Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Fragen möchte ich Ihnen auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworten:
Unterhaltsrechtlich gilt zunächst, dass nur der Vater und die Mutter, nicht aber Sie unterhaltspflichtig sind. Da die erwachsene Tochter nicht mehr eine allgemeine Schulausbildung macht und über 20 Jahre alt ist, tritt sie im Rang hinter die minderjährigen Kinder (und im übrigen auch hinter Sie, falls Ihr Einkommen nicht für Ihren eigenen Bedarf ausreichen sollte) zurück.
Von der Unterhaltsberechnung ist grundsätzlich die Frage zu trennen, ob es sich bei der gewählten Ausbildung um eine angemessene und damit förderungswürdige handelt. Die Gerichte sind hier häufig eher großzügig, zumal Sie selber schildern, dass vergleichbare günstigere Ausbildungsgänge Ihrer Stieftochter versperrt sind. Wenn ein Verweis auf eine ähnliche, aber günstigere Alternative nicht möglich ist und zu erwarten ist, dass Ihre Stieftochter die gewählte Ausbildung erfolgreich absolviert, dürfte der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach bestehen.
Eine präzise Unterhaltsberechnung kann im Rahmen der Erstberatung nicht erfolgen, zumal auch nicht alle erheblichen Daten vorliegen.
Der Bedarf Ihrer Stieftochter läge, wenn sie auszieht, bei 670 € monatlich zuzüglich Schulgeld. Das wäre ein Gesamtbetrag von 1370 €, auf den das Kindergeld mit 184 € anzurechnen wäre. Der ungedeckte Bedarf läge also bei 1186 €.
Diesen müssen sich die Eltern im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit teilen. Wenn ein Elternteil nicht leistungsfähig ist, muss der andere den Unterhalt allein bestreiten, allerdings unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verbindlichkeiten. Wenn Ihr Mann hierzu wirtschaftlich nicht in der Lage ist, geht die Tochter mit einem Teil ihres ungedeckten Bedarfs "leer aus".
Ihrem Mann steht ein Selbstbehalt von 1200 € zu, darüber hinaus muss vorrangig der Unterhalt der minderjährigen Kinder gedeckt sein. Auch die Schulden und die Nachhilfekosten des jüngeren Kindes dürften abzugsfähig sein. Sollten Sie weniger als 960 € monatlich verdienen, wäre auch Ihr ungedeckter Bedarf vorrangig zu erfüllen.
Je nach Höhe der monatlichen Schulden besteht die Möglichkeit, dass Ihr Mann nicht ausreichend leistungsfähig ist, um den offenen Bedarf zu decken. Sein Selbstbehalt (nach Abzug der Schulden und der vorrangigen Unterhaltspflichten) muss ihm verbleiben.
Eine überschlägige Berechnung ergibt, dass aufgrund der vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen durchaus ein BAföG-Anspruch Ihrer Stieftochter bestehen könnte. Ob die Ausbildung grundsätzlich förderungsfähig ist und wie es sich mit dem Schulgeld verhält, sollte Ihre Stieftochter ggf. erfragen.
Wenn dann absehbar ist, in welcher Höhe Ihre Stieftochter staatliche Förderung erhalten kann, sollten Sie anhand sämtlicher Einkommensunterlagen den Unterhaltsanspruch, den die Tochter gegen den Vater hat, von einem ortsansässigen im Familienrecht erfahrenen Anwalt errechnen lassen.
Soweit dann die Summe aus BAFöG und Unterhalt nicht ausreicht, muss Ihre Stieftochter entweder einen Teil ihres Bedarfs durch einen Nebenjob decken oder sich für eine andere Ausbildung entscheiden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Holzapfel
-Rechtsanwältin-
-Fachanwältin für Familienrecht-