteht nur hinsichtlich solcher Tatsachen, die für Einkommen und Vermögen relevant sind.
Im Hinblick auf § 7 Abs. 3a SGB II
(s.o.) könnte ein Interesse nach einer Auskunft bestehen, wie lange Sie schon mit Ihrer Partnerin zusammenleben, und ob es ein gemeinsames Kind gibt.
Ich nehme an, die Agentur für Arbeit will durch die Frage nach dem Lebenslauf herausfinden, ob Sie ein - gemessen an Ihrer Ausbildung, beruflichen Qualifikationen und Berufserfahrung - angemessenes Einkommen erzielen.
Zum Teil wird unter Juristen die Auffassung vertreten, eine Pflicht zur Vorlage eines Lebenslaufs des Partners ergebe sich aus § 10 Abs. 1 SGB II
, wonach eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person jede zumutbare Arbeit annehmen muss.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II
müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen.
Nach § 2 Abs. 2 SGB II
haben erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen.
Es wird die Auffassung vertreten, hieraus leite sich die Berechtigung der Agentur für Arbeit ab, auch vom Lebenspartner die Vorlage eines Lebenslaufs zu verlangen, um prüfen zu können, ob die Vorausetzungen des § 2 SGB II
erfüllt werden.
Andere Juristen vwertreten hingegen die Auffassung, dass es keine Rechtsgrundlage für die Forderung nach Vorlage eines Zeugnisses durch den Partner im SGB II gint, und dieses daher auch nicht vorgelegt werden muss. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II
ist nur das tatsächliche Einkommen des Partners zu berücksichtigen, nicht jedoch ein fiktiv erzielbares Einkonmmen.
Diese Rechtsfrage ist bisher gerichtlich nicht geklärt. Ich kann Ihnen deshalb nicht guten Gewissens empfehlen, die Vorlage des Lebenslaufs zu verweigern. Dies könnte zur Verweigerung von Leistungen gegenüber Ihrer Lebensgefährtin führen, und es ist nicht abschätzbar, wie ein vor Gericht geführter Rechtsstreit am Ende ausgehen würde.
Mit freundlichen Grüßen,
Carsten Neumann
Rechtsanwalt